# taz.de -- Halbfinale Champions League: Das Wunder bleibt aus
       
       > Der BVB erreicht verdient das Endspiel in Wembley, weil er schlicht die
       > bessere Mannschaft ist. Dennoch trifft Real spät noch zweimal zum
       > 2:0-Endstand.
       
 (IMG) Bild: Da half auch kein Theater: Real ist raus, auch dank eines überragenden Mats Hummels.
       
       Die Startbedingungen: Beide Mannschaften laufen in Bestbesetzung auf. Klopp
       sagt vor dem Spiel, dass „Borussia Dortmund mit aller Macht in dieses
       Finale will“. Mourinho glaubt an „Wunder“. Damit ist alles gesagt, wobei
       Real nach der 4:1-Klatsche im Hinspiel nur ein 3:0 reichen würde. Dennoch,
       der BVB dürfte sich den Finaleinzug nicht mehr nehmen lassen. Das Estadio
       Bernabeu glänzt und tobt. Das Wort Hexenkessel ist für solche Tage erfunden
       worden. BVB-Geschäftsführer Watzke sitzt neben König Juan Carlos.
       
       Das Spiel: Real drückt mächtig aufs Tempo. Die Dortmunder wirken nicht
       überrascht, sind aber ein Quentchen zu beeindruckt. Die leichten
       Ballverluste häufen sich. Dann passt Schmelzer am eigenen 16er nicht auf,
       Higuain ist blitzschnell da, doch Weidenfeller wuchtet seinen Körper
       zwischen Ball und Tor. Durchatmen. Kurz flankt Götze per Flanke auf
       Lewandowski. Götze muss danach verletzt raus. Großkreutz kommt. Die
       Tormaschine aus dem Hinspiel kommt nicht richtig hinter den Ball –
       ungefährlicher Abschluss. Real rennt jetzt an. Schöne, rasante
       Ballstafetten, Özil gibt den Spielmacher.
       
       Plötzlich taucht der Gelsenkirchner Rasenkünstler frei vor Weidenfeller auf
       und … verzieht knapp. Sieben Eckbälle sammelt Real, und es sind noch nicht
       mal 20 Minuten gespielt. Doch Dortmund fängt sich. Hummels spielt eine
       souveräne erste Halbzeit. Auf der andere Seite lässt Sergio Ramos keine
       Gelegenheit aus Lewandowskis Körper unsanft mit dem Ellbogen oder der
       Fußspitze zu beackern. Gelb sehen dennoch andere: Coentrao und Higuain bei
       Real, Bender und Gündogan beim BVB. Auch wenn Schiedsrichter Howard Webb
       viel laufen lässt, hat er das Spiel vorzüglich im Griff. Bevor das Publikum
       unruhig wird, pfeift der Brite nach 47 Minuten die erste Halbzeit ab.
       Mourinhos Augenringe wachsen sekündlich.
       
       Weiter geht’s: Nach scharfem Pass von links muss Lewandowski nur noch den
       Ball richtig treffen, schafft es aber nicht. Keine Minute später, nach
       Zuspiel von Reus, ballert der Pole die Kugel an die Unterkante der Latte.
       Doch das Tor bleibt stehen. Das war schon mal anders – man erinnert sich
       [1][kurz ans Jahr 1998]. Dortmund wird jetzt stärker und kontrolliert
       zunehmend das Spiel. Mourinho reagiert. Er bringt Kaka und Benzema nach 57
       Minuten. Rangelei zwischen Lewandowski, Ramos und Xabi Alonso. Letzterer
       greift Lewandowski frustriert ins Gesicht. Webb lässt die Karte stecken.
       
       Dann geht’s ratzfatz, super Kombination zwischen Lewandoski, Reus und
       Gündogan im 16er der Madrilenen. Der ist drin. Nein. Lopez mit einer
       unglaublichen Reaktion. Kurz danach streicht ein Kopfball von Lewandowski,
       der Ramos unterläuft, knapp am linken Pfosten vorbei. Die Borussen gehen
       jetzt extrem großzügig mit ihren klaren Tormöglichkeiten um. Aber: Der BVB
       spielt wieder wie im Hinspiel.
       
       Real wirkt verbittert. Ronaldo ist kaum zu sehen. Überall sind stattdessen
       schwarz-gelbe Stutzen zu sehen, die jeden Pass, jeden Schuss entschärfen.
       Khedira kommt nach 67. Minuten für den blassen Xabi Alonso. Das Spiel
       verliert an Tempo. Dortmund muss nicht, Real kann nicht. Nochmal Ronaldo
       nach Zuspiel Özil, doch der Ball zischt über die Querlatte. Nochmal di
       Maria nach scharfer Flanke Kaka. Vorbei. Dann wird es langweilig. Bis
       Madrid aus heiterem Himmel zum 1:0 trifft (Benzema), in der 83. Minute. Die
       Fans sind wieder da – Real reanimiert.
       
       Es wird wieder schnell und hektisch. Lewandowski geht vier Minuten später.
       Kehl kommt zur Absicherung. Benzema kommt nach einer Ecke erneut frei zum
       Schuss aus 20 Metern. Weidenfeller ist da. Doch dann: scharfe Flanke von
       rechts, Ramos drischt den Ball aus 3 Metern in die Maschen. Was ist denn
       hier los? 2:0 für Real. Jetzt wird’s ein Nervenspiel. Santana kommt in der
       90. Minute für Bender, der verletzt raus muss. Es gibt fünf Minuten oben
       drauf. Webb legt nochmal 60 Sekunden drauf. Noch ein vermeitlich kritischer
       Zweikampf vor Weidenfellers Kasten – dann ist Schluss.
       
       Der entscheidende Moment: Es sind viele kleine in den letzten 16 Minuten,
       inklusive Nachspielzeit. Die Dortmunder kontrollieren das Spiel bis zum
       0:1. Der BVB gerät durch Unachtsamkeiten selbst in Bedrängnis. Allerdings
       muss man auch dem hohen eigenen Engagement konditionell Tribut zollen.
       Dennoch rettet das Team nach dem 0:2 das Ergebnis über die Zeit. Was
       kurzzeitig schlecht für die Nerven ist, kann noch gut sein fürs
       Selbstbewusstsein im Endspiel.
       
       Der Spieler des Spiels: Mats Hummels. Punkt. Der Dortmunder
       Innenverteidiger liefert einen mustergültigen Vortrag moderner
       Defensivarbeit. In dieser Verfassung ist Hummels einer, wenn nicht der
       derzeit beste Innenverteidiger der Welt.
       
       Die Pfeife des Spiels: Sergio Ramos hätte, nimmt man nur mal die minimal
       geahndeten Attacken gegen Lewandowski zusammen, eigentlich mit Gelb-Rot in
       der zweiten Halbzeit unter die Dusche schleichen müssen. Stattdessen macht
       der spanische Nationalspieler das zweite Tor, was dann nur noch
       kosmetischen Zwecken dient.
       
       Die Schlussfolgerung: Das Wunder bleibt aus. Drama gab's trotzdem. Dennoch:
       das bessere Team, dies ist wahrlich wörtlich zu nehmen, hat gewonnen.
       
       Und sonst? Finale – Glückwunsch BVB.
       
       30 Apr 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.youtube.com/watch?v=PgP1mM8oQwE
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jan Scheper
       
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