# taz.de -- Kommentar Fremdfinanzierung der Unis: Diktatur der Unanständigkeiten
       
       > Wer die akademische Freiheit verteidigen will, muss sie attackieren. Das
       > betrifft vor allem die Nebentätigkeiten von Professoren.
       
       Gerade erst wurde der Beweis geführt, wie sehr die Freiheit des
       europäischen Finanzmarktes zu einer kollektiven Unfreiheit geführt hat.
       Staaten müssen löhnen, Bürger bluten. Wir lernen daraus: Erst die
       Regulierung der Einen garantiert die Freiheit der Anderen. Es gibt eine
       weitere große Freiheit, die unberührbar zu sein scheint. Das ist die
       Freiheit der Wissenschaften. Es ist an der Zeit, diese Freiheit zu
       attackieren.
       
       Unter dem Deckmantel der akademischen Freiheit treiben viele Akademiker ein
       Spiel nach eigenem Gusto. Unternehmen pumpen Millionen an die
       Universitäten, erkaufen sich Einfluss. In welchem Maße die staatlich
       alimentierten, wohlbezahlten Professorinnen durch stattliche
       Nebentätigkeiten hinzuverdienen, ist nicht einmal zu erraten.
       
       Der Modus des wissenschaftlichen Arbeitens, die harten Fakten der
       akademischen Ökonomie sind für die Öffentlichkeit intransparent. Es gibt
       nur ein Mantra, das immer gilt: Die Freiheit der Wissenschaften ist
       unantastbar.
       
       Mit diesem Argument werden alle Versuche abgewehrt, die Machtverhältnisse
       im Wissenschaftssektor durchschaubarer, verstehbarer zu machen. Wer darauf
       hereinfällt, erliegt einem falschen Freiheitsbegriff. Eine Freiheit, die es
       zu verteidigen lohnt, muss in ihrer Substanz auf ideologischer wie
       materieller Unabhängigkeit begründet sein – und nicht auf der Freiheit
       dazu, sich beliebig beeinflussen zu lassen.
       
       Genau diese Unabhängigkeit aber ist in Gefahr. Klare, auch gesetzliche
       Regeln und Grenzen und eine transparente Wissenschaftsökonomie sind daher
       nicht die Fessel, sondern die Voraussetzung einer unabhängigen, freien
       Forschungslandschaft.
       
       Aufgrund der historischen Erfahrung einer ideologisch unterworfenen
       Universität bestimmt in Deutschland jedoch das systematische Kleinklein den
       Modus wissenschaftlicher Praxis. Bildung und Forschung sind Ländersache.
       Und wenn es um Anstandsfragen geht, dann beten wiederum die
       Landespolitiker: das mögen doch bitte die Forscher unter sich schon regeln.
       Das Mittel der Wahl ist dann irgendein Kodex.
       
       Doch ebensowenig wie ein Börsenhändler geeignet ist, über den Umfang seiner
       Boni zu bestimmen, sollte die Professorenschaft die Diktatur ihrer eigenen
       Unanständigkeiten praktizieren dürfen. Es ist eine elitäre Haltung, der
       geistigen Elite die Entscheidung über sich selbst zu überlassen.
       
       Wer freie Forschung garantieren will, muss daher mutig genug sein, ihre
       Entstehungsbedingungen zu definieren, wo immer es geht. Die Bundesregierung
       sieht hier keinen Handlungsbedarf. Einige Bundespolitiker wagen sich,
       zaghaft, auf dieses Feld. Sie sollten tapfer vorangehen. Denn sonst gibt es
       unten nur Unfug.
       
       24 Apr 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Kaul
       
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