# taz.de -- Kirchliche Arbeitswelt: Tarifliches Neuland
       
       > Diakonie und Ver.di in Niedersachsen haben erstmals eine
       > Tarifvereinbarung getroffen. Auf lange Sicht soll das Lohndumping im
       > Sozial- und Gesundheitswesen enden.
       
 (IMG) Bild: Wettbewerb durch schlechte Bezahlung: Altenpflege.
       
       Die niedersächsische Diakonie und die Gewerkschaft Ver.di wollen dem
       Lohndumping im Sozial- und Gesundheitswesen ein Ende bereiten. Gemeinsam
       wollen sie dafür sorgen, dass es bis zum Jahr 2020 in Niedersachsen einen
       allgemeinverbindlichen Tarifvertrag gibt. Die Voraussetzung dafür war, dass
       die Diakonie vom Sonderweg des kirchlichen Arbeitsrechts abwich. Soweit
       sind ihre katholischen Glaubensbrüder vom Caritasverband noch nicht.
       
       In der vergangenen Woche hatten Diakonie und Ver.di eine Tarifvereinbarung
       für die 30.000 Beschäftigten der niedersächsischen Diakonie unterzeichnet.
       „Das hat es bei der Kirche noch nie gegeben“, sagte der Vorsitzende des
       Diakonischen Dienstgeberverbandes Niedersachsen, Hans-Peter Hoppe. Demnach
       verzichtet die Diakonie darauf, die Löhne und Arbeitsbedingungen in
       paritätisch besetzten Kommissionen auszuhandeln – ein Verfahren, auf das
       die Kirchen und ihre karitativen Werke nach wie vor pochen.
       
       Sie verweisen dabei auf ihre verfassungsrechtlich garantierte Sonderrolle.
       Alle, die bei der Kirche arbeiteten – Chefs wie einfache Mitarbeiter –
       täten Dienst am Glauben. Konfrontative Lohnaushandlung passe nicht zum
       Selbstverständnis der Kirche und ihrer Organisationen. Weshalb die jetzt
       getroffene Tarifvereinbarung die Frage des Streikrechts ausklammert.
       
       Vertreter der Arbeitnehmerschaft werfen der Kirche vor, sie missbrauche
       ihre Sonderrechte, um Lohndumping zu betreiben. Die Kirche behauptet, sie
       bezahle ihre Mitarbeiter in der Regel sogar besser als der öffentliche
       Dienst, räumt aber Ausnahmen ein – in Fällen, in denen die private
       Konkurrenz ihr keine Wahl lasse.
       
       Derzeit gibt es keinen einheitlichen Tarifvertrag für die Sozial- und
       Gesundheitsbranche in Niedersachsen. Stattdessen gebe es mehr als 500
       einzelne Verträge im Land, sagt Ver.di-Sprecher Ulf Birch. Quasi jeder
       Betrieb bezahlt seine Beschäftigten anders, so dass die Altenheime und
       Krankenhäuser über die Lohnkosten miteinander konkurrieren.
       
       Die neue Vereinbarung mit der Diakonie sei „der erste Meilenstein auf
       diesem Weg“, sagt Birch. Ziel sei es, mehr als die Hälfte der 425.000
       Beschäftigten im niedersächsischen Sozial- und Gesundheitswesen
       tarifvertraglich zu binden. Dann könnte dieser Tarifvertrag für
       allgemeinverbindlich erklärt werden. Eine Konkurrenz durch Billiglöhne wäre
       nicht mehr möglich.
       
       Ob sich der katholische Caritas-Verband jetzt bewegen wird, ist ungewiss.
       „Wir wollen an der Festlegung von Löhnen nach dem kirchlichen Arbeitsrecht
       festhalten“, erklärte Theo Paul, Generalvikar von Osnabrück, einem der drei
       niedersächsischen Bistümer, im Februar dieses Jahres. Zugleich forderte er
       einen Mindestlohn für Pflegeberufe. Wie der Paritätische Wohlfahrtsverband
       als konfessionsloser Anbieter zu dem Thema steht, war gestern nicht zu
       eruieren.
       
       28 May 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gernot Knödler
       
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