# taz.de -- Bröckelnder Bahnhof Friedrichstraße: Auf die Decke ist kein Verlass
       
       > Nach dem Absturz eines Betonstücks lässt die Bahn derzeit die ganze Decke
       > überprüfen. An Silvester wird der Bahnhof weitgehend geschlossen.
       
 (IMG) Bild: Hier kam der Klotz runter: Sicherheitsgerüste im Bahnhof Friedrichstraße.
       
       Der Absturz eines Betonbrockens aus der Decke im Bahnhof Friedrichstraße
       war kein unglücklicher Zufall, sondern erste Folge grundlegender Mängel am
       Gebäude. Bei der Sanierung des Bahnhofs in den 90er Jahren sei an den
       damals schon über 70 Jahre alten Stahlträgern Beton verbaut worden, wie die
       Bahn mitteilte. Das habe der Konstruktion die Flexibilität genommen, die
       für den Ausgleich von Temperaturschwankungen oder Erschütterungen notwendig
       sei.
       
       Unter Gleis 4 hatte sich am 13. Dezember ein 20 Kilogramm schwerer
       Betonbrocken gelöst und war durch die Deckenverkleidung in die
       Einkaufspassage gestürzt. Verletzt wurde dabei glücklicherweise niemand.
       
       Wie es zu den Mängeln kommen und warum der Bahnhof damit überhaupt
       abgenommen konnte, könne sich auch die Bahn nicht erklären, sagte ihr
       Sprecher Holger Auferkamp. Das werde gegenwärtig untersucht. Gerüchte über
       verrostete Stahlträger in der Bahnhofskonstruktion wies er zurück. "Ich
       vertraue hier unseren Gutachtern", so der Bahnsprecher.
       
       Diese Gutachter überprüfen derzeit den baulichen Zustand der
       Deckenkonstruktion. Dafür ist die Bahnhofshalle großflächig mit Gerüsten
       verstellt, von denen aus die Verkleidung geöffnet und die dahinter liegende
       Decke untersucht wird. Zudem dienen die Gerüste als Schutz vor weiteren
       Deckenabstürzen, die die Bahn nicht ausschließen kann. Auch die Geschäfte
       im Bahnhof sollen mit Gerüsten gesichert werden; wer dies nicht wolle,
       müsse aus Sicherheitsgründen seinen Laden schließen, teilte die Bahn mit.
       Die Überprüfung werde noch bis in den Januar andauern, so der Sprecher.
       
       Wie die Deutsche Bahn am Freitag Nachmittag mitteilte, wird der Bahnhof
       aufgrund der Gerüstarbeiten an Silvester weitgehend geschlossen. Ab 15 Uhr
       müssten alle Geschäfte schließen. Ab 16 werde auch die gesamte Haupthalle
       gesperrt, Regionalzüge fahren ohne Halt durch. Die S-Bahn sei von den
       Sperrungen nicht betroffen. Der Bahnhof Friedrichstraße sei der Schwerpunkt
       der An- und Abreise zur Silversterparty am Brandenburger Tor, zu der über
       eine Million Besucher erwartet würden. Da sich das Platzangebot im Bahnhof
       durch die Gerüste deutlich verringert habe, soll durch die Schließung einer
       Überfüllung vorgebeugt werden, so die Bahn.
       
       Für eine generelle Sperrung des Bahnhofs sieht der Bahn-Sprecher allerdings
       keinen Grund, die Fahrgäste müssten auch nicht mit besonders vielen
       Verspätungen rechnen. Auferkamp konnte auch ausschließen, dass ein
       ähnlicher Mangel an einem anderen Berliner Bahnhof auftreten werde. Der
       Bahnhof Friedrichstraße sei eine einzigartige Konstruktion, eine Art
       ummauerte Brücke. Diese entstand während des Umbaus in den 20er Jahren,
       während die anderen Bahnhöfe an der Stadtbahnstrecke auf gemauerten Bögen
       errichtet sind.
       
       Bisher durften Zugführer nach dem Absturz nur mit maximal Tempo 20 in den
       Bahnhof einfahren. Ab dem Wochenende gelte aber wieder normales Tempo, so
       Auferkamp.
       
       Obwohl auch weiterhin jederzeit kiloschwere Brocken von der Decke stürzen
       könnten, herrscht im Bahnhof mittlerweile wieder erstaunliche Normalität.
       Seit anfangs umgeleitete Bahnlinien wieder planmäßig verkehren, fehlt auch
       der Anblick genervt wartender Menschenmengen. Die zwei Regionalbahnsteige
       wirken vielmehr ungewohnt unbelebt. Züge haben, wenn überhaupt,
       Verspätungen von fünf bis zehn Minuten. Bauarbeiter stellen sogar ihre
       Leitern direkt vor die Zugänge zu den Rolltreppen. Auch die
       Flatterband-Absperrungen in der Bahnhofshalle scheinen niemanden zu
       interessieren, genauso wenig wie die raumnehmenden Gerüste. Zur Entspannung
       trägt vielleicht auch bei, dass die Bahnhofshalle zum ersten Mal seit
       Jahren nicht mit Weihnachtsmarktbuden verstellt ist.
       
       21 Dec 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jörn Wegner
       
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