# taz.de -- GASTKOMMENTAR: Macht den Ausschuss urteilsfähig!
       
       > Der Flughafen-Untersuchungsausschuss braucht eine angemessene
       > Ausstattung, um seinen Auftrag adäquat erfüllen zu können.
       
 (IMG) Bild: „Wir können es ja eigentlich in Deutschland“, findet Bundesbauminister Peter Ramsauer (CSU).
       
       Egal ob beim BER, beim Bankenskandal oder in weiter zurückliegenden
       Episoden wie der Garski-Affäre oder dem Steglitzer Kreisel: Die berüchtigte
       Berliner Mischung aus Größenwahn, politisch-administrativer Inkompetenz und
       einer oft korruptiven Verflechtung von Politik, Banken, Bau- und
       Immobilienwirtschaft führt zu einer fast kompletten Nichtkontrolle
       gesellschaftlich relevanter Infrastrukturprojekte.
       
       Zur Berliner Skandalmischung gehört aber auch eine oft unangemessene
       Aufarbeitung. Frank Zimmermann (SPD), der von 2002 bis 2006 den
       Untersuchungsausschuss zum Bankenskandal leitete, kann ein Lied davon
       singen, wie schwierig es ist, sich in Turnhallen durch Akten zu lesen und
       die Wahrheit in hunderten Anhörungen und Zeugenvernehmungen herauszufinden.
       Und da im Ausschuss kein Konsens über die Interpretation des Bankenskandals
       zu erreichen war, bewies Zimmermann immerhin den Mut, ein für die
       Öffentlichkeit nachvollziehbares, semikritisches Urteil selbst zu
       verkünden. Dieses relativ schmale Ergebnis war nur möglich, weil einige
       Ausschussmitglieder mit ihren Mitarbeitern bis zum Rande der Erschöpfung
       gerackert hatten.
       
       Wenn nicht alles täuscht, wird der Untersuchungsbrocken BER nicht kleiner
       als der des Bankenskandals. Es gehört wenig Scharfsinn dazu, vorherzusagen,
       dass die Spezifika der Berliner Skandalmischung bisher noch gar nicht
       aufgeflogen sind: vor allem die Gefälligkeits- und Korruptionsstrukturen,
       die an der Wachstums- und Jobmaschine BER ihre ökonomischen Interessen
       hatten und haben.
       
       Deshalb haben die Bürgerinnen und Bürger ein Recht darauf, dass der
       BER-Untersuchungsausschuss einer ist, der sieht, hinsieht und kompetent die
       verschlungenen Entscheidungs- und Verantwortungsprozesse entschlüsselt.
       Nach Lage der Dinge ist er dazu derzeit nicht in der Lage. Die personelle
       Infrastruktur ist lächerlich: Zu den Abgeordneten, von denen mit einiger
       Großzügigkeit die Hälfte als wirklich kompetent eingestuft werden können,
       gesellen sich wenige wissenschaftliche Mitarbeiter. Zwar hat sich der
       Mitarbeiter der Piratenfraktion bereits einen Namen mit der Aufarbeitung
       des Bankenskandals gemacht, und auch für die Grünen arbeitet eine erfahrene
       Kollegin, viele andere aber müssen sich erst mühsam einarbeiten.
       
       Der Ausschussvorsitzende Martin Delius (Piraten) hat zwar unlängst in einem
       FAZ-Interview Gespür für die richtigen Fragen erkennen lassen, aber auch er
       ist mit dem kritischen Blick für Großprojekte erst in Anfängen vertraut.
       Kurzum: Für ein Gremium, das zumindest im Vorfeld der nächsten Wahl einen
       qualifizierten Zwischenbericht abliefern sollte, ist eine solche
       Ausgangslage inakzeptabel.
       
       Wenn Finanzsenator Nußbaum eben mal so 448 Millionen Euro für die
       Fertigstellung des Flughafens erübrigen kann, dann wären wohl auch zwei
       Millionen zusätzlich für Analysen, Expertisen, gutachterliche
       Stellungnahmen und Beratungen angemessen. Es wäre schon gut, den Chefplaner
       des Münchner und des Züricher Flughafens als Berater und Experten zu
       gewinnen. Auch Erhebungen von Verkehrsplanern und Bürokratieexperten
       könnten helfen, Licht ins Dunkel zu schaffen. Und schließlich gibt es
       ausgewiesene Korruptionsexperten, die sich die spezifischen Berliner Wege
       zwischen Politik, Verwaltung, Bauindustrie und Immobilienwirtschaft
       anschauen müssten.
       
       Ein Untersuchungsausschuss soll so arbeiten können, dass Transparenz
       politische Lernprozesse ermöglicht. Wer ihn nicht angemessen ausstattet,
       vertuscht seine organisierte Verantwortungslosigkeit. So weit sollten Sie,
       Herr Wowereit, Ihre politischen Sinne noch beieinander haben.
       
       Peter Grottian ist emeritierter Professor für Politikwissenschaften der
       Freien Universität Berlin.
       
       28 Jan 2013
       
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