# taz.de -- CRYSTAL METH: Zweifel an der „Horrordroge“
       
       > Crystal wird als eine der schlimmsten Drogen verteufelt. Doch die
       > Hauptstelle für Suchtfragen warnt vor Hysterie: Die Droge sei ein
       > regionales Problem
       
 (IMG) Bild: Die Bilder vom Crystal-Opfer Shawn Bridges gingen um die Welt. Das billige Aufputschmittel machte ihn zum Pflegefall. In Deutschland sei Crystal aber keine Massedroge wie in den USA, sagen die DHS-Suchtexperten. In der Berliner Partyszene sei es ein Aufputschmittel unter vielen.
       
       Jeder kennt die gruseligen [1][Vorher-nachher-Bilder] aus den USA: Sie
       zeigen entstellte, ausgemergelte Gesichter. Es sind Menschen, die ihren
       Körper jahrelang mit der synthetischen Droge Crystal vollgepumpt haben. Die
       Bilder haben die Droge weltweit bekannt gemacht. Seitdem berichten auch
       deutsche Medien regelmäßig Gruselgeschichten über die „Horrordroge“.
       
       Für die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) handelt es sich dabei
       vor allem um ein Medienphänomen. Bei der [2][Vorstellung] des neuen
       Jahrbuch Sucht am Mittwoch warnte die DHS vor Hysterie: „Für jeden
       Einzelnen, der Crystal nimmt, ist das Risiko hoch. Aber in der Breite ist
       die Droge kein Problem“, sagte Gabriele Bartsch, Referentin für
       Grundsatzfragen bei der DHS.
       
       Die Droge, die in der Szene "C", "Crystal", oder "Meth" genannt wird, ist
       eine hochwirksame Stimulanz auf Amphetaminbasis, ein Aufputschmittel, das
       in Europa vor allem in privaten Laboren in Tschechien billig hergestellt
       wird. „Die Droge passt ideal zu den Anforderungen der heutigen Zeit“, sagte
       der stellvertretende DHS-Vorsitzende Theo Wessel. „Immer schneller, immer
       länger und dabei immer besser drauf sein.“
       
       Diese Wirkung sei mit Crystal zu erreichen, solange man sie gelegentlich
       konsumiere, sagte er. Neu ist Crystal aber nicht: Die Substanz ist seit
       Ende des 19. Jahrhunderts [3][bekannt].
       
       Laut DHS gibt es bislang noch keine aussagekräftigen Studien über die
       Verbreitung der Droge. Die Suchtexperten der DHS gehen aber davon aus, dass
       es sich um ein regionales Phänomen handele. In Berlin gebe es Crystal seit
       Jahren, sagte Bartsch. Die Verbreitung sei hier aber gering.
       
       Betroffen sind vor allem die Länder an der Grenze zu Tschechien: Zumindest
       deuten die Zahlen des Bundeskriminalamts darauf hin: Fast die Hälfte der
       2011 beschlagnahmten Gesamtmenge Methamphetamin von 40 Kilogramm wurde in
       Sachsen (17.61 kg) sichergestellt. In Bayern hat das BKA rund ein Viertel
       (11,74 kg) beschlagnahmt. Die restliche Menge entfällt vor allem auf
       Hessen, Nordrhein-Westfalen und Thüringen. In Berlin und Brandenburg waren
       es zusammen 482 Gramm. Laut BKA hat die Gesamtmenge bundesweit um 48,8
       Prozent im Vergleich zum Vorjahr zugenommen. Allerdings handelt es sich um
       eine Zunahme auf niedrigen Niveau. Zum Vergleich: Von Kokain wurden
       bundesweit 1.940 kg sichergestellt. So die [4][letzten Zahlen] für das Jahr
       2011 des Bundeskriminalamts.
       
       Bartsch erklärt das so: In Berlin sei Crystal in der Drogenszene nur ein
       Aufputschmittel unter vielen. „In Sachsen sieht der Markt anders aus.“ Dort
       sei es vor allem in den ländlichen Regionen viel schwieriger, an illegale
       Drogen zu kommen. „Crystal ist wegen der Nähe zur Grenze leicht zugänglich
       und billig.“
       
       Tatsächlich hat die Anzahl der erstauffälligen Konsumenten der Droge
       zugenommen: Wurden im Jahr 2009 deutschlandweit 364 erstauffällige
       Konsumenten gezählt, waren es zwei Jahre später bereits 1.693. Gemessen an
       der Zahl aller erstauffälligen Konsumenten amphetaminartiger Substanzen
       erscheint die Zahl aber gering: 2011 waren dies 14.402 Personen.
       
       ## Nicht sofort crystalsüchtig
       
       Doch was ist dran an den Gruselgeschichten? Gehört Crystal nun zu den
       gefährlichsten Drogen? Crystal Meth sei sicher gefährlicher als jedes
       andere Amphetamin, sagte Bartsch. „Aber man wird nicht unbedingt sofort
       abhängig werden, wenn man die Droge nur zweimal konsumiert“, so Bartsch
       weiter. Regelmäßiger Konsum würde auf Dauer aber irreparable, kognitive
       Schäden anrichten.
       
       Wird die Substanz gespritzt oder geraucht, sei das Risiko, abhängig zu
       werden, am größten. Diejenigen, die davon süchtig werden, würden meistens
       bereits im Vorfeld an einer psychischen Störung leiden, glaubt Bartsch. Die
       größten Schäden würden die Streckstoffe verursachen.
       
       Die Hauptstelle für Suchtfragen geht davon aus, dass die Zerschlagung von
       Drogenlaboren wenig Wirkung habe. „Wenn ein Labor dichtgemacht wird, macht
       anderswo ein neues wieder auf“, sagte Wessel. Er forderte stattdessen eine
       bessere Präventionspolitik: „Wir brauchen eine gesetzlich abgesicherte
       Finanzierung für Prävention.“
       
       3 Apr 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.crystalmethaddiction.org/Crystal_Meth_User_Pictures.htm
 (DIR) [2] http://www.dhs.de/start/startmeldung-single/article/jugendliche-im-rausch-erwachsene-auch-kopie-1.html
 (DIR) [3] http://www.de.emb-japan.go.jp/NaJ/NaJ1210/nagai.html
 (DIR) [4] http://www.bka.de/nn_193372/DE/Publikationen/JahresberichteUndLagebilder/Rauschgiftkriminalitaet/rauschgiftkriminalitaet__node.html?__nnn=true
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Rank
       
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