# taz.de -- Wolfsburgs neuer Trainer Dieter Hecking: „Wir werden keinen vom Hof jagen“
       
       > Wolfsburgs Trainer Dieter Hecking über seine neue Herausforderung,
       > Erwartungshaltungen, die Anforderungen des Trainerberufs und Pep
       > Guardiola.
       
 (IMG) Bild: „Ich glaube, dass es viel schwieriger ist, aus viel auch viel zu machen“: Dieter Hecking
       
       taz: Herr Hecking, gibt es in der Wolfsburger Arena beim Spiel gegen den
       VfB Stuttgart einen Familienblock Hecking? Frau und Kinder hätten es ja
       nicht so weit, weil ihr Heim nur eine knappe Autostunde in Bad Nenndorf
       entfernt ist. 
       
       Dieter Hecking: Die Familie wird heute nicht komplett anwesend sein, weil
       drei meiner erwachsenen Kinder ihr eigenes Leben führen. Aber sie werden
       mir alle die Daumen drücken – bis auf die Kleinste, und das kann ich ja
       erzählen, die hat mir kürzlich am Frühstückstisch einen kleinen Zettel
       hingelegt mit dem Wortlaut: „Papa, auch wenn das für dich eine große Chance
       ist, bleibe ich FCN-Fan.“ Das liegt wohl daran, dass sie mit ihren elf
       Jahren viele Praktikumsstunden auf der Nürnberger Pressestelle abgeleistet
       hat.
       
       Sie haben mit Nürnberg aus wenig ziemlich viel gemacht. Der VfL Wolfsburg
       hat aus viel zuletzt wenig gemacht. Wie wollen Sie diesen Widerspruch
       aufheben? 
       
       Ich glaube, dass es viel schwieriger ist, aus viel auch viel zu machen.
       Wenn viel eingesetzt wird, soll auch viel herauskommen; da ist die
       Erwartungshaltung gleich eine andere. Dabei wird man schneller kritischer
       beobachtet als bei Klubs mit weniger Möglichkeiten. Für mich ist das keine
       leichte, aber eine interessante Aufgabe.
       
       In der neuen Saison lässt sich Josep Guardiola auf eine noch größere
       Herausforderung ein. Was sagen Sie dazu, dass der FC Bayern solch einen
       Kollegen verpflichtet hat? 
       
       Ich bin sehr gespannt darauf, wenn einer der besten Trainer der Welt hier
       arbeitet. Die Bayern haben einen guten Job gemacht, wenn solch ein Mann
       nicht nach England, sondern nach Deutschland geht. Es wird für uns als
       Kollegen spannend, mal nach München zu schauen, wie dort künftig gearbeitet
       wird. Dieser Farbtupfer tut der Bundesliga enorm gut.
       
       Und die sprachliche Hürden? 
       
       Ich glaube, dass Pep Guardiola die Zeit nun nutzen wird, um Deutsch zu
       lernen. Ich trainiere ja selbst einige Spanisch sprechende Spieler, ich
       glaube es gibt im Fußball immer Möglichkeiten der Kommunikation. Da sehe
       ich eigentlich kein Problem.
       
       Wieviel bei einem Trainer ist heute Überzeugungskraft, Menschenführung,
       Begeisterungsfähigkeit? Es verstärkt sich der Eindruck, dass das taktische
       Rüstzeug durch die vermehrt gut ausgebildeten Spieler sich immer mehr
       ähnelt, aber diese Komponente eines Trainers immer wichtiger wird. 
       
       Das unterstütze ich zum Teil. Schon in der B- oder A-Jugend-Bundesliga sind
       qualifizierte Trainer am Werk, also ist die Vorausbildung besser als vor
       zehn oder 15 Jahren. Die Kommunikation ist sicherlich wichtiger als früher,
       heute will fast jeder mitreden und es auch gleich erklärt bekommen. Die
       Aufgabe des Cheftrainers werden immer vielfältiger und umfassender – ich
       möchte beispielsweise in Wolfsburg zusammen mit Klaus Allofs diesem Verein
       ein Gesicht geben und davon die Öffentlichkeit überzeugen.
       
       Wie gehen sie Ihre neue Aufgabe an? 
       
       Ich betrachte das als schönes Neuland. Ich habe mit Manager Klaus Allofs
       und Co-Trainer Andries Jonker Leute an der Seite, die bei Bremen und Bayern
       erfolgreich gearbeitet haben. Ich wäre doch bescheuert, wenn ich diese
       Erfahrung nicht nutzen würde.
       
       Und wie sehen Sie ihre Mannschaft? Sie steht nur knapp vor dem
       Relegationsplatz. 
       
       Natürlich sind wir sensibilisiert, aber die Mannschaft wirkt lebendig und
       hält zusammen, das habe ich gar nicht so erwartet. Wenn die
       Vorbereitungsspiele zählen würden, hätten wir schon neun Punkte mehr
       (lacht). Ich versuche natürlich für diese Rückrunde auch ein Stück
       Aufbruchsstimmung zu vermitteln, ich kenne aber noch nicht jeden
       Angestellten mit Namen. Am Dienstagmorgen war ich um halb neun in meinem
       Trainerbüro und noch ein bisschen schläfrig, als auf einmal fünf Mann bei
       mir standen und etwas von mir wollten. Da habe ich sie zwar zuerst alle
       wieder rausgeschickt. Anschließend haben wir die Themen, die sie auf dem
       Herzen hatten, dann besprochen.
       
       Haben Sie nicht vor allem viel zu viele Spieler? 
       
       Wir werden keinen vom Hof jagen. Sie haben Verträge bei uns, die erfüllt
       werden, aber es stimmt, es werden heute mehr als 20 Profis beim Anpfiff
       nicht zum Einsatz kommen. Da wird sich der eine oder andere automatisch
       Gedanken machen.
       
       Was sollte sich ein Spieler bei Ihnen besser nicht erlauben? 
       
       Wenn einer nur sich selbst sieht. Fußball ist ein Mannschaftsport, und wir
       brauchen auch Individualisten, aber sie sind nichts ohne die Mannschaft.
       Das habe ich immer so gehandhabt. Ich habe in Aachen mit Erik Meijer oder
       Jan Schlaudraff schon Individualisten gehabt, solche Spieler müssen
       eingebunden werden.
       
       Ihr Star Diego soll angeblich ein Fixgehalt von 8,2 Millionen Euro
       beziehen. Der Spiegel berichtete, Mittelfeldspieler Christian Träsch würde
       noch 2,8 Millionen oder Ersatzspieler Srdjan Lakic 2,6 Millionen im Jahr
       verdienen. Hätten Sie gedacht, dass dank der Unterstützung des
       ortsansässigen Autobauers Gehälter in dieser Größenordnung möglich sind? 
       
       Ich nehme anderes Zahlenwerk als gegeben hin: 19 Punkte oder Tabellenplatz
       15. Man muss sich auch die Kader anderer Mannschaft anschauen, anderswo
       wird auch gutes Geld verdient. Ein Franck Ribéry in München zum Beispiel.
       In Wolfsburg wird das wohl immer wieder ein Thema sein, damit werden wir
       leben müssen.
       
       19 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Frank Hellmann
       
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