# taz.de -- Kommentar Colonia Dignidad: Unterlassene Hilfeleistung
       
       > Das chilenische Urteil gegen die Colonia Dignidad war überfällig. Nun
       > müssten auch deutsche Behörden nach jahrelanger Untätigkeit endlich
       > ermitteln.
       
       Der oberster Gerichtshof von Chile hat am Montag [1][für etwas
       Gerechtigkeit gesorgt]. 14 Mitglieder der von Deutschen aufgebauten
       berüchtigten Foltersiedlung Colonia Dignidad sowie sieben chilenische
       Helfer wurden unter anderem wegen Kindesmissbrauch in letzter Instanz zu
       mehrjährigen Haft- oder Bewährungsstrafen verurteilt. Doch damit sind die
       Verbrechen, die in der Sektensiedlung im Süden Chiles begangen wurden, noch
       lange nicht aufgearbeitet - schon gar nicht in Deutschland.
       
       Die Geschichte der Colonia Dignidad, die 1961 vom mittlerweile verstorbenen
       Deutschen Paul Schäfer gegründet wurde, ist voll von Abwiegeleien und
       Vertuschungen seitens chilenischer und deutscher Behörden. Bereits 1966
       informierte der erste Bewohner der Kolonie die deutsche Botschaft über
       Missbrauch und Folter. Über die Jahre wurde die Liste der glaubhaften
       Zeugenaussagen und erdrückenden Hinweise auf die Verbrechen, die in der
       Kolonie systematisch begangen wurden, immer länger.
       
       Opfer waren nicht nur viele Bewohner der Siedlung, sondern auch chilenische
       Kinder aus umliegenden Dörfern, die Schäfer über Ferienfreizeiten anlockte,
       sowie Gegner der chilenischen Militärdiktatur (1973-1990). Letztere wurden
       auf dem Gelände der Colonia gefoltert und ermordet.
       
       Doch die deutschen Behörden stellten sich jahrzehntelang taub. Botschafter
       Erich Strätling, von 1976 bis 1979 in Chile, gab lieber Ehrenerklärungen
       für die Siedlung ab. Die Bonner Staatsanwaltschaft eröffnete zwar 1985 ein
       Ermittlungsverfahren gegen etliche Mitglieder der Kolonie, stellte dieses
       jedoch, nach 25 Jahren angeblich unergiebiger Ermittlungen, wieder ein.
       
       Es ist spät, aber nicht zu spät, den Opfern der Kolonie Gerechtigkeit
       widerfahren zu lassen. Deutsche Behörden, allen voran das Auswärtige Amt,
       müssten sich dafür ihrer Geschichte offensiv stellen und sich für die
       unterlassene Hilfeleistung entschuldigen.
       
       Vor allem aber muss das in Deutschland anhängige Ermittlungsverfahren gegen
       den Sektenarzt und deutschen Staatsbürger Hartmut Hopp, der 2011 hierher
       floh, um sich seiner Haftstrafe in Chile zu entziehen, mit aller Kraft
       voran getrieben werden. Die Staatsanwaltschaft in Krefeld bräuchte dafür
       deutlich mehr Personal und Entschiedenheit.
       
       29 Jan 2013
       
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