# taz.de -- Ohne Erlaubnis fixiert?: Neue Vorwürfe gegen Psychiatrie
       
       > Ein Mann soll in der psychiatrischen Klinik in Wunstorf bei Hannover in
       > einem Gemeinschaftsraum untergebracht und ohne Erlaubnis fixiert worden
       > sein. Das behauptet sein Sohn.
       
 (IMG) Bild: Hat Patienten mit erhöhtem Betreuungsbedarf nicht nur einmal in Gemeinschaftsräume ausgelagert: Psychiatrie Wunstorf.
       
       HAMBURG taz | Der Sohn eines inzwischen verstorbenen Patienten hat neue
       Vorwürfe gegen die psychiatrische Klinik in Wunstorf erhoben. Als sein
       Vater im Herbst 2012 mit der Diagnose Alzheimer eingeliefert wurde, sei er
       in einen mit Neonröhren erleuchteten Gemeinschaftsraum gebracht worden, wo
       man ihn „mit riesigen Gurten“ in einem Bett fixiert habe, berichtete der
       Sohn im Radiosender NDR Info.
       
       Für die Fixierung habe keine richterliche Erlaubnis vorgelegen, die
       Angehörigen seien nicht informiert worden, so der Sohn gegenüber dem
       Radiosender. Anders als vorgeschrieben sei auch keine Sitzwache zugegen
       gewesen: „Da war kein Mensch weit und breit.“
       
       Bereits vor gut einer Woche war ein vertraulicher Bericht der zuständigen
       Psychiatrie-Kontrollkommission bekannt geworden, die bei einem Besuch am
       16. Januar in den Gemeinschaftsräumen aller drei Stationen der Wunstorfer
       Altenpsychiatrie Betten mit schlafenden Patienten entdeckt hatte. Auf einer
       Station zählten die Kommissionsmitglieder 13 Betten, der Raum sei „geradezu
       vollgestellt gewesen“, zitiert die Hannoversche Allgemeine Zeitung aus dem
       Bericht.
       
       Die designierten Aufsichtsratschefin der Klinik, die ehemalige
       Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer (Grüne), stellte sich
       vergangenen Woche demonstrativ hinter die Psychiatrie in Wunstorf: Dort
       werde gute Arbeit geleistet. Die Klinikleitung habe ihr „glaubhaft
       versichert, dass die kritische Situation in der Nacht vom 16. Januar eine
       Ausnahme gewesen sei“, so Fischer. Grundsätzlich sei die Unterbringung in
       Gemeinschaftsräumen aber „nicht tolerierbar“. Fischer ist seit vergangenem
       Jahr Finanzdezernentin der Region Hannover, zu deren Klinikum die
       Psychiatrie in Wunstorf gehört.
       
       Das Problem sei, dass die Psychiatrie keine Patienten abweisen dürfe, sagt
       der Sprecher der Klinikums, Bernhard Koch. In Wunstorf sei die Belegung
       „extrem hoch“, und es gebe eben solche Patienten wie den Vater des Mannes,
       der sich nun an NDR Info gewandt habe, bei denen „Sichtkontakt rund um die
       Uhr“ gewährleistet werden müsse. „Dann ist es eben so, dass sie in
       Gemeinschaftsräume verlegt werden“, so Koch. Von dort hätten die
       Nachtschwestern sie dauerhaft im Blick.
       
       Dass der Mann ohne Erlaubnis fixiert worden sei, stimme allerdings nicht,
       es habe eine „betreuungsrechtliche Unterbringung“ vorgelegen, bei der eine
       „temporäre Fixierung“ zulässig sei. „Das ist nicht schön, aber er war ein
       schwerkranker Mann“, so der Kliniksprecher. Auch dass niemand da gewesen
       sei, stimme nicht. Eine Sitzwache sei zugegen gewesen.
       
       „Es ist ja leider so, die Leute lesen was Schlimmes in der Zeitung, und
       dann fällt ihnen ein, was ihnen selbst Schlimmes passiert ist“, sagt Koch.
       Der Sohn habe sich leider nicht an die Klinik gewandt, sondern an den NDR.
       Die Klinik schlage dem Sohn vor, sich an die Schiedsstelle der Ärztekammer
       zu wenden, dort werde ein unabhängiger Gutachter den Fall prüfen.
       
       Für das niedersächsische Sozialministerium ist der Fall noch nicht
       ausgestanden. „Wir werden uns von Wunstorf über das Konzept berichten
       lassen, mit dem die Gerontopsychiatrie arbeitet“, sagt Sprecherin Heinke
       Traeger. Auch über die Umstände des neuen Falles werde man Berichte
       anfordern, „und wir werden auch erfragen, wie Wunstorf in Zukunft solche
       Spitzenzeiten zu bewältigen gedenkt“, bei denen die Klinik überbelegt sei.
       
       In einer am Montag veröffentlichten Pressemitteilung hat die Klinik
       erklärt, dass auf den Stationen der Altenpsychiatrie künftig drei
       Nachtdienststellen besetzt würden, statt wie bisher zwei. Bei „besonderen
       Belegungssituationen“ solle außerdem eine zusätzliche Pflegekraft gerufen
       werden können. Ziel dieser Maßnahmen sei es, „alle intensiv zu betreuenden
       Patienten nachts in ihren Zimmern zu betreuen“.
       
       18 Mar 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Wiese
       
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