# taz.de -- Kommentar Wehrpflicht in Österreich: Bigotte Alpenrepublik
       
       > Die Bewohner Österreichs haben die Wehrpflicht gerettet, weil sie die
       > Zivildienstleistenden nicht verlieren wollen. Eine krude und ignorante
       > Entscheidung.
       
 (IMG) Bild: Wenn Österreicher die Wahl zwischen Sicherheit und Experimenten haben, dann …
       
       Karl-Theodor zu Guttenberg tat gut daran, den Wehrdienst in Deutschland
       auszusetzen, ohne die Bevölkerung zu befragen. Große Reformen kommen ja
       meist schlecht an. Ganz besonders in Österreich. Und Plebisziten ist es
       leider eigen, dass die Sachfragen durch demagogische Manipulation
       überlagert werden.
       
       So ist es symptomatisch, dass der Wehrdienst in einem im Grunde
       pazifistischen Land nur dadurch verteidigt werden konnte, dass der damit
       verknüpfte Zivildienst als unentbehrlich betrachtet wird. Zwar votierten
       die Jungen, die es noch unmittelbar angeht, gegen den Zwangsdienst, doch
       wurden sie von den Älteren, denen angedroht wurde, der Rettungswagen würde
       ohne Zivis zu spät kommen, überstimmt.
       
       Das Argument, dass die Wehrpflicht mangels realistischer
       Bedrohungsszenarien längst ihre Daseinsberechtigung eingebüßt hat, verfing
       nicht. Schließlich braucht man Soldaten, um Sandsäcke zu füllen, wenn das
       nächste Hochwasser kommt. In einigen Gemeinden ließen die Bürgermeister
       Rekruten in den Tagen vor der Volksbefragung zum Schneeschaufeln ausrücken.
       
       Dass man jungen Männern in den Kasernen wertvolle Lebenszeit stiehlt,
       wollte ausser den Betroffenen kaum jemand so sehen. Ein bißchen Disziplin,
       so war aus manchem Politikermund zu hören, könne nicht schaden.
       Reformbedarf sieht man nur bei den Leerläufen. Die Zeit, die jetzt mit
       Gewehrputzen, Stiefelputzen oder Bettenbauen aus der Sicht der Jungmänner
       viel zu langsam verrinnt, soll jetzt mit „Sinn“ gefüllt werden. Also mehr
       Marschieren, Exerzieren, im Schlamm robben und im Panzer über die Äcker
       fahren.
       
       Die Konsequenz ist vorhersehbar: jene, die zum Bundesheer gingen, weil sie
       da nur sechs Monate verlieren während der Zivildienst mindestens acht
       Monate dauert, werden sich besser überlegen, ob sie wirklich mehr
       militärischen Drill und Gehorsamsübungen für ihr Leben brauchen.
       Hoffentlich drängt sich mangels Zulauf in ein paar Jahren die Frage nach
       Berufsarmee oder Wehrpflicht wieder auf.
       
       21 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Leonhard
       
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