# taz.de -- Handball: Helden zum Anfassen
       
       > Der TSV Hannover-Burgdorf ist in der Rolle des Außenseiters in der
       > Bundesliga aufgeblüht: Das Team beendet die Saison auf einem
       > sensationellen sechsten Platz.
       
 (IMG) Bild: Als eher unbekannter Trainer hat er Erstaunliches ermöglicht: Trainer Christopher Nordmeyer.
       
       Morten Olsens Foul in der allerletzten Sekunde des Heimspiels gegen die
       Füchse Berlin hatte unangenehme Folgen: Rote Karte gegen Olsen, Siebenmeter
       für Ilker Romero, Tor zum 31:30 (11:14)-Erfolg für den starken Gast – es
       gibt schönere Abgänge aus der Handball-Bundesliga. Dementsprechend traurig
       schaute Olsen nach dem Spiel. Dennoch: „Das waren drei wirklich schöne
       Jahre“, sagte Olsen, der treffsichere Däne im Team der TSV
       Hannover-Burgdorf, der den Verein in Richtung Frankreich verlässt.
       
       Aber natürlich gab es niemanden, der Olsen an diesem Tag böse gewesen wäre.
       Denn der Regisseur, der zu St. Raphael Var Handball wechselt, besitzt einen
       wesentlichen Anteil am Karrieresprung der TSV Hannover-Burgdorf.
       
       In der Endabrechnung der Handball-Bundesliga, die sich das weltweit höchste
       Niveau im bezahlten Handball attestiert, gehören sie zu den großen
       Gewinnern der am Samstag beendeten Saison. „Mich macht das einfach nur
       stolz“, sagt Christopher Nordmeyer, der lange Zeit selbst Spieler dieses
       Vereins war und als eher unbekannter Trainer Erstaunliches ermöglicht hat:
       Hannover-Burgdorf beendet die Saison auf Tabellenplatz sechs und hat die
       Qualifikationsrunde zum EHF-Cup erreicht – vier Jahre nach ihrem Aufstieg
       in die 1. Liga dürfen die Hannoveraner künftig auch international
       mitmischen.
       
       „Wir wissen noch nicht, was da auf uns zukommt. Aber wir freuen uns über
       diese Belohnung“, sagt Geschäftsführer Benjamin Chatton. Gemeinsam mit
       Nordmeyer findet er die richtige Mischung aus günstigen und
       leistungswilligen Profis. Der Däne Olson, der zu den treffsichersten
       Angreifern der Liga zählte, war einer von ihnen. Er wird künftig in der
       Ferne deutlich mehr Geld als bisher verdienen.
       
       Der Saisonkehraus vor 4.250 Zuschauern in der ausverkauften
       Stadionsporthalle erklärte beispielhaft, warum dieser minimalistisch
       geprägte Verein so erfolgreich ist. Als Olsen und vier weitere Spieler
       verabschiedet wurden, waren sie im Innenraum von einem Meer aus Fans
       umgeben.
       
       Die Profis der TSV Hannover-Burgdorf bleiben Helden zum Anfassen. Und sie
       sind in der Rolle des Außenseiters, der seit dem Aufstieg in die 1. Liga
       ständig um den Klassenerhalt kämpfen musste, regelrecht aufgeblüht. „Dass
       wir jetzt sogar international spielen, ist unfassbar. Langfristig wird das
       Ziel sein, sich unter den zehn Besten der Liga zu etablieren“, meint
       Kapitän Jan-Fiete Buschmann.
       
       Der Sprung vom Burgdorfer Dorfverein zum deutschen Spitzenklub ist im Blick
       zurück zunächst einer guten Jugendarbeit, dann vielen klugen
       Personalentscheidungen, später dem Umzug nach Hannover und zuletzt vor
       allem der Finanzkraft eines veterinär-pharmazeutischen Unternehmens zu
       verdanken. Ein in den Handball vernarrter Firmenchef schaffte die monetäre
       Grundlage dafür, dass die TSV Hannover-Burgdorf im Schatten von König
       Fußball wächst und gedeiht. Vielleicht hat Martin Kind, der mächtige
       Präsident des Fußball-Erstligisten Hannover 96, am Samstag auch deshalb
       vorbeigeschaut, weil er wissen wollte, wer sich als zweite Kraft in der
       Stadt gleich neben „seinem“ Stadion etabliert.
       
       Es hat sich herumgesprochen, dass diese Handballer durchaus einen Besuch
       wert sind und von Oktober vergangenen Jahres bis zum letzten Spieltag kein
       Heimspiel mehr verloren haben. „Dank des Erfolges wird die Qualität unserer
       Neuzugänge steigen. Wir können jetzt andere Kategorien von Spielern
       ansprechen“, versichert TSV-Trainer Nordmeyer und ist fest entschlossen,
       das Erreichte als Ansporn für noch mehr zu begreifen.
       
       Die erhofften Reisen quer durch Europa, auf die sich im EHF-Cup alle
       freuen, dürften anstrengend werden und mehr Geld kosten, als sie
       einspielen. Chatton sagt: „Wer im richtigen Leben eine Party schmeißt, muss
       auch erst mal Geld ausgeben und weiß nicht, wie viel Spaß am Ende dabei
       herauskommt.“
       
       9 Jun 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Otto
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA