# taz.de -- Leben am Minimum: Ohne fließend Wasser
       
       > Die Linkspartei fordert: Hamburg Wasser soll seinen säumigen Kunden nicht
       > weiter den Hahn abdrehen dürfen. Das macht das Unternehmen relativ
       > häufig.
       
 (IMG) Bild: Der letzte Tropfen? Wer nicht zahlt, bekommt kein Wasser.
       
       Es ist ein Alltagsproblem geworden: Menschen, die ihre Rechnung und
       Mahnungen nicht bezahlt haben, wird das Wasser abgestellt. Fast 1.000
       Haushalten ist vom 1. Januar 2012 bis zum 30. April dieses Jahres der
       Wasserhahn zugedreht worden. Doch der SPD-Senat hat keine Position zum
       Vorgehen des städtischen Unternehmens Hamburg Wasser in solchen Fällen,
       erfuhr jetzt die Linkspartei auf ihre Anfrage zum Thema. Die Antwort fiel
       kurz aus: „Der Senat hat sich hiermit nicht befasst“.
       
       Die Linkspartei hat deshalb einen Antrag in die Bürgerschaft eingebracht.
       Sie fordert, dass diese Praxis der Wassersperrungen sofort eingestellt wird
       und ein Konzept zur Unterstützung von Menschen entwickelt wird, die ihre
       Wasserrechnungen nicht bezahlen könnten.
       
       Um auf das Problem aufmerksam zu machen, organisierte die Linkspartei am
       Dienstag vor dem Kundenzentrum am Ballindamm eine Protestaktion: Ein Akteur
       musste in der Badewanne im Trockenen den Versuch unternehmen, sich mit viel
       Badeschaum zu reinigen, was misslang. Erst als ein traditioneller „Hummel
       Hummel“-Wasserträger vorbeikam und ihm aus seinen beiden Eimern Wasser
       brachte, gelang die Reinigung. Für den Hamburger
       Linkspartei-Bundestagsabgeordneten Jan van Aken ist Hamburg Wasser-Praxis,
       bei Zahlungsrückständen den Wasserhahn abzudrehen, ein Unding. „Wasser ist
       ein Menschenrecht, für das wir uns weltweit einsetzen, für mich ist es
       unfassbar, dass es selbst in Hamburg noch nicht durchgesetzt ist2, sagte
       van Aken im Anschluss an die Aktion. „Hamburg Wasser macht Millionengewinne
       und dreht trotzdem Menschen wegen ein paar Euro den Hahn ab.“ So seien in
       den letzten fünf Jahren 4.294 Haushalten das Wasser abgedreht worden, wovon
       10.000 Menschen betroffen gewesen seien. Meistens seien Menschen mit
       geringen Einkommen betroffen, fügte die sozialpolitische Sprecherin der
       Bürgerschaftsfraktion, Cansur Özdemir hinzu. „Steigende Mieten, erhöhte
       Strompreise, explodierenden Heizkosten führten zu immer mehr Wasser-, Strom
       und Gasabsperrungen, Zwangsumzügen und Obdachlosigkeit.“
       
       Skrupellosigkeit möchte der Sprecher von Hamburg Wasser, Matthias Sobottka
       nicht im Raum stehen lassen. Er verweist darauf, dass im vorigen Jahr
       185.000 Haushalte in Zahlungsrückstand geraten seien. Dann gebe es
       Mahnungen und Abstellankündigungen, wozu Hamburg Wasser im Rahmen einer
       bundesweiten Rechtsverordnung verpflichtet sei. „In den meisten Fälle werde
       gezahlt.“ Und da die Mehrzahl der Absperrungen Wohnungen beträfe, würde die
       Prozedur ohnehin mehrere Monate dauern, bevor es per Gerichtsvollzieher zu
       dieser Maßnahme käme, sagt Sobottka. „In Einzelfällen wird auch auf die
       Absperrung verzichtet“, sagt Sobottka. Er verweist aber auf eine
       Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, das ein Unternehmen nicht
       abwägen muss, „da die Wahrnehmung sozialer Fürsorgemaßnahmen eine Aufgabe
       der Sozialverwaltung und nicht eines Wasserversorgungsunternehmens ist“, so
       das Gericht.
       
       Özdemir forder vom SPD-Senat eine politische Entscheidung: „Besonders
       schutzbedürftige Personengruppen wie Familien mit Kindern oder älteren
       chronisch kranken Menschen darf das Wasser nicht abgeschaltet werden“, sagt
       Özdemir. „Die Wasserwerke sollten ein sozial-ökologisches Sockeltarifmodell
       einrichten, um ein Grundkontingent an Wasser für Privathaushalte
       sicherzustellen.“
       
       28 May 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kai von Appen
       
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