# taz.de -- Bombenanschlag von Boston: Unklares Motiv
       
       > Nach der Festnahme des mutmaßlichen Attentäters Dschochar Zarnajew geht
       > die Polizei von keinen weiteren Tätern aus. Sein Bruder war schon 2011 im
       > Visier des FBI.
       
 (IMG) Bild: Boston in Blaulicht: Der Polizeieinsatz am Freitagabend.
       
       BOSTON/WASHINGTON dpa | Das Motiv der mutmaßlichen Bombenleger von Boston
       ist weiter unklar. Die Polizei geht jedoch davon aus, dass die Brüder
       allein gehandelt haben. Nach fünf Tagen Ausnahmezustand konnten die
       Bewohner der Stadt am Samstag wieder aufatmen. Langsam kehrt der Alltag
       zurück. In einem dramatischen Großeinsatz hatte die Polizei am Freitagabend
       den mutmaßlichen zweiten Bombenleger von Boston aufgespürt und überwältigt.
       
       Der 19-jährige Dschochar Zarnajew hatte sich verletzt in einem Garten in
       einem abgedeckten Boot versteckt. Er wurde im Bostoner Vorort Watertown
       gestellt und schwer verletzt in ein Krankenhaus gebracht, wie die Polizei
       mitteilte. Wann gegen den 19-Jährigen Anklage erhoben wird, war am Samstag
       noch unklar.
       
       Sein älterer Bruder und mutmaßlicher Komplize Tamerlan (26) war zuvor auf
       der Flucht von der Polizei getötet worden. Der Polizeichef von Watertown,
       Edward Deveau, äußerte sich überzeugt, dass die beiden Brüder Zarnajew
       allein gehandelt haben. „Nach dem, was wir wissen, waren sie allein.“
       
       Das FBI hatte Tamerlan bereits 2011 als „radikalen Islamisten“ im Visier –
       ohne Hinweise auf terroristische Aktivitäten zu finden. Damals wurde
       Zarnajew auf Wunsch einer ausländischen Regierung überprüft, wie die
       Bundespolizei mitteilte. Das Ersuchen habe sich auf Informationen gestützt,
       wonach Tamerlan sich von 2010 an drastisch verändert habe. Er habe
       Vorbereitungen getroffen, die USA zu verlassen, um sich nicht näher
       beschriebenen Untergrundgruppen in besagtem Land anzuschließen, hieß es.
       Das FBI überprüfte ihn damals, sprach auch mit ihm selbst und
       Familienangehörigen.
       
       ## 20 Minuten Verhandlungen
       
       Deveau gab am Samstag zugleich Details zur Festnahme bekannt. Der
       19-Jährige habe nach langer Verfolgung letztlich aufgegeben. „Schließlich
       tat er, was wir ihm befohlen hatten, stand auf und hob sein Hemd hoch“,
       sagte Deveau in einem Interview des TV-Senders CNN. Die Polizei wollte so
       sehen, ob der Verdächtige Sprengstoff bei sich trug. Deveau sprach von „20
       Minuten Verhandlungen“ mit dem Schwerverletzten. Er räumte allerdings ein,
       dass Zarnajew dabei „nicht viel gesagt“ habe. Er habe aber noch um sich
       geschossen.
       
       US-Präsident Barack Obama lobte nach der Festnahme in einer kurzen Rede im
       Weißen Haus die Arbeit der Sicherheitsbehörden und kündigte lückenlose
       Aufklärung an. Bei dem Anschlag auf den Boston-Marathon waren am Montag
       drei Menschen getötet und 180 verletzt worden.
       
       In seinem Versteck war Dschochar Zarnajew von einem Hausbesitzer entdeckt
       worden. Nach Aufhebung der Ausgangssperre für ganz Boston war er in seinen
       Garten gegangen und hatte Blutspuren auf einer Bootsplane entdeckt.
       Außerdem war ein Sicherungsseil durchtrennt. Als er unter die Plane
       schaute, entdeckte er nach Polizeiangaben einen blutüberströmten Körper. Er
       habe dann den Notruf gewählt.
       
       Der Gouverneur von Massachusetts, Deval Patrick, sagte laut Boston Globe,
       er hoffe stark, dass Zarnajew überlebe. „Ich habe viele Fragen an ihn.“
       Nach Informationen des TV-Senders CNN war der Gesundheitszustand des
       19-Jährigen am Samstag nach wie vor ernst. Er habe viel Blut verloren. Das
       Krankenhaus, in dem er liege, werde schwer bewacht.
       
       ## Todesstrafe möglich
       
       Weiter hieß es, die Polizei habe dem Festgenommenen bisher nicht seine
       Rechte vorgelesen. Dies sei aber in besonderen Fällen möglich. Welche
       Höchststrafe Dschochar droht, hängt davon ab, ob er nach Landes- oder
       Bundesrecht angeklagt wird: Massachusetts kennt keine Todesstrafe, die USA
       als Bundesstaat aber schon.
       
       Die Brüder sind nach bisherigen Erkenntnissen tschetschenischer Herkunft,
       lebten aber mit ihren Familie bereits seit 2002 in den USA. Beide Söhne
       sind laut FBI in Kirgistan geboren. Dschochar sei inzwischen in den USA
       eingebürgert, Tamerlan habe eine ständige Aufenthaltserlaubnis gehabt. Bei
       der Ermittlungen wollen Russland und die USA eng zusammenarbeiten. Bislang
       allerdings habe Moskau noch keine wertvollen Hinweise liefern können,
       meldete die Agentur Interfax am Samstag unter Berufung auf
       Sicherheitskreise.
       
       Subeidat Zarnajewa, die sich als Mutter der beiden Männer ausgab, sagte dem
       englischsprachigen Staatsfernsehen Russia Today, ihr Sohn Tamerlan habe
       sich seit etwa fünf Jahren stark für den Islam interessiert. „Aber er hat
       nie gesagt, dass er den Weg des Dschihads einschlagen will.“
       
       21 Apr 2013
       
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