# taz.de -- Forschung und Krieg: "Militarisierung der Hochschulen"
       
       > Armin Olunczek von der „Brandenburg-Berliner Initiative für
       > Zivilklauseln“ erklärt, warum die Initiative Forschung zu militärischen
       > Zwecken verbieten will.
       
 (IMG) Bild: Radarantenne der Bundeswehr als Teil der Patriot-Abwehrraketen der Nato in der Türkei.
       
       taz: Herr Olunczek, warum braucht die Hochschullandschaft
       Berlin-Brandenburg Zivilklauseln? 
       
       Armin Olunczek: In den letzten Jahren beobachten wir eine zunehmende
       Militarisierung der Hochschulen, dazu ist die Initiative für eine
       Zivilklausel eine Art Gegenbewegung: Wir wollen eine Öffentlichkeit dafür
       schaffen, wie viel Forschung mit militärischem Nutzen und wie viele durch
       Rüstungsunternehmen finanzierte Projekte eigentlich stattfinden.
       
       Wie sieht diese Militarisierung der Hochschulen konkret aus? 
       
       In Berlin und Brandenburg geht es dabei weniger um technische und mehr um
       sozialwissenschaftliche Forschung. Also kein typisches Bombenbauen, sondern
       eher eine soziologische Untersuchung des Militärs, die aber einen stark
       legitimierenden Charakter hat.
       
       Die Technische Universität Berlin hat schon lange eine Zivilklausel, deren
       Umsetzung allerdings kaum überprüft wird. Wie wollen Sie dafür sorgen, dass
       eine Zivilklausel nicht nur abgenickt, sondern auch eingehalten wird? 
       
       Wichtiger noch als die Klausel selbst ist es für uns, mehr Transparenz in
       der Forschung zu erreichen. Solange gar nicht bekannt ist, welche Gelder
       fließen oder wo zu militärischen Themen geforscht wird, können wir die
       Einhaltung natürlich schlecht überprüfen. Es gibt allerdings auch den Weg,
       die Klausel rechtlich bindend zu gestalten, indem man sie ins
       Hochschulgesetz aufnimmt. In Brandenburg hat die Linkspartei gerade
       beschlossen, sich bei der anstehenden Novellierung des Gesetzes für eine
       Zivilklausel einzusetzen.
       
       Per Gesetz sollen also bestimmte Forschungsthemen verboten werden – hört
       sich nicht gerade nach Wissenschaftsfreiheit an. 
       
       Die Wissenschaft ist zwar frei, aber dennoch kein rechtsfreier Raum, auch
       sie ist natürlich an bestimmte ethische Standards und an das Grundgesetz
       gebunden. Dort heißt es, dass es das Ziel des deutschen Volks sei, „dem
       Frieden der Welt zu dienen“ – diese Friedensfinalität gilt auch für die
       Wissenschaft.
       
       Drittmittel sind aber – ob man das nun gut findet oder nicht – für viele
       Unis eine wichtige Finanzierungsquelle. Eine Zivilklausel verschreckt
       potenzielle Geldgeber – tut man der Wissenschaft damit einen Gefallen? 
       
       Drittmittel sind wichtig, aber sie sind nicht die einzige
       Finanzierungsquelle. Oft gibt es sie ja nur dann, wenn auch öffentliche
       Mittel fließen. Diese öffentlichen Mittel würden bei einem Verbot von
       Militärforschung frei – und könnten woanders eingesetzt werden.
       
       Ist es denn immer so einfach zu entscheiden, was überhaupt militärische
       Forschung ist? Wie ist das bei Grundlagenforschung oder sogenannten
       Dual-Use-Projekten, die sowohl militärischen als auch zivilen Nutzen haben? 
       
       Das ist gerade in Berlin und Brandenburg eine wichtige Frage, weil gerade
       in der sozialwissenschaftlichen Forschung die Grenzen in der Tat nicht
       immer ganz einfach zu ziehen sind. Es gibt aber schon Richtlinien, zum
       Beispiel die Liste von Dual-Use-Gütern in der deutschen Exportkontrolle.
       Außerdem plädieren wir dafür, dass mit der Zivilklausel ein Ethikrat an den
       Hochschulen eingerichtet wird, der dann über strittige Projekte entscheiden
       kann.
       
       Die Idee einer Zivilklausel kommt aus der Friedensbewegung der achtziger
       Jahre, erfreut sich aber in letzter Zeit wieder wachsender Popularität an
       vielen Unis. Warum ist das Thema wieder da? 
       
       Dafür sehe ich mehrere Gründe: Durch die wachsende Anzahl von
       Bundeswehreinsätzen ist das Militär wieder stärker in das
       Alltagsbewusstsein der Leute gerückt, auch an den Unis sind militärische
       Unternehmen und Institutionen stärker präsent als früher. Außerdem nimmt
       sowohl die Zusammenarbeit von Hochschulen und Unternehmen als auch die
       Zusammenarbeit zwischen zivilen Unternehmen und militärischen
       Organisationen immer weiter zu.
       
       Was sind die nächsten Ziele und Schritte der Initiative? 
       
       Gerade wollen wir vor allem ein Bewusstsein für unser Anliegen schaffen,
       indem wir zum Beispiel Veranstaltungen wie jetzt am Montag zu dem Thema
       organisieren. Dieses Bewusstsein brauchen wir nicht nur für die Einführung
       einer Zivilklausel, sondern auch für ihre spätere Umsetzung – ohne eine
       sensibilisierte, kritische Öffentlichkeit, die aufpasst und sich dafür
       interessiert, was an den Unis eigentlich passiert, geht es nicht.
       
       3 Feb 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Malene Gürgen
       
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