# taz.de -- Radwege in London: Radfahren und überleben
       
       > Londons konservativer Bürgermeister, selbst passionierter Radfahrer, will
       > der britischen Hauptstadt zum ersten Mal ein vernünftiges Radwegesystem
       > verpassen.
       
 (IMG) Bild: Er dürfte sich freuen über Radwege in London.
       
       LONDON taz | In den Büros der Londoner Fahrradlobby London Cycling Campaign
       (LCC) mag man derzeit Holländisch reden. Eine jahrelange Kampagne, um die
       Londoner Fahrradinfrastruktur zu verbessern bzw. überhaupt erst eine zu
       schaffen, hat jetzt durch ein neues Strategiepaket des konservativen
       Londoner Oberbürgermeisters Boris Johnson wohl den Durchbruch erreicht.
       
       Was Johnson den Londonern da präsentiert, übertrifft selbst die kühnsten
       Erwartungen der Fahrradlobby: einen weitgehend vom Autostraßennetz
       unabhängig geführten Fahrradweg quer durch die Innenstadt von West nach Ost
       bis in die Docklands; den Bau eines das Londoner U-Bahn-Netz ergänzenden
       Fahrradwegenetzes, für das unter anderem auf einer sechsspurigen Autostraße
       abgegrenzte Fahrradstreifen geschaffen werden sollen. Außerdem sollen drei
       Londoner „Minihollands“ entstehen, die die autodominierten Außenviertel in
       Pilotprojekten vollkommen transformieren sollen.
       
       London galt als eine der großen europäischen Herausforderungen, was den
       verbesserten Schutz des Radverkehrs angeht, und vollkommen rückständig,
       verglichen mit Kopenhagen, Amsterdam oder sogar Berlin. Während der
       öffentliche Nahverkehr vor dem Kollaps steht, fehlt für Fahrradfahrer,
       obwohl ihre Zahl ständig steigt, eine ernst zu nehmende Infrastruktur, die
       nicht massenweise Tote und Verletzte fordert.
       
       Vor den Londoner Bürgermeisterwahlen im Mai 2012 hatte die
       Fahrradkampagnengruppe LCC in ihrem Mitgliedermagazin einen großen Bericht
       über die Erfahrungen der Niederlande herausgegeben. Mit einer daraus
       entstandenen Kampagne namens ’Love London Go Dutch!‘ wies die LCC darauf
       hin, dass die Niederlande noch Anfang der 70er Jahre ganz ähnliche
       Verkehrsprobleme hatten, wie Großbritannien sie noch heute hat – und sie
       bewältigte. Die niederländische Straßenlandschaft wurde so verändert, dass
       Fahrradfahren jetzt aus dem holländischem Alltag nicht mehr wegzudenken
       ist.
       
       ## Es geht voran
       
       Die LCC stellte deshalb für London drei Forderungen: die Verbesserung der
       allgemeinen Verkehrssicherheit, die Verbesserung bereits existierender
       Fahrradwege sowie ein Minimum von sichtbaren Veränderungen, um, so
       LCC-Sprecher Gerhard Weiss, „die Vorteile für alle und nicht nur für
       Fahrradfahrer zu betonen“. Die LCC forderte schließlich alle
       Bürgermeisterkandidaten dazu auf, die Pläne von Love London Go Dutch!
       umzusetzen. Acht Tage vor den Wahlen bekam LCC schließlich das Ja von
       Amtsinhaber und Wahlsieger Johnson.
       
       Seitdem ging es zügig voran. Vor Kurzem brachte Johnson, selbst Radfahrer,
       das strategische Dossier ’Eine neue Vision für Fahrradfahren in London‘
       heraus, in dem er Pläne seines eigenen Verkehrsamts revolutionär abänderte.
       Mithilfe eines unabhängigen Londoner Fahrradbeauftragten will Johnson die
       von der LCC geforderten Maßnahmen sogar überbieten.
       
       Nicht nur der Druck der LCC ist für den Umschwung mitverantwortlich,
       sondern auch der Verkehrsausschuss des Londoner Stadtparlaments, GLA
       (Greater London Assembly). Nach Aussagen der Ausschussvorsitzenden Caroline
       Pidgeon hat das Gremium Johnson gleich nach seiner Wiederwahl erklärt, dass
       die Verbesserung der Verkehrssicherheit für Radfahrer bei allen Parteien
       höchste Priorität habe.
       
       „Nach unserer Erfahrung sieht man, dass ein Ausschuss den Druck auf
       politische Führer, ihre Wahlversprechen zu halten, durchaus beibehalten
       kann“, sagt Pidgeon, zugleich Fraktionschefin der Liberaldemokraten im
       Stadtparlament, zur taz. LCC und Pidgeon wollen nun gemeinsam dafür sorgen,
       dass die Pläne umgesetzt werden.
       
       5 Apr 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Zylbersztajn
       
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