# taz.de -- Kommentar Fazil Say: Klaviatur der Zensur
       
       > Der Pianist Fazil Say wurde wegen der Verletzung religiöser Gefühle
       > verurteilt. Das ist ein schlechtes Zeichen für die Demokratie in der
       > Türkei.
       
       Die Verurteilung des Starpianisten Fazil Say ist ein rabenschwarzer Tag für
       die türkische Meinungsfreiheit. Wurden bislang vor allem Journalisten oder
       Schriftsteller verurteilt, denen man Propaganda für die kurdische PKK oder
       Beleidigung des Türkentums vorwarf, wenn sie sich zum Genozid an den
       Armeniern äußerten, kommt jetzt Beleidigung der Religion dazu.
       
       Nach zehn Jahren Regierung der islamischen AKP, ist erstmals ein
       prominenter Künstler wegen der Verletzung religiöser Gefühle verurteilt
       worden. Damit haben religiöse Kreise, die Klage gegen Fazil Say war eine
       organisierte Aktion türkischer Kreationisten, jetzt erstmals eine Waffe
       scharf gemacht, die zwar schon lange im Strafrecht lagert, bislang aber in
       der Türkei genauso selten zur Anwendung kam wie in Deutschland.
       
       Das könnt sich nun ändern, denn die Kläger genießen die Unterstützung der
       AKP, denen der scharfzüngige Pianist Fazil Say schon länger ein Dorn im
       Auge war. Fazil Say wird wohl kein Einzelfall bleiben. Erdogan und seine
       Regierung haben in den letzten Jahren wiederholt säkularen Künstlern
       gedroht, die mit einer islamischen Gesellschaftsauffassung nicht konform
       gehen.
       
       So wurden die staatlichen Theatern mit Schließung bedroht, wenn sie nicht
       mehr auf die Bedürfnisse des Volkes eingehen, womit gemeint ist, Stücke zu
       spielen, die bei konservativen Muslimen keinen Anstoß erregen.
       
       Es ist wohl richtig, Erdogan ist kein Islamist der morgen die Scharia in
       der Türkei einführen will. Aber nach zehn Jahren AKP Regierung, denen gut
       nochmal zehn Jahre folgen könnten, hat sich die Türkei schon erheblich
       gewandelt. Und dieser Prozess wird weitergehen.
       
       Religiöse Schulen sind auf dem Vormarsch, Lehrerinnen und Richterinnen
       werden bald Kopftuch tragen. Wer damit nicht einverstanden ist, wird an den
       Rand gedrängt oder, wenn er oder sie zu laut wird, kriminalisiert.
       Demokratische Freiheit, von der Erdogan so gerne redet, sieht anders aus.
       
       16 Apr 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Gottschlich
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