# taz.de -- Arte-Thema „Weltuntergang“: Wär schon gut, wenn die Welt bliebe
       
       > Arte zeigt „99 Gründe, warum die Welt nicht untergehen darf“. Es ist ein
       > fröhlicher internationaler Menschen-Tiere-Sensationen-Mix.
       
 (IMG) Bild: Wenn das kein gutes Argument gegen den Weltuntergang ist...
       
       „Auf gar keinen Fall darf die Welt untergehen! Sonst würde ich nachher noch
       dafür verantwortlich gemacht werden“, sagt Regisseur Roland Emmerich, der
       den für heute vorausgesagten Untergang schon einige Male auf der
       Großleinwand mit Geld aus Hollywood nachgespielt hat. Er nennt damit den
       ersten von 99 Gründen, den die FilmemacherInnen und Kameraleute Lilly Engel
       und Philipp Fleischmann für ein globales Dokumentaressay zusammengestellt
       haben.
       
       In diesem gehen sie die höchstwahrscheinlich von einem Kreativen einer
       prähistorischen Maya-Werbeagentur allein für die spätere mediale
       Ausschlachtung erfundene Weissagung so an, wie man es tun sollte: weder
       didaktisch à la „Wir dürfen mit der Welt nicht umgehen, als ob wir noch
       eine zweite im Kofferraum hätten“, noch allzu spirituell.
       
       Bevor die Popen und PopenfreundInnen dieser Welt nämlich ihre paar Sekunden
       bekommen und von „Aufgabe haben“ und „besondere Schöpfung“ reden, gibt es
       einen fröhlichen, internationalen Menschen-Tiere-Sensationen-Mix aus
       Bildern von ErdbewohnerInnen aller Gattungen, gemischt mit meist
       persönlichen und, dem Thema entsprechend, rührenden Aussagen: Ein
       Sehbehinderter möchte nicht auf das Lachen seiner Frau verzichten; ein
       süßes kleines Mädchen nicht auf seine süße kleine Schwester; ein verliebter
       Senior will unbedingt noch den Hundertsten seiner Frau feiern.
       
       Das sind in der Tat gute Gründe, die Offenheit der FilmemacherInnen hält
       jede Wertigkeit fern, und bündelt allein thematisch: Die Sozialarbeiterin,
       die Kindern von Prostituierten in Brasilien eine Chance geben will; die
       ehemalige drogenabhängige Mutter, die einfach sauer wäre, weil sie doch
       schon so viel geschafft hat in ihrem Leben. Wenn es um die Zukunft geht,
       neigen anscheinend alle zum Privaten und Emotionalen. Niemand würde
       zugeben, dass man sich eigentlich nur ärgert, weil man auf der
       untergegangenen Welt nicht mehr shoppen, saufen oder Macht anhäufen könnte.
       
       ## Ein großangelegter Werbeclip
       
       Aber was soll man unter einer solchen Prämisse auch sonst sagen. Dass sich
       der Film streckenweise wie ein großangelegter Werbeclip schaut, tut dem
       Vergnügen keinen Abbruch: Es sind die gleichen emotionalen Strippen, die
       schlaue Werber ziehen, wenn sie Louis Armstrong mit „What a wonderful
       world“ für Opel Reklame machen lassen. Und Bilder wie die des barfüßigen
       Jungen, der wortlos einen Holzverschlag öffnet, um mit offensichtlichem
       Stolz einen Vogel zu zeigen, könnte man kitschig nennen.
       
       Aber wenn kurz danach Fraktus meinen, die Welt dürfe erst untergehen, wenn
       alle Baustellen in Berlin fertiggestellt sind, lässt sich der Kitsch
       schnell wieder abschütteln: Vielleicht bedeutet das gar, dass sie nie
       untergehen wird. Der Musiker Pete York hat jedoch den besten aller Gründe
       parat: Es wäre doch wirklich schlimm, wenn die von der Menschheit vor
       Jahrzehnten per Raumsonde angeschriebenen Außerirdischen endlich kommen und
       nichts und niemand da ist, um sie zu begrüßen.
       
       Der esoterischste Moment wird im gewandt gefilmten und geschnittenen Film
       zudem elegant umschifft: Es ist ein junger Franzose, der „mit den Bäumen
       spricht“, wie sein Vater nüchtern konstatiert. Das Kind will von einem
       anscheinend befreundeten Baum wissen, ob die Weissagung stimmt, hält zwei
       selbstgemachte Esoklöppel aus Holz und Draht in Richtung Stamm, und als die
       Drähte sich wie von selbst überkreuzen, dolmetscht es ein klares „Nö“. So
       einfach ist das. Man muss nur wissen, wen man fragt.
       
       ## 21.12.2012, 22.30 Uhr, Arte: „99 Gründe, warum die Welt nicht untergehen
       darf“
       
       20 Dec 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jenni Zylka
       
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