# taz.de -- Hochgiftiges Schwermetall: Weniger Quecksilber weltweit
       
       > 140 Staaten vereinbaren ein neues UN-Abkommen. Vorgaben für Emissionen
       > aus Kohlekraftwerken scheitern jedoch am Widerstand Chinas und Indiens.
       
 (IMG) Bild: Schädliches Schürfen: Bis zu 15 Millionen ArbeiterInnen sind den Gefahren des Quecksilbers schutzlos ausgesetzt.
       
       GENF taz | Die Produktion und Verwendung des hochgiftigen Schwermetalls
       Quecksilber soll erstmals weltweit geregelt und deutlich reduziert werden.
       Auf ein entsprechendes Abkommen einigten sich 140 Staaten nach über
       vierjährigen Verhandlungen im Rahmen des UN-Umweltprogramms (Unep) am
       Samstag in Genf.
       
       Die Festlegung verbindlicher Reduktionsziele für die Emissionen von
       Quecksilber bei der Kohleverfeuerung und anderen industriellen Verfahren
       scheiterte am Widerstand Chinas und Indiens. Auch die Finanzierung der
       Umsetzung des Abkommens ist nicht gesichert.
       
       Quecksilber greift beim Menschen das Herz-Kreislauf-System an, die Nieren,
       den Magen-Darm-Trakt, das Immunsystem und die Lungen. Die
       Vergiftungssymptome umfassen Zuckungen, Sehbehinderungen, Kopfschmerzen,
       Gedächtnisverluste und Konzentrationsstörungen. Ständiger Kontakt führt zum
       Tod.
       
       Die neue UNO-Konvention sieht längerfristig die Reduktion von Emissionen
       des flüssigen Schwermetalls in Industrieanlagen vor sowie mittelfristig
       weltweite Verbote von zahlreichen Produkten, die Quecksilber enthalten. Bis
       2020 soll Quecksilber bei der Herstellung von Batterien,
       Einschaltmechanismen, Energiesparlampen, Kosmetika und Seife sowie
       medizinischer Geräte wie Thermometer und Blutdruckmessern verboten sein.
       
       ## Kein Verzicht auf Zahnfüllungen
       
       Ausnahmen wurden beim Einsatz von Quecksilber zur Haltbarmachung von
       Impfstoffen vereinbart. Der Unep-Chemie-Direktor Tim Kasten begründete
       diese Ausnahmen damit, dass diese Impfstoffe sonst in unterentwickelten
       Staaten unerschwinglich würden.
       
       Auch wurde kein bindender Verzicht auf Quecksilber in Amalgam-Füllungen für
       von Karies befallene Zähne vereinbart. Das Abkommen fordert lediglich dazu
       auf, stattdessen künftig verstärkt andere Füllmaterialien zu verwenden.
       Darüber hinaus regelt die Konvention die Lagerung und Behandlung von
       quecksilberhaltigen Abfällen.
       
       Forderungen nach einem obligatorischen Abbau der Quecksilberemissionen bei
       der Energieerzeugung durch Kohleverfeuerung sowie bei der Goldgewinnung in
       Kleinunternehmen konnten nur in abgeschwächter Form durchgesetzt werden.
       Für Kohlekraftwerke sieht die Konvention nur vor, dass die Betreiber neuer
       Anlagen die bestmögliche Technik zur Vermeidung von Quecksilberemissionen
       installieren sollen. Alte Kohlekraftwerke brauchen nicht nachgerüstet zu
       werden. Die Staaten vermieden es, Reduktionsziele zu formulieren. Strengere
       Regelungen hatten vor allem Indien und China verhindert.
       
       Von der Gefährdung durch Quecksilber bei der Goldgewinnung sind vor allem
       Länder des Südens betroffen, in denen infolge des Goldpreisanstiegs
       massenweise kleine Schürfunternehmen entstanden, die Quecksilber einsetzen,
       um das Edelmetall vom Erz zu trennen. Laut Unep sind weltweit bis zu 15
       Millionen ArbeiterInnen in Kleinbergwerken den Gefahren des Quecksilbers
       schutzlos ausgesetzt. Darüber hinaus dringt das Schwermetall im Zuge des
       Goldabbaus in Böden und Gewässer ein.
       
       ## Kaum Unterstützung für arme Länder
       
       Staaten, in denen Quecksilber zum Goldabbau eingesetzt wird, sollen drei
       Jahre nach Inkrafttreten der Konvention nationale Pläne zur Verringerung
       der gefährlichen Substanz vorlegen. Die Konvention macht jedoch nur vage
       Angaben über die Finanzierung der nationalen Pläne. Nur die Schweiz,
       Norwegen und Japan versprachen finanzielle Unterstützung für arme Länder.
       
       Nichregierungsorganisationen übten Kritik. Dass es überhaupt zu einem
       verbindlichen Vertrag kommt, sei zwar zu begrüßen, erklärte Michael Bender
       von der Dachorganisation Zero Mercury Working Group, doch sei „die
       Wirksamkeit eingeschränkt, weil die Kontrolle der Quecksilberemissionen aus
       Hauptquellen wie Kohlekraftwerken zu schwach sind“.
       
       Ab Oktober soll der in Genf ausgehandelte Vertragstext in der japanischen
       Stadt Minamata zur Unterzeichnung durch die 193 UNO-Mitgliedstaaten
       ausgelegt und „Minamata Convention“ genannt werden. Minamata wurde in den
       1950er Jahren weltweit zum Begriff für Gefahren durch Quecksilber, nachdem
       dort Tausende von Menschen aufgrund von Quecksilbervergiftungen durch
       Abwässer eines Chemiewerkes schwere und oft tödliche Schädigungen am
       Zentralen Nervensystem erlitten. Nach der Ratifizierung durch die
       Parlamente von mindestens 50 Ländern tritt die Konvention in Kraft. Das
       wird nach Einschätzung von Diplomaten erst in drei bis vier Jahren der Fall
       sein.
       
       20 Jan 2013
       
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