# taz.de -- Mali-Konflikt erreicht Algerien: Vorhersehbare Ausweitung
       
       > Nach dem Überfall auf ein Gasfeld greift die algerische Luftwaffe ein.
       > Bei der Befreiungsaktion sterben offenbar Geiseln und Islamisten.
       
 (IMG) Bild: Das Gasfeld bei In Amenas in der algerischen Wüste.
       
       TRIPOLIS taz | Nach Angaben der mauretanischen Presseagentur ANI sind bei
       einem Angriff der algerischen Armee am Donnerstag über 34 Geiseln und 15
       Geiselnehmer auf dem Gelände des BP-Gasfeldes In Amenas ums Leben gekommen.
       
       Nach dem Angriff kündigte ein Sprecher der Miliz „Al Mulathameem“ („Die
       Maskierten“) die Erschießung der restlichen Geiseln an, sollten die
       algerischen Spezialkommandos weiter vorrücken. Die Entführer der westlichen
       Ölspezialisten forderten von der algerischen Armee vor dem Tod eines
       Großteils der Geiseln Garantien, ins benachbarte Libyen ausreisen zu
       können.
       
       „Wir nehmen die Forderungen der Islamisten zur Kenntnis, verhandeln aber
       auf keinen Fall mit ihnen“, erwiderte Algeriens Innenminister Diho Weld
       Qabliyeh mit Nachdruck vor Journalisten in Algier und hielt Wort, als die
       Islamisten mit der Geiselverlegung begannen.
       
       ## Sprengstoffgürtel für die Geiseln
       
       Die al-Qaida nahestehende „Al Mulathameen“ hält seit Mittwoch auf einem
       Erdgasfeld von BP bei In Amenas westliche und algerische Spezialisten fest.
       Die algerische Armee hatte das Gebiet daraufhin weitläufig umstellt. Vor
       dem Angriff der Armee warnten Geiseln per Telefon vor der Entschlossenheit
       der islamistischen Miliz, ihre Drohungen, die Geiseln zu erschießen,
       tatsächlich umzusetzen. Die Eingänge des wichtigen BP-Stützpunkts wurden
       vermint, einige der Entführten mussten Sprengstoffgürtel tragen, um einen
       unmittelbaren Angriff der Armee zu verhindern.
       
       Algerische Zeitungen sprachen ursprünglich von 42 BP-Mitarbeitern in der
       Hand der Entführer, darunter sieben Amerikaner, ein Japaner, zwei
       Engländer, 13 Norweger und ein Ire.
       
       Der französische Präsident François Hollande bestätigte mittlerweile, dass
       sich auch Franzosen in der Hand von Moktar Belmoktar befinden, dem Anführer
       von „Al Mulathameen“. Dessen über 100 Kämpfer stammen aus ganz Nordafrika.
       Der Plan der Islamistengruppe, sich mit ihren Geiseln nun ins nur 100
       Kilometer entfernte Libyen abzusetzen, zeigt, wie sehr sich der Krieg in
       Mali auf ganz Nordafrika auswirkt.
       
       ## Vorhersehbares Szenario
       
       Moktar Belmoktar ist ein algerischer Afghanistanveteran und wird von
       französischen Antiterroreinheiten schon seit längerer Zeit gesucht. Quellen
       der libyschen Regierung bestätigten der taz am Donnerstag, dass er während
       und nach der Revolution in Libyen versuchte, dschihadistische Gruppierungen
       in Ostlibyen zu vereinen und mit Waffen zu versorgen.
       
       Ein libyscher Journalist und Extremismusexperte aus Bengasi hatte schon vor
       Monaten vor der Entführung westlicher Staatsbürger in Nordafrika gewarnt.
       „In dem Gebiet nahe In Amenas sind bewaffnete Gruppierungen jeder Couleur
       schon lange sehr aktiv. In Libyen, Algerien, dem Tschad und Niger. Grenzen
       spielen nur für die Armeen, aber nicht für die Milizen eine Rolle. Waffen
       und Drogen werden von Nordmali bis zur ägyptischen Grenze frei gehandelt.“
       
       Dementsprechend groß ist die Sorge in Libyen, dass es aus Rache für den
       Mali-Krieg auch hier zu Entführungen kommen könnte. Aus den
       Tuareg-Siedlungen Gat und Gadhames an der algerischen Grenze waren viele
       islamistische Kämpfer vor einem Jahr zum Kampf nach Nordmali aufgebrochen.
       „Hierhin werden sie sich auch wieder zurückziehen“, sagt Yunis Essa, ein
       Journalist und Tobu aus der Gegend, besorgt.
       
       „Vielleicht jetzt sogar mit Geiseln. Bevor man den Krieg in Mali angefangen
       hat, hätte man sich erst einmal um die soziale Lage der ausgegrenzten
       Tuareg nach dem Fall des Gaddafi-Regimes kümmern sollen. Nur mit den Hilfe
       der Tuarag und Tobu kann man verhindern, dass der Süden Algeriens und
       Libyens zum Rückzugsgebiet der Kämpfer aus Nordmali wird.“
       
       17 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Mirco Keilberth
       
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