# taz.de -- Friedensprozeß in der Türkei: Waffenstillstand ist in Sicht
       
       > Der türkische Regierungschef Erdogan sieht Fortschritte im Dialog mit
       > Öcalan, dem Chef der verbotenen kurdischen PKK.
       
 (IMG) Bild: Beerdigung der ermordeten PKK-Aktivistinnen in Diyarbakir.
       
       ISTANBUL taz „Wir bekommen positive Rückmeldungen von Abdullah Öcalan. Ich
       bin sehr zufrieden“. Nach einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates am
       Sonntag äußerte sich der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan am
       Montag erneut positiv über den Fortgang der Gespräche mit dem inhaftierten
       Chef der kurdischen PKK-Guerilla, Abdullah Öcalan. Sein Chefunterhändler
       Hakan Fidan, der Vorsitzende des Geheimdienstes MIT, sei sehr
       zuversichtlich über einen bevorstehenden Waffenstillstand.
       
       Um einen Waffenstillstand zu ermöglichen, bekräftigte Erdogan noch einmal,
       dass alle Kämpfer der PKK, die aus der Türkei in den Nordirak ausweichen
       würden, bei einem solchen Rückzug nicht angegriffen werden. Erdogan will
       Öcalan damit garantieren, dass es bei einem Rückzug nicht erneut zu einem
       Massaker kommt. Dies war 1999 der Fall, als Öcalan nach seiner Verhaftung
       bereits einmal alle PKK Kämpfer dazu aufgerufen hatte, die Türkei zu
       verlassen. Dabei wurden etwa 500 von ihnen von der Armee erschossen.
       
       Die Stellungnahme von Erdogan ist umso überraschender, als nach wie vor die
       Morde an drei PKK-Aktivistinnen in Paris den zunächst positiven
       Gesprächsverlauf überschatten. Seit die französische Polizei den Fahrer der
       prominentesten ermordeten Kurdenaktivistin Sakin Canzis, Ömer Güney, als
       Hauptverdächtigen verhaftet hat, tragen insbesondere PKK-nahe Medien immer
       mehr Indizien zusammen, die beweisen sollen, dass Güney ein vom türkischen
       Geheimdienst eingeschleuster Agent ist.
       
       ## Mordverdächtiger war angeblich türkischer Geheimdienstagent
       
       Nachdem zuerst klar wurde, dass Ömer Güney entgegen seinen Behauptungen gar
       kein Kurde ist, sondern tatsächlich aus einer nationalistischen türkischen
       Familie kommt, er darüberhinaus in den Wochen vor den Morden mehrere
       verdächtige Reisen in die türkische Hauptstadt Ankara gemacht hat, soll
       jetzt ein ehemaliger MIT-Agent bestätigen, dass Güney in Diensten des
       türkischen Geheimdienstes stand.
       
       Doch trotz dieser Meldungen lassen sich weder Ministerpräsident Erdogan
       noch der inhaftierte PKK-Chef Abdullah Öcalan von einer Fortsetzung des
       Dialogs abbringen. Öcalan soll als Reaktion auf die Informationen aus Paris
       gesagt haben, er verstehe die Morde als eine Botschaft, den Dialog
       abzubrechen, was er aber nicht tun werde. Stattdessen hat er laut
       Chefunterhändler Hakan Fidan bereits einen konkreten Fahrplan für einen
       Waffenstillstand unterbreitet.
       
       Erdogan hat als vertrauensbildende Maßnahme im Rahmen einer
       Kabinettsumbildung in der vergangenen Woche den bisherigen Innenminister
       Idris Naim Sahin, einen berüchtigten Scharfmacher, gegen den früheren
       Istanbuler Gouverneur Muammer Güler ausgetauscht. Dieser bekannte sich nach
       seiner Ernennung dann auch gleich wortreich zum Friedenprozess mit der PKK.
       
       ## Öcalan ist auf Kommunikation mit seinen Anhängern angewiesen
       
       Entscheidend aber wird sein, welche Möglichkeiten Öcalan zur Kommunikation
       mit seinen Anhängern eingeräumt wird. Nach einem ersten Besuch der
       kurdischen Politiker Ahmet Türk und Ayla Akin auf Öcalans Gefängnisinsel
       Imrali steht jetzt seit Tagen ein zweiter Besuch unter Beteiligung des
       Co-Vorsitzenden der pro-kurdischen Partei BDP, Selahattin Demirtas, im
       Raum.
       
       Erdogan ließ aber bereits zwei anvisierte Termine verstreichen, weil er
       sich über die Kritik der BDP an fortgesetzten Angriffen der türkischen
       Luftwaffe auf Stellungen der PKK im Nordirak ärgerte. Trotzdem hängt jetzt
       alles von einem zweiten Besuch der Kurden auf Imrali ab, denn Öcalan kann
       keinen Waffenstillstand verkünden, ohne zuvor ausführlich mit seinen Leuten
       geredet zu haben.
       
       4 Feb 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Gottschlich
       
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