# taz.de -- Kommentar Wahl in Italien: Spaghettis stets zu Diensten
       
       > Der Wahlkampf in Italien war geprägt von der Einmischung aus Deutschland.
       > Davon profitiert Berlusconi, alte Ressentiments kochen wieder hoch.
       
 (IMG) Bild: Merkel wird eine Ebene der Zusammenarbeit mit jedem zukünftigen Premier finden müssen.
       
       Einige Stimmen aus dem Bundestagswahlkampf im September 2013. Angela
       Merkel: „Ich habe lang mit dem italienischen Premierminister gesprochen. Er
       sähe es höchst ungern, wenn die derzeitige Opposition in Deutschland an die
       Macht käme.“ Der italienische Außenminister springt der Kanzlerin bei:
       „Unter Angela Merkels Führung ist Deutschland gut durch die Krise
       gekommen.“ Der Staatspräsident in Rom ergänzt: „Deutsche, wählt nicht die
       SPD!“
       
       Und schließlich ergießt sich über die Wähler zwischen Kiel und Garmisch
       eine Flut von Artikeln und Berichten, in denen italienische Politiker
       gefragt werden: „Was raten Sie den Deutschen? Für wen sollen sie stimmen?“
       Die Opposition in Berlin reagiert vergrätzt: „Das sind doch nur
       Spaghettifresser, die haben uns gar nichts zu sagen!“
       
       Ein aus der Luft gegriffenes Szenario? Nun, so ähnlich ist der Wahlkampf
       der letzten zwei Wochen in Italien gelaufen. Und das Ergebnis ist schon
       jetzt, bevor man konkrete Zahlen zum Ausgang der Wahl kennt, nicht schön.
       Die Ressentiments zwischen Deutschen und Italienern, die lange nur noch dem
       Reich der Folklore und des Fußballs anzugehören schienen, sind deutlich
       gewachsen.
       
       ## Monti als deutscher Sparkomissar
       
       Die Einmischung der Regierung Merkel in die inneren Angelegenheiten
       Italiens sei aber – sagen die Bösartigen – gar nichts Neues. Expremier
       Mario Monti sei doch schon immer eine Kreatur der Kanzlerin gewesen, ein
       deutscher Sparkommissar, der dafür Sorge tragen sollte, dass an der
       Südflanke des deutsch beherrschten Wirtschaftsraums EU nicht noch ein Staat
       wie Griechenland zusammenbricht.
       
       Ob Montis Investitur für die Italiener eine glückliche Entscheidung gewesen
       ist – gewählt haben sie ihn ja nicht –, lässt sich durchaus bezweifeln. Die
       Steuerbelastung ist auf ein neues Rekordhoch gestiegen, Tausende von
       Betrieben mussten schließen, der Industrie wurden 32 Milliarden Euro an
       öffentlichen Geldern entzogen – und dies, ohne dass die
       Jugendarbeitslosigkeit wirkungsvoll bekämpft worden wäre, ohne Hilfen für
       den Mittelstand und für die Teile der Bevölkerung, die die Krise am
       härtesten trifft.
       
       Man muss nur die Liste von Montis Unterstützern lesen, um zu verstehen, wie
       weit er und seine Technokratenregierung von der italienischen Wirklichkeit
       entfernt sind: Superreiche und Aristokraten, Manager von internationalen
       Multis und Banken, millionenschwere Fußballspieler wie Gianluigi Buffon,
       der Kapitän der italienischen Nationalmannschaft.
       
       ## Berlusconi und die „crucchi“
       
       Monti und Merkel mögen sich, das ist klar. Mario darf Dinge sagen wie:
       „Meine Freundin Angela fürchtet ein Anwachsen der Linken.“ Natürlich
       dementiert die Kanzlerin so etwas prompt, sie ist zu erfahren in der
       internationalen Politik, um zu ignorieren, dass ihr Schüler ohne die
       Demokratische Partei (PD) des Linkenführers Pierluigi Bersani keine Chance
       auf eine Mehrheit der Mitte hat: An den Rändern lauern der Populist Beppe
       Grillo – und natürlich Berlusconi.
       
       Der verspricht, den Italienern ihr Geld zurückzugeben, das ihnen Monti,
       also die Deutschen weggenommen haben. Da kommt es wie gerufen, wenn der
       Sozialdemokrat Martin Schulz, der deutsche Präsident des Europäischen
       Parlaments, die Italiener vor einem erneuten Flirt mit dem Cavaliere warnt.
       Der bringt dann einfach den EM-Helden Mario Balotelli nach Hause, weil der
       schon einmal „die Deutschen zum Weinen gebracht hat“.
       
       Er kann aber auch noch expliziter werden. Bei einer Pressekonferenz seines
       Klubs AC Milan sagte Berlusconi ausgerechnet griechischen Journalisten:
       „Deutschland ist egoistisch, es geht ihm darum, sich selbst an der Krise zu
       bereichern.“ Die Deutschen blieben immer „crucchi“ – ein Schimpfwort aus
       dem Ersten Weltkrieg für die teutonischen Horden. „Sie haben Monti
       gefunden, der stets zu ihren Diensten ist.“ So einen wollen sie natürlich
       nicht verlieren. Ganz unrecht hat Berlusconi damit eben nicht.
       
       Was aber von diesem deutsch-italienischen Wahlkampf bleiben wird, ist viel
       schlimmer als das Politgetöse. Denn mit welcher Mehrheit sich Italien am
       Montagabend wiederfindet: Merkel wird eine Ebene der Zusammenarbeit mit
       jedem zukünftigen Premier finden müssen. Das Verhältnis von Deutschen und
       Italienern hingegen hat einen viel schwerer zu behebenden Schaden genommen.
       
       Übersetzung: Ambros Waibel
       
       25 Feb 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Riccardo Valsecchi
       
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