# taz.de -- Kleine weiße Bälle: Zelluloid-Fieber in Bremen
       
       > Erst eine Senioren-EM, dann ein Endspiel mit Werder-Beteiligung und
       > zwischen drin Weltmeister – Bremen zeigt sich als norddeutsche
       > Tischtennis-Hochburg.
       
 (IMG) Bild: Der aktuell beste Bundesligaspieler? Werder Bremens Taiwanese Chih-Yuan Chuang.
       
       BREMEN taz | Bei Magic-Tischtennis am Rande der Östlichen Vorstadt in
       Bremen herrscht Samstagvormittag Hochbetrieb. Es sind nicht die ganz jungen
       Sportler, die hier heute nach einem neuen Schläger oder einem neuen Belag
       suchen. „Es sind schon viele Teilnehmer der Senioren-EM in der Stadt“,
       erklärt Mitinhaber Sascha Greber und begrüßt einen neuen Kunden. „Ich hab
       mir an meinem Schläger die Kante abgeschlagen“, sagt Stefan Dörr-Kling, der
       in Altersklasse Ü 40 im Einzel- und Doppel antreten wird. Sofort beginnt
       eine Fachsimpelei unter den Kunden darüber, wie streng wohl die
       Schlägerkontrollen ausfallen werden.
       
       ## Ehrgeizig trotz neuem Hüftgelenk
       
       Ab Montagmorgen treten an 130 Tischen in der Messehalle 5 und in der
       ÖVB-Arena fast 2.900 Teilnehmer in den acht Altersklassen bei den Damen und
       Herren zwischen 40 und 85 Jahren an – das ist neuer Teilnehmerrekord für
       diesen Wettbewerb, der seit 1995 alle zwei Jahre ausgetragen wird. „Die
       Atmosphäre unter den Sportlern ist immer sehr freundschaftlich“, sagt
       Dörr-Kling, „auch wenn der Ehrgeiz immer noch immens ist. Neue Knie- und
       Hüftgelenke stellen keine Hindernisse dar.“ Unter den Teilnehmern befinden
       sich neben Hobby- und Amateursportlern auch ehemalige Weltmeister wie der
       Schwede Mikael Appelgren oder der Deutsche Steffen Fetzner.
       
       So groß die Vorfreude ist – als Beisitzer im Vorstand der Abteilung
       Tischtennis von Werder Bremen fiebert Dörr-Kling einem anderen Ereignis
       noch mehr entgegen. Am kommenden Sonntag steht Werder in Frankfurt im
       Endspiel um die deutsche Mannschaftsmeisterschaft gegen Liebherr
       Ochsenhausen. Die Bremer, die erst seit 2007 erstklassig sind, hatten im
       Halbfinale sensationell den Rekordmeister Borussia Düsseldorf um die
       deutschen Spitzenspieler Timo Boll und Patrick Baum ausgeschaltet.
       
       „Wir haben aus unseren Möglichkeiten sehr viel gemacht, denn finanziell
       sind wir immer noch Underdog“, sagt Sascha Greber, der seit 13 Jahren
       Teamchef der 1. Herrenmannschaft ist. Jahrzehntelang ein solider
       Zweitligist, wurden 2003 mit der Eingliederung der Mannschaft in die Werder
       Bremen GmbH & Co. KGaA die organisatorischen Voraussetzungen für die
       Professionalisierung geschaffen.
       
       „Die Rahmenbedingungen haben sich immer weiter verbessert und in der neuen
       Halle haben wir hervorragende Trainingsbedingungen“, sagt Greber, der sich
       über die hohe Wertschätzung seines Sports im Werder-Präsidium freut. „Ich
       kann mir keinen besseren Präsidenten als Klaus-Dieter Fischer vorstellen,
       er hat auch in schwierigen Zeiten zu uns gehalten.“
       
       So ist um die Weltklassespieler Chih-Yuan Chuang und Adrian Crisan eine
       zwölfköpfige Trainingsgruppe entstanden, die es den Spielern erlaubt,
       jederzeit auf absolutem Topniveau zu trainieren. „Vor vier Jahren hätten
       wir einen Spieler wie Chuang noch nicht zu Werder holen können“, so Greber.
       
       Die verbesserten Bedingungen kommen nicht nur den Profis zugute. „2009
       haben wir unsere Jugendarbeit neu strukturiert“, erläutert Dörr-Kling. Im
       Augenblick arbeiten sechs Trainer mit 120 Kindern und Jugendlichen. „Es ist
       ein schönes Bild, wenn 60 Kinder in der Halle sind und mittendrin unsere
       Bundesliga-Spieler. Wir wollen bodenständig bleiben.“
       
       ## Weltmeister beim Jugendtraining
       
       Seit gut einer Woche trainiert der Werder-Nachwuchs sogar neben einem
       amtierenden Weltmeister. Der Taiwanese Chuang wurde in Paris Weltmeister im
       Doppel und besiegte dabei mit seinem Partner das hoch favorisierte
       chinesische Paar. „Das ist sensationell“, sagt Greber und hofft auf
       Rückenwind für das Finale. „Er hat gleich danach gesagt, dass ihn das fürs
       Finale in Frankfurt zusätzlich motiviert. Ich glaube, dass wir mit Chuang
       den aktuell besten Bundesliga-Spieler in unseren Reihen haben.“
       
       Dem widerspricht auch sein Mitinhaber Christian Tamas nicht, der gerade ins
       Geschäft kommt. Der Trainer der 1. Herrenmannschaft sieht die Aussichten
       für das Finale 50:50. „Es wird darauf ankommen, wer unter dem Druck an dem
       Tag sein Potenzial besser ausschöpft.“ Angeführt von Aufsichtsratschef
       Willi Lemke und Präsident Klaus-Dieter Fischer werden zahlreiche Bremer mit
       nach Frankfurt reisen.
       
       Druck verspürt Stefan Dörr-Kling vor seinem ersten Ballwechsel bei der
       Senioren-EM nicht. Aber er hofft auf hochkarätige Gegner: „Das wäre
       natürlich toll, mal gegen einen Mikael Appelgren oder Steffen Fetzner zu
       spielen, auch wenn ich da keine Chance hätte.“
       
       26 May 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Lorenzen
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA