# taz.de -- Online-Stadtmagazin aus Göttingen: Die Nazi-Timeline
       
       > Ein alternatives Stadtmagazin aus Göttingen verbindet Popkultur mit
       > Politik. Das kann manchmal gefährlich werden: Es gab bereits Drohungen.
       
 (IMG) Bild: Die rechtsextreme Szene in Göttingen ist gut ausgestattet. Unter anderem wurde diese scharfe Pistole 2009 bei Durchsuchungen sichergestellt.
       
       BERLIN taz | „8. Januar 2013 – KZ-Gedenkstätte Moringen geschändet“, „9.
       Januar 2013 – NPD-Kundgebungen in Northeim und Osterode“ und „19. Januar
       2013 – Nazis in Tattoo-Studio“, so lauten die letzten drei Meldungen in der
       [1][#][2][nazitimeline]. Dieses „innovative Tool“, wie es Bastian Renner
       bezeichnet, dient zur Darstellung von rechtsextremen Taten in Göttingen und
       Umgebung.
       
       Renner ist einer von zehn ehrenamtlichen RedakteurInnen bei „[3][Monsters
       of Göttingen]“ (MOG), welche das anschauliche Werkzeug mit dem Relaunch der
       Website Anfang April ins Netz stellte. Auf der Zeitleiste werden rechte
       Veranstaltungen, Demonstrationen oder Straftaten zeitlich abgebildet und
       örtlich auf einer Umgebungskarte der Universitätsstadt verzeichnet.
       
       In beiden Fällen wird auf entsprechende Berichte von MOG sowie anderen
       Quellen verlinkt. „Zum Glück gibt es immer ein paar Lücken“, erklärt Renner
       die auf den ersten Blick fehlenden Beiträge in den letzten drei Monaten.
       Die Rechtsextremen waren schlicht weniger aktiv oder es lagen keine
       verwertbaren Informationen für die RedakteurInnen vor.
       
       Göttingen kann als „linke Hochburg“ bezeichnet werden: Einerseits wird das
       durch sehr niedrige Ergebnisse rechtsextremer Parteien bei allen
       vergangenen Wahlen deutlich. So erhielt die NPD nur 0,4 Prozent der Stimmen
       bei der Landtagswahl im Januar 2013.
       
       ## Schwerpunkt neonazistischer Aktivitäten nicht weit entfernt
       
       Andererseits ist der Status auf zahlreiche und fortwährende Aktionen der
       linken Bewegung sowie das entschlossene Vorgehen großer Bevölkerungsteile
       gegen rechtsextreme Demonstrationen zurückzuführen. Nichtsdestotrotz
       bewertet der niedersächsische Verfassungsschutz die Region
       Northeim/Einbeck, etwa 25 Kilometer nördlich von Göttingen, als
       „Schwerpunkt neonazistischer Aktivitäten“.
       
       Auch zwei der drei eingangs erwähnten Ereignisse fanden dort statt. Was als
       Online-Alternative zu Göttingens Stadtmagazinen begann, sei mittlerweile
       eine „feste Größe in der Stadt“, berichtet Renner. Er ist seit Anfang an
       dabei als die Seite 2007 als kommentierender Veranstaltungskalender
       startete. Später versuchte das studentisch geprägte AutorInnenkollektiv
       Kultur mit Politik und Hintergrundberichten zu verbinden. Letztere stehen
       heute im Mittelpunkt der Redaktionsarbeit.
       
       ## Kein bloßes Sprachrohr für linke Gruppierungen
       
       Diese schreibt über Themen, die in „klassischen“ Medien zu wenig oder gar
       nicht behandelt werden, beispielsweise über Hochschulpolitik, Probleme von
       Flüchtlingen oder über Studentenverbindungen. So stellte eine PR-Initiative
       von Studentenverbindungen ihre Aktivitäten ein, nachdem MOG die Nähe zur
       extremen Rechten aufgedeckt hatte.
       
       Alle anfallenden Kosten tragen die AutorInnen selbst. Von außen gäbe es
       keine Finanzierung, erklärt Renner, es seien nur die Serverkosten, die
       bezahlt werden müssen. Damit bleibe man unabhängig. Denn die Redaktion habe
       einen journalistischer Anspruch, „aber wir sind auch ein linkes Projekt mit
       einer klaren Haltung“, erklärt Renner die Hintergründe der Website.
       Trotzdem werde auch die eigene Szene kritisiert: „Schließlich möchten wir
       kein bloßes Sprachrohr von linken Gruppierungen sein“, stellt er klar.
       
       Dass ihre Arbeit mitunter für direkte Probleme sorgen kann, zeigte sich im
       Sommer 2008. Damals berichtete MOG über die Umstände eines
       Rechtsrock-Konzerts in einer Göttinger Tabledance-Bar. Unbekannte bedrohten
       sie daraufhin per E-Mail: „Ihr wisst gar nicht worauf ihr euch einlasst!“,
       hieß es darin.
       
       „Aufgrund des akuten Bedrohungsszenarios des Nazi-Rocker-Milieus sind wir
       dann eingeknickt“, gibt Renner zu. Der entsprechende Artikel wurde offline
       gesetzt. Allerdings beeinflusste dieser einmalige Vorgang nicht die
       Recherchearbeit von MOG – denn auf diese griffen in der Folge unter anderem
       das Hamburger Abendblatt und Spiegel Online gerne zurück.
       
       24 Apr 2013
       
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