# taz.de -- Rassismus in Berlin: Kein herzliches Willkommen
       
       > Im Mai soll ein Asylbewerberheim in Berlin-Wittenau öffnen. Die Bürger
       > haben viele Vorurteile und äußern sie ungeniert.
       
 (IMG) Bild: So wie an diesem Heim in Bayern soll es nicht aussehen, wenn im Mai Asylbewerber nach Wittenau ziehen.
       
       BERLIN taz | Wenn im Mai Asylbewerber in ein ehemaliges Pflegeheim im
       Reinickendorfer Ortsteil Wittenau ziehen, wird ihnen von Seiten ihrer
       Nachbarn ein eisiger Wind entgegenwehen. Das wurde am Dienstagabend auf
       einer Bürgerversammlung im Rathaus des Bezirks klar.
       
       Dort hatte die AWO gemeinsam mit Vertretern von Land und Bezirk ihr Konzept
       für das Heim für 220 besonders schutzbedürftige Flüchtlinge vorgestellt.
       Rollstuhlfahrer und Rentner sollen dort einziehen, schwangere Frauen und
       traumatisierte Mütter, weil das Gebäude des ehemaligen Pflegeheimes dazu
       die Bedingungen bietet. Und weil Berlin dringend Unterkünfte gerade für
       solche Asylbewerber sucht.
       
       Für viele der rund 150 Reinickendorfer Nachbarn, die zur Bürgerversammlung
       gekommen waren, sind Asylbewerber einfach „Kriminelle“. Sexuelle
       Übergriffe, auf die Straße urinierende Menschen und Rattenplagen waren nur
       einige der Vorurteile, die die Bürger mit dem künftigen Asylheim verbinden.
       „Ich kann dann nicht mehr von meinem Balkon herunterschauen“, entrüstete
       sich eine Rentnerin.
       
       Dass die Menschen aus Syrien, Afghanistan und Tschetschenien kommen, wurde
       mit der Bemerkung „lecker“ kommentiert. Und die Fragen, die Bürger
       entrüstet vorbrachten, waren etwa: „Wir haben alle Eigentumswohnungen und
       Häuser. Dafür haben wir unser Leben lang gearbeitet. Wer erstattet uns den
       Wertverlust?“ Oder: „Wo ist der Spielplatz für die Kinder? Bei uns? Nein!“
       
       ## NPD verteilt Flugblätter
       
       Mit solch purer Fremdenfeindlichkeit paarten sich auch absurde Argumente:
       Ein Vertreter einer neu gegründeten Bürgerinitiative gegen das Heim wollte
       wissen, ob er als Grundstückseigner dafür aufkommen müsse, wenn ein
       Asylbewerberkind sich in seinem Garten verirren und in den Teich fallen
       sollte. „Wer haftet dafür?“, fragte er immer wieder allen Ernstes.
       
       Im Vorfeld hatte die NPD in Wittenau Flugblätter verteilt, um die Bürger
       aufzuhetzen und die rassistische Stimmung für sich zu nutzen. Davon
       immerhin hatte sich die Bürgerinitiative distanziert. Dennoch: Stimmen, die
       für Toleranz und ein solidarisches Zusammenleben mit den neuen Nachbarn
       warben, fehlten im Publikum.
       
       Im Ortsteil Grünau in Treptow-Köpenick, ebenfalls ein gutbürgerlicher Kiez
       mit Einfamilienhäusern, war es in der Vergangenheit gelungen, die anfangs
       feindliche Stimmung in Solidarität umzuwandeln. Dazu hatten eine geschickte
       Moderation durch Kirche und Bezirkspolitiker von SPD und Linken gesorgt.
       „Mittlerweile haben die Nachbarn gesehen, dass niemand in ihre Häuser
       einbricht oder ihre Autos klaut“, sagt Minka Dott vom dortigen
       Bürgerverein. „Das Heim bekommt so viele Kleiderspenden von Nachbarn, dass
       sie davon schon etwas an andere Asylbewerberheime abgeben konnten.“
       
       In Reinickendorf war es ironischerweise dem wegen seiner Mitgliedschaft in
       der rechten Burschenschaft Gothia umstrittenen Staatssekretär Michael Büge
       (CDU) vorbehalten, die Gemüter zu beruhigen. Er erläuterte, dass in der
       Nähe anderer Asylbewerberheime die Polizeistatistik mitnichten mehr
       Straftaten aufweise: „In Marienfelde kommen die Kinder zwar in die
       Gartenanlagen. Aber sie kommen nur, um zu staunen.“
       
       27 Mar 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marina Mai
       
       ## TAGS
       
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