# taz.de -- Conterganopfer altern schneller: „Ich habe Angst“
       
       > Die Contergan-Geschädigten sind einer Studie zufolge frühzeitig gealtert.
       > Deshalb fordert der Betroffenenverband mehr Geld für Medikamente und
       > Pflege.
       
 (IMG) Bild: Die Körper von Contergan-Geschädigten altern schneller als die von Nicht-Geschädigten
       
       BERLIN taz | Der Bundesverband der Contergangeschädigten erwartet vom Bund,
       den Bedarf der Betroffenen neu zu berechnen. Anlass dazu gibt eine Studie
       der Universität Heidelberg, die aktuelle Defizite bei Pflege und
       medizinischer Versorgung der Conterganopfer feststellt. Die Bundesregierung
       hatte diese Untersuchung 2008 in Auftrag gegeben.
       
       Laut dem Endbericht sind 68 Prozent der Kosten für Medikamente nicht
       gedeckt. Jeder vierte Befragte braucht einen Zahnersatz, da Zähne und
       Kiefer vorgeburtlich oder durch die Nutzung als Greifsysteme geschädigt
       sind. Zudem können sich viele Geschädigte nicht notwendige Pflege im Alltag
       leisten. Noch unterstützen die Lebenspartner, Eltern oder Kinder die
       Betroffenen. Doch diese Helfergruppe bricht weg: „Unsere Eltern werden
       selbst zu Pflegefällen, und die Kinder sind aus dem Haus“, sagt Margit
       Hudelmaier, Vorsitzende des Verbandes. „Ich habe Angst.“
       
       Denn der Pflegebedarf wird weiter steigen, wie die Autoren der Studie
       feststellen: Aufgrund von jahrzehntelanger Fehlbelastung, besonders von
       Wirbelsäule und Becken, leiden viele Contergangeschädigte unter Arthrosen
       und Verschleiß. „Wir erwarten deshalb, dass die Rente deutlich erhöht
       wird“, sagt Hudelmaier. Derzeit liegt sie je nach Grad der Schädigung bei
       255 bis 1.152 Euro pro Monat, dazu kommen jährliche Sonderzahlungen.
       
       Heute leben noch rund 2.400 Contergangeschädigte in Deutschland. Der Name
       des Beruhigungsmittels steht für einen der größten Arzneimittelskandale der
       Geschichte. Bis 1962 kamen in Deutschland etwa 5.000 Kinder mit schweren
       Behinderungen zur Welt, weil ihre Mütter das Mittel des Pharmakonzerns
       Grünenthal während der Schwangerschaft eingenommen hatten.
       
       ## Der Konzern fühlt sich nicht verantwortlich
       
       Juristisch ist der Konzern nicht mehr haftbar: Grünenthal zahlte in den
       70er Jahren 100 Millionen Mark in eine von der Bundesregierung gegründete
       Stiftung. Vor vier Jahren stockte das Unternehmen noch einmal um 50
       Millionen Euro auf. Gemessen an den Kosten für Pharmaskandale etwa in den
       USA ist das wenig; doch seitdem schiebt Grünenthal jede Verantwortung von
       sich.
       
       Am 1. Februar wird der Verband die Ergebnisse der Studie im Bundestag
       vortragen. Er drängt darauf, dass noch vor der Sommerpause eine
       Entscheidung fällt. „Sonst wird der Bundestag neu besetzt, und wir müssen
       den Prozess von vorne anschieben“, sagt Hudelmaier.
       
       28 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Julia Maria Amberger
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