# taz.de -- Die Wahrheit: Drohnen gegen Diabolos
       
       > „Man soll sehr leise schwärmen, denn du sollst nicht lärmen!“ – Ach,
       > würde dieser Satz doch nur öfter beachtet.
       
 (IMG) Bild: Pittoresker Autowascheimer in einer Tiefgarage unter Helsinki.
       
       Der große Robert Gernhardt formulierte einst das 11. Gebot: „Du sollst
       nicht lärmen!“ Leider ist es von allen elf Geboten das Unerhörteste.
       Wahrscheinlich wird es permanent von Lärm übertönt.
       
       Zu Pfingsten war ich in Glücksburg an der Ostsee und hatte ein Zimmer mit
       grandioser Sicht auf Förde und Promenade. Zwischen 7.50 Uhr und 8.47 Uhr
       allerdings kam jeden Morgen ein junger Mann mit einem Laubbläser und wusste
       scheinbar nicht, wie viel und wie lange ich abends trinke und dass ich zu
       allen Jahreszeiten bei offenem Fenster schlafe.
       
       Der Laubbläser wurde zum Sandpuster, und Sand ist hartnäckig. Er ist klein
       und sitzt noch in der letzten Ritze. Der junge Glücksburger Sandbläser aber
       suchte und fand, vor allem aber suchte er. Andere tragen Lesebrillen, er
       hatte eine Sandbrille. Nie nahm ein Mann seinen Job ernster.
       
       Schlimmer konnte es nicht kommen. Dachte ich jedenfalls. Dann kam es
       schlimmer. Schon einen Tag später, am Pfingstsamstag. Das laute Grauen
       begann um 10 Uhr und ging durch, ohne Pause bis zum Abend. Promenadenfest!
       
       Vom Berliner Liedermacher Sebastian Krämer stammt das Lied: „Die Welt
       braucht keine Jongleure, Jongleure brauchen die Welt.“ Nie lag mehr
       Wahrheit in diesen Zeilen als an diesem Samstagmorgen.
       
       Das Teuflische am Diabolo ist ja nicht allein, dass die Kugeln oder
       Halbschalen des Jongliergeräts vom Seil angetrieben durcheinanderfliegen,
       sondern dass der diabolische Diabolist beim Jonglieren auch noch redet. Und
       es geht eben nur eins: machen oder quatschen. Bei „Shorty“, so hieß der
       Diaboliker, blieb keine Konzentration mehr fürs Wort übrig. Trotzdem wurde
       sein Sprech in sehr, sehr guter Platzlautstärke übertragen.
       
       Als „Shorty“ begann, verfiel ich in Angststarre. Und ich entwickelte ein
       ganz neues Verhältnis zu bewaffneten Drohnen. Denn „Shorty“ tat Dinge, die
       kurz vor schwerer akustischer Körperverletzung waren.
       
       Schließlich gelang es mir, die Starre zu überwinden, und ich flüchtete die
       Förde entlang zum Glücksburger Yachtclub. Hier landete ich zwischen
       blondierten Hanseatinnen, die über alle Tische sprachen, als wollten sie
       ganze Strände bekehren. Ich wünschte, ihre Wortbeiträge wären, wenn schon
       nicht vom „Heiligen“, so doch von „Geist“ erfüllt. Schließlich war
       Pfingsten. Kurz sehnte ich mich sogar zurück zu „Shorty“ und seinem
       Diabolo. Der Ort heißt eigentlich ja Glücksburg, aber man kann eben auch
       mal Pech haben.
       
       Doch dann fand ich Erlösung. Im „Aktiv Guide“ dieser Fjordregion stand der
       Satz: „Die Natur darf gerne betreten werden!“ Ich eilte in die Wälder, zu
       Birken und Buchen. Nach drei Nächten im Forst, dessen Stille nur von
       Käuzchen-Rufen unterbrochen wurde, kehrte ich zurück, bedeckt von Harz,
       frischen Blütenblättern und einigen Tannenzapfen vom vergangenen Jahr.
       
       Und für die Fans von Bayern München und Borussia Dortmund soll dieser
       Leitsatz gelten am Champions-League-Final-Wochenende: „Man soll sehr leise
       schwärmen, denn du sollst nicht lärmen!“
       
       23 May 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernd Gieseking
       
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