# taz.de -- Trauer in Neukölln: Eine Demonstration der offenen Fragen
       
       > Rund 600 Menschen gedachten am Samstag auf den Straßen von Neukölln des
       > vor einem Jahr getöteten Burak B. Der Todesschütze ist bis heute nicht
       > ermittelt.
       
 (IMG) Bild: Die Familie von Burak B. beim Trauermarsch.
       
       200 TeilnehmerInnen hatten die Veranstalter erwartet – es dürften gut
       dreimal so viele gewesen sein, die am Samstag an einer Gedenkdemonstration
       für den vor einem Jahr getöteten Burak B. teilnahmen.
       
       Der damals 22-jährige Neuköllner türkischer Abstammung war in der Nacht vom
       4. auf den 5. April 2012 von einem Unbekannten erschossen worden, als er
       zusammen mit einigen Freunden an einer Bushaltestelle stand – nur wenige
       hundert Meter entfernt vom Wohnort der Familie in einer ruhigen
       Einfamilienhausgegend im südlichen Neuköllner Ortsteil Britz. Zwei weitere
       junge Männer aus der Gruppe wurden durch Schüsse schwer verwundet, zwei
       andere blieben unverletzt. Der Täter flüchtete unerkannt, von ihm gibt es
       bis heute keine Spur..
       
       Der bisherige Misserfolg der polizeilichen Ermittlungen ist ein Grund,
       warum die „Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak B.“ zu der
       Demonstration aufgerufen hatte. Der Initiative gehören Freunde und
       Angehörige des Getöteten sowie antirassistische Initiativen und die
       Opferberatungsstelle ReachOut an.
       
       Zwanzig Jahre vor dem Mord an Burak B. war in der Gegend ein Neuköllner
       Neonazi bei einer Auseinandersetzung mit AntirassistInnen getötet worden,
       2012 hatten Rechtsradikale deshalb zu Racheaktionen aufgerufen – diese
       Informationen, die die Aufklärungsinitiative zusammengetragen und an die
       Polizei weitergegeben hat, ließen auch einen möglichen rechtsradikalen
       Hintergrund der Tat denkbar erscheinen, vermuten ihre Mitglieder. Mit der
       vagen Erklärung der Polizei, es werde „in alle Richtungen ermittelt“,
       wollen sie sich jedenfalls nicht zufrieden geben.
       
       „Was bedeutet: in alle Richtungen ermitteln?“, „Wie werden die
       Nazi-Angriffe in Neukölln beendet?“ oder „Gibt es in rechten Internetforen
       Täterwissen?“ – diese und andere Fragen wurden auf Demoplakaten gestellt.
       Neukölln sei der Berliner Stadtteil mit den meisten Neonazi-Straftaten, es
       gebe zudem eine „rassistische antimuslimische Szene“ im Bezirk, hieß in es
       in den Demo-Ansprachen.
       
       Fragen und Fakten, die offenbar viele BerlinerInnen beschäftigen. Die
       Demo-TeilnehmerInnen boten jedenfalls ein bunteres Bild als bei
       Antirassismus-Demos sonst üblich: Neben jungen Mädchen mit Fotos von Burak
       B. auf dem T-Shirt liefen ältere Damen mit Kopftüchern, neben jungen
       Wollmützenträgern auch ein gutbürgerliches Paar aus Britz: „Wir halten es
       als Neuköllner für notwendig, hier teilzunehmen“, sagte die Frau. „Wie soll
       das hier weitergehen? Der Mörder läuft hier irgendwo frei herum, mit einer
       Waffe. Wir haben Angst!“, erklärte ein junger türkeistämmiger Neuköllner,
       der mit seinen Freunden gekommen ist.
       
       Es sei „schwer auszuhalten“, dass die Polizei noch keine
       Ermittlungsergebnisse vorlegen könne, so Hakan Tas, Abgeordneter der
       Linkspartei, der an der Demonstration teilnahm. Auch er meinte: „Die
       Polizei muss gezielt in rechtsextreme Richtung ermitteln.“ Auch Vertreter
       der Grünen und der CDU sind bei der Gedenkdemo – die SPD fehlt. Ihm sei die
       Veranstaltung „entgangen“, sagt der Neuköllner SPD-Vorsitzende Fritz
       Felgentreu am Sonntag auf Nachfrage der taz. Politische Gründe habe die
       Abwesenheit der Sozialdemokraten aber nicht gehabt.
       
       „Findet den Mörder!“, wurde vom Lautsprecherwagen als Parole skandiert.
       Doch der Demonstrationszug, der sich vom islamischen Friedhof am
       Columbiadamm am Rathaus Neukölln vorbei bis zum Hermannplatz bewegte, blieb
       vor allem im vorderen Teil eher ruhig, die Stimmung bedrückt. An seiner
       Spitze gingen die Eltern des getöteten Burak mit. Sie freue sich sehr, dass
       so viele Menschen zu der Gedenkdemo für ihren Sohn gekommen seien, sagte
       Buraks Mutter Melek.
       
       7 Apr 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Alke Wierth
       
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