# taz.de -- Darf man den Londoner Täter zeigen?: Hunderte Beschwerden gegen Video
       
       > Fast alle britischen Medien zeigten Fotos und Videos von Michael
       > Adebolajo, dem Attentäter von London. Die Kritik fiel heftig aus.
       
 (IMG) Bild: Blumen an einem Kasernenzaun in Gedenken an das Opfer.
       
       Es herrscht seltene Einigkeit auf dem britischen Zeitungsmarkt. Michael
       Adebolajo, der Attentäter von London, prangte am Donnerstag auf allen
       Titelblättern – vom Guardian über den Daily Telegraph und die Daily Mail
       bis zum Independent.
       
       „Blut an seinen Händen, Hass in seinen Augen“, schrieb die Mail darunter.
       Die meisten anderen Zeitungen wählten Zitate aus dem Video, das am Abend
       zuvor erstmals auf ITV zu sehen war und danach schnell die Runde machte.
       Nahezu alle Zeitungswebseiten und Fernsehsender brachten das Video, das
       Michael Adebolajo kurz nach der Tat zeigt, [1][bei der er einen britischen
       Soldaten getötet hatte]. „Ihr werdet nie mehr sicher sein“, zitiert
       beispielsweise der Guardian auf seiner gedruckten Titelseite.
       
       Doch Leser und Zuschauer scheinen sich nicht so einig darüber zu sein, ob
       ein derartiges Bekennervideo (oder Fotos daraus) gezeigt werden sollten.
       Allein bis Donnerstagmittag gingen bei BBC, ITV und der britischen
       Medienaufsicht Ofcom [2][800 Beschwerden] ein, berichtet der Guardian.
       
       In Großbritannien wird darüber diskutiert, ob es angebracht ist, einem
       vermeintlichen Mörder solch ein Forum für seine Ansichten zu geben. Der
       Journalismusprofessor Roy Greenslade gibt in seinem [3][Blog] dazu eine
       klare Antwort: „Ja.“ Die Zeitungen und Sender hätten einfach dämlich
       ausgesehen, wenn sie etwas, das eh schon in der Welt gewesen sei, ignoriert
       hätten.
       
       Unter den Briten scheint diese Klarheit nicht vorzuherrschen: Bei einer
       [4][Umfrage des britischen Media Blog] sagten 56 Prozent der 1136
       Teilnehmerinnen und Teilnehmer „Nein“, die Zeitungen hätten den „Woolwich
       attacker“ nicht auf ihren Frontseiten zeigen sollen. 36 Prozent hielten die
       Veröffentlichungen für richtig, acht Prozent waren unentschlossen.
       
       Erstaunlich ist, dass sich auch Sky News für ein „Nein“ entschied und das
       Video nicht ausstrahlte. Der 24-Stunden-Nachrichtensender gehört zum
       Medienimperium von Rupert Murdoch, dessen Blätter The Sun und die nach
       einem Abhörskandal eingestellte News of the World eher nicht zu den
       zurückhaltenden zählen. „Wir glaubten, dass es unnötig besorgniserregend
       sei“, sagte der verantwortliche Sky-News-Redakteur John McAndrew gegenüber
       der [5][„Press Gazette“].
       
       Sky News stand mit dieser Entscheidung recht allein – auf einem auch am
       Freitag sehr geschlossenen Medienmarkt: Da zeigten fast alle Zeitungen ein
       altes Foto des Opfers in Uniform auf Seite eins.
       
       24 May 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Nach-dem-Mord-in-London-/!116766/
 (DIR) [2] http://www.guardian.co.uk/media/2013/may/23/woolwich-attack-video-tv-complaints
 (DIR) [3] http://www.guardian.co.uk/media/greenslade/2013/may/23/woolwich-attack-national-newspapers
 (DIR) [4] http://themediablog.typepad.com/
 (DIR) [5] http://www.pressgazette.co.uk/sun-and-itv-defend-public-interest-broadcasting-woolwich-terror-video-which-sky-news-judged-too
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürn Kruse
       
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