# taz.de -- Parteiausschlussverfahren gegen ehemaligen SPD-Abgeordneten: Auf ewig mit der SPD verbunden
       
       > Hamburgs SPD würde ihren Ex-Parteisprecher Bülent Ciftlik liebend gerne
       > loswerden. Doch die Ausschlussgründe reichen offenbar nicht aus
       
 (IMG) Bild: Untrennbar mit der SPD verbunden: Bülent Ciftlik
       
       HAMBURG taz | Die SPD wird Bülent Ciftlik nicht los. Die für einen
       Parteiausschluss des Ex-Parteisprechers geltend gemachten Gründe halten
       einer gerichtlichen Überprüfung kaum stand. In einem Hinweisbeschluss kam
       das Berliner Kammergericht zu der Einschätzung, die gegen Ciftlik erhobenen
       „Vorwürfe dürften nicht ausreichen, um einen Parteiausschluss zu
       begründen“. Weiter befand das Gericht, der „Grundsatz der
       Verhältnismäßigkeit“ sei bei dem Ciftlik-Rausschmiss von der SPD „nicht
       gewahrt worden“.
       
       Im Sommer 2010 musste Ciftlik die SPD-Bürgerschaftsfraktion verlassen,
       nachdem er erstinstanzlich wegen Anstiftung einer Scheinehe zu einer
       Geldstrafe verurteilt worden war. Doch der Forderung seines politischen
       Ziehvaters – des SPD-Landesvorsitzenden und heutigen Bürgermeisters Olaf
       Scholz –, auch der SPD den Rücken zu kehren, verweigerte sich Ciftlik. Er
       sei „seit zwölf Jahren Mitglied der SPD und werde dies in Zukunft auch
       bleiben“, bremste Ciftlik das Scholz’sche Ultimatum aus.
       
       Die Folge: Die Hamburger SPD und später die Bundesschiedskommisson warfen
       Ciftlik aus der Partei. Der aber legte Rechtsmittel gegen seinen
       Rausschmiss ein, zog erst erfolglos vor das Berliner Land- und schließlich
       vor das Berliner Kammergericht. Das gab ihm nun bis auf weiteres Recht.
       
       Begründet hatte die SPD den Parteiausschluss vor allem damit, dass Ciftlik
       den früheren Hamburger SPD-Chef Ingo Egloff über die wahre Herkunft eines
       zwei Parteifreunde diskreditierenden Polizeivermerks – der sich später als
       gefälscht entpuppte – getäuscht habe. Es sei der Eindruck entstanden, die
       drei Vermerke seien Teil einer staatsanwaltschaftlichen Akte und nicht
       Funde aus Ciftliks Rathaus-Postfach. So seien die Fälschungen erst spät
       aufgeflogen und wurden Gegenstand einer Medienberichterstattung, die der
       SPD vielfältig geschadet habe.
       
       Das Gericht argumentiert hingegen: Da Ciftlik nicht von einer Fälschung
       ausgehen konnte und von Egloff gar nicht nach der Herkunft des Vermerks
       befragt wurde, habe er „allenfalls fahrlässig“, nicht aber nachweisbar
       vorsätzlich gehandelt. Das Fazit der Richter: Ein „Parteiausschluss lässt
       sich damit nicht begründen“. Auch dass Ciftlik Egloff verspätet über das
       gegen ihn eingeleitete Strafverfahren informiert hatte, bewertet die Kammer
       nicht als „erheblichen Verstoß“ gegen die Parteistatuten.
       
       Die SPD aber gibt nicht klein bei. Sie konterte, vorgetragen durch eine
       Bonner Anwaltskanzlei, die Gerichtseinschätzung vor wenigen Tagen: Aufgrund
       „seiner großen politischen Erfahrung“ hätte Ciftlik „die Brisanz des
       Papiers beurteilen“ können und über seine genaue Herkunft von sich aus
       aufklären müssen. Das nicht zu tun beruhe zweifellos „auf Vorsatz“. Am 10.
       September treffen sich die Streithähne nun erneut vor Gericht.
       
       Während die SPD Ciftlik nicht los wird, kann das Hamburger Landgericht, das
       seit über einem Jahr wegen diverser ihm zur Last gelegten Straftaten gegen
       Ciftlik verhandelt, seiner nicht habhaft werden. Seit März sitzt Ciftlik
       nach einem Unfall, in den er verwickelt sein soll, in Indien fest. Auch
       sein Angebot, 5.000 Euro Kaution zu hinterlegen, führte nicht zu einer
       Ausreiseerlaubnis.
       
       Da das Landgericht die Strafprozessordnung, nach der eine Hauptverhandlung
       nur 30 Tage unterbrochen werden darf ohne zu platzen, derzeit mit
       juristischen Finessen ausbremst, stellte Ciftiks Anwältin Gabriele Heinecke
       einen Befangenheitsantrag gegen die Richter, über den nun entschieden
       werden muss. Die für den gestrigen Dienstag angesetzte Hauptverhandlung
       fiel deshalb aus.
       
       22 May 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marco Carini
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Bülent Ciftlik
 (DIR) Volker Kauder
       
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