# taz.de -- Die Wahrheit: Im Visier des Blitzomaten
       
       > Das ist ja nichts Neues: Kaum steht man unter der Dusche, klingelt’s an
       > der Tür.
       
       Das ist ja nichts Neues: Kaum steht man unter der Dusche, klingelt’s an der
       Tür, und man weiß: Eilt man, eingeschäumt bis hinter die Ohren, hinaus in
       den Flur, steht draußen garantiert der Gerichtsvollzieher; lässt man’s
       hingegen bleiben, dann war es die gute Fee, die einem endlich, endlich drei
       Wünsche erfüllen wollte. Noch nie allerdings hatte ich es erlebt, dass auf
       das Klingeln sofort ein ungeheures Krachen und Trampeln folgte, aus dem ich
       schlussfolgern musste, dass soeben ein Überfallkommando die Wohnung
       gestürmt hatte.
       
       Immerhin schien meine Verhaftung nicht das oberste Ziel der Eindringlinge
       zu sein. Ich wartete darauf, dass die Badezimmertür aufflöge und man mir
       Handschellen anlegte – doch nichts dergleichen geschah. Mithin warf ich mir
       den Bademantel über und trat hinaus in den Flur.
       
       Draußen wuselten zahllose Männer in eigenartigen Uniformen herum, die mit
       einer Vielzahl von neonfarben leuchtenden Blinkdioden versehen waren.
       Niemand beachtete mich.
       
       „Was geht hier vor?“, fragte ich den Nächstbesten. Der Mann blickte mich
       gleichgültig an, wandte sich dann an den neben ihm stehenden Kollegen: „Wer
       ist denn das?“ – „Der Mieter der Wohnung“, sagte Nummer zwei: „ahnungslos
       und ungefährlich.“ – „Ah“, machte Nummer eins: „Und was will er?“ – „Was
       weiß ich. Zeig ihm deinen Ausweis.“ Vor meinen Augen entfaltete sich ein
       leuchtendes Kärtchen.
       
       Es zeigte das Bild des Mannes und schien aus reiner Energie zu bestehen.
       „Donnerschlag“, staunte ich, während das Kärtchen sich wieder
       zusammenfaltete: „Wie machen Sie das?!“ Keine Antwort. „Hallo?“ Keine
       Antwort. „Hören Sie, ich kenne meine Rechte. Ich will den
       Durchsuchungsbefehl sehen und meinen Anwalt anrufen!“ Nummer eins stöhnte.
       „Mann, der nervt. Was will er denn nun wieder?“ – „Vergiss es, das
       verstehst du nicht“, sagte Nummer zwei: „Das ist dieses Rechtsstaatgedöns –
       ignorier ihn einfach.“
       
       Unterdessen kam ein junger Beamter herbeigelaufen. „Hier, ich hab es“, rief
       er, „aber es hat sich dupliziert!“ Nummer zwei wurde bleich. „Das ist
       unmöglich!“, keuchte er. „Schauen Sie!“, sagte der junge Beamte. Er hielt
       die beiden alten Plastikeierbecher hoch, die ich besitze, und Nummer zwei
       zog zitternd eine speckige alte Karte hervor: Auf ihr war ein
       Planetensystem abgebildet, in dem an dritter Stelle ein Plastikeierbecher
       um eine bläulich schimmernde Sonne kreiste.
       
       „Shit!“, fluchte Nummer zwei: „Aber egal, wir nehmen beide Objekte zur
       Untersuchung mit.“ Dann rief er: „Abmarsch, Freunde, zackzack!“, während
       Nummer eins mir eine Art Taschenlampe vors Gesicht hielt. Er drückte
       mehrfach auf einen Knopf, doch nichts passierte. „Das Mistding funktioniert
       wieder nicht!“, schimpfte er.
       
       „Sei’s drum“, sagte Nummer zwei, „dem Burschen wird sowieso kein Mensch die
       Geschichte glauben“, und dann verschwanden auch sie, so dass ich – nicht
       ohne vorher die Klingel abzustellen – etwas ratlos wieder unter die Dusche
       steigen und mir den restlichen Schaum hinter den Ohren wegspülen konnte.
       
       16 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Joachim Schulz
       
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