# taz.de -- Streit um Berliner East-Side-Gallery: Versetzung gefährdet
       
       > Am Freitagmorgen ist das erste Stück der East Side Gallery in Berlin
       > abgetragen worden. 300 Demonstranten sorgten für einen vorläufigen Stopp
       > der Arbeiten.
       
 (IMG) Bild: Da ist es nun: das Loch in der Mauer.
       
       BERLIN taz | Student Bernd Lietzsch holt sich am Ostbahnhof noch eben einen
       Kaffee, dann steuert er die East Side Gallery an. Die Mühlenstraße ist so
       voll wie selten: Der Verkehr rollt wie immer, an diesem Freitagmorgen aber
       vorbei an rund 100 Demonstranten und Polizei. Lietzsch schaut auf die
       Mauer, in der bereits ein Loch klafft. „Zu spät“, nuschelt er. Sein leerer
       Pappbecher landet auf dem Asphalt.
       
       Auf dem Areal hinter der East Side Gallery soll ein Hochhaus mit
       Luxuswohnungen entstehen, deshalb müssen Mauerblöcke versetzt werden.
       Nachdem am Donnerstag bereits die Vorbereitungen zum Abtragen von Teilen
       des 23 Meter langen Mauerstücks begonnen hatten, berichten nun einige der
       Demonstranten, dass die Bauarbeiter schon ab acht Uhr am Morgen mit der
       Demontage des ersten Mauersegments begonnen haben. Früher als von den
       Protestlern erwartet, die sich eigentlich erst am Mittag zu einer
       Menschenkette versammeln wollten.
       
       Auch deshalb steigt die Zahl der Demonstranten am Vormittag laufend an. Sie
       müssen auf der gegenüber liegenden Straßenseite ausharren. Mit „Buh“- und
       „Pfui“-Rufen sowie Trillerpfeifen fordern sie den Baustopp. „Schade für die
       Kunst, peinlich für Berlin“, schimpfte Kani Alavi, Initiator der
       Künstlerinitiative East Side Gallery. Große Augen auch bei den Touristen:
       „Was machen die hier? Da sollten wir wohl lieber nicht langgehen“, empört
       sich ein älteres Ehepaar aus der Schweiz. Die Digitalkamera verschwindet in
       der Handtasche, für das Erinnerungsfoto muss nun ein anderes Motiv her.
       
       Als sich der Kran an einem zweiten Segment zu schaffen macht, stürmen die
       Demonstanten mit einem „Haut ab!“ auf die Straße, es kommt zu Rangeleien
       mit der Polizei. Der Bereich wird abgesperrt, der Verkehr liegt lahm.
       Inzwischen haben sich rund 300 Demonstranten eingefunden, die Polizei will
       die Straße räumen, stellt Absperrgitter aus einem Einsatzwagen auf.
       
       Kurz darauf teilt sie dann aber mit, dass die „nicht angemeldete
       Kundgebung“ nachträglich genehmigt sei. Die Abrissarbeiten werden vorläufig
       gestoppt. Lautstarker Jubel bricht aus, als die Kräne abtransportiert
       werden. Lietzsch ballt die Faust: „Strike! Mal gucken, was noch kommt.“
       
       Die Bürgerinitiative „East Side Gallery retten“ will an diesem Sonntag (14
       Uhr) für den Erhalt der bedrohten Mauergalerie demonstrieren. Der
       Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) solle sich zu Wort melden und
       einen Baustopp erwirken, forderte Initiativensprecher Sascha Disselkamp am
       Freitag. Einer entsprechenden Petition unter dem Titel „Herr Wowereit: East
       Side Gallery retten! Keine Luxuswohnbebauung auf dem ehemaligen
       Todesstreifen“ haben sich bis Freitagnachmittag rund 34.500 Unterstützer
       angeschlossen. Der Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses will sich am 11.
       März mit der East Side Gallery beschäftigen.
       
       Die East Side Gallery nahe der Oberbaumbrücke entstand nach dem Mauerfall.
       Knapp 120 Künstler bemalten den Betonwall auf 1,3 Kilometer Länge.
       
       1 Mar 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anne Juliane Wirth
       
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