# taz.de -- Kolumne Über Ball und die Welt: Für die tägliche Papstvisite
       
       > Das WM-Stadion in Kapstadt verursacht nur Kosten und nutzt niemandem
       > etwas. Abhilfe könnten nur ständige Großevents schaffen.
       
 (IMG) Bild: Geschätzte 280 Millionen Euro kostete dieser Prestige-Klotz.
       
       Wohin mit einem Stadion, wenn man’s nicht mehr braucht? Dies ist eine
       Frage, die man sich derzeit auch in Kapstadt stellt. Das schöne Stadion der
       WM 2010 in Südafrika macht nämlich ziemlich viel Miese. „Wir suchen nach
       einem Hauptmieter aus einer möglichst großen Sportart“, sagt Grant Pascoe,
       „also Rugby.“
       
       Pascoe ist zuständiger Stadtrat, und er hat noch andere Ideen. „Wir schauen
       auch, ob nicht einige Nightclubs in diesem Bereich untergebracht werden
       können, was die Kosten für das Stadion senken würde.“ Das Stadion ist
       teuer. Die Spiele der Heimmannschaft Ajax Cape Town bringen nicht genügend,
       und ein Justin-Bieber-Konzert war zwar ausverkauft, aber der kommt ja nicht
       jede Woche.
       
       In Kapstadt gibt es aber auch noch das Newlands-Stadion, in dem die Western
       Stormers spielen, ein Rugbyteam in einem Rugbystadion also, aber auch Ajax
       Cape Town hat dort eine Weile seine Heimspiele ausgetragen. Das Newlands
       ist mit über 50.000 Plätzen nicht gerade klein, und es hat als
       drittältestes Rugbystadion der Welt, eingeweiht 1890, auch so etwas wie
       eine Tradition.
       
       Die Sportwelt in Kapstadt wäre also eigentlich schön, wenn da nicht vor
       drei Jahren eine Fußball-WM stattgefunden hätte. Aber es musste ja
       unbedingt eine moderne Arena her, und zwar eine, die nicht nur aus billigem
       Waschbeton, versifften Männerklos, nach Billigfett stinkenden Pommesbuden
       und dem von einer Leichtathletiklaufbahn verlängerten Blick auf den Rasen
       geprägt ist. Mit solchen Siebzigerjahrebauten hätte Südafrika nämlich die
       WM, die mittlerweile ja „Fifa-Fußball-Weltmeisterschaft Südafrika 2010“
       heißt, nie bekommen.
       
       Dass die Businessgruppe, die sich Fifa nennt, gerne Geld mit dem Event
       verdient, an dem sie die Rechte hält – geschenkt. Geschenkt: ein Wort, das,
       nebenbei gesprochen, die Kosten, die der Fifa beim Besitz und der
       Verwaltung ihres Events entstehen, recht genau umschreiben dürfte.
       
       ## Traum von der Win-win-Situation
       
       Und auch, warum der südafrikanische Staat, vertreten durch die
       Zentralregierung und die Stadtverwaltung von Kapstadt, für geschätzte und
       gewiss anderswo mehr benötigte 280 Millionen Euro diesen Klotz hingestellt
       hat, lässt sich nachvollziehen. Sein Land, so denkt der Staat, soll bekannt
       werden, in gutem Licht erstrahlen, attraktiv für Investoren werden,
       attraktiver zumindest als die umliegenden Länder, und die erste
       Fußball-Weltmeisterschaft auf afrikanischem Boden war da gewiss nicht die
       schlechteste Idee.
       
       Kurz gesagt: Die einen wollen Geld machen, und die anderen hoffen, damit
       Geld machen zu können. Auf den ersten Blick eine Win-win-Situation. Nur
       wenige Wochen nach dem Ereignis allerdings offenbart sich eine andere
       Perspektive. Ein leeres und Kosten verursachendes Stadion etwa, das für so
       schöne Dinge wie Schulsportfeste oder Leichtathletik-Kreismeisterschaften
       rein gar nicht zu gebrauchen ist.
       
       Seit die Stadien nicht mehr von Sportämtern der Kommunen verwaltet werden,
       bei denen es zum Standard gehört, dass der Platzwart nicht auffindbar ist,
       wenn die Vereinsjugendlichen am Tor stehen und zum Training wollen, hat
       sich der Sport massiv verändert.
       
       ## Schlechte Industriepolitik
       
       Nun kommt der Mensch, der den Schlüssel fürs Stadiontor hat, von der
       Security-Firma, ist schon vor den Jugendlichen da, die reinwollen, macht
       ihnen aber nicht auf, weil, um es in Businesssprech zu formulieren, die
       Arena nur für Events da ist, die sich rechnen. Das Stadion selbst rechnet
       sich so gut wie nie, es sei denn, es finden täglich Rolling-Stones-,
       Papst-, Justin-Bieber- oder Madonna-Auftritte oder, wie in der Arena Auf
       Schalke, Biathlon-Weltcups statt.
       
       Was die öffentliche Hand mit ihren modernen Stadionbauten veranstaltet, ist
       nicht mehr, was sie früher tat, als beim Bau sogar noch an den Wassergraben
       für die Hindernisläufer gedacht werden musste. Es ist keine Sportförderung
       mehr, sondern schlechte und kurzsichtige Industriepolitik – ein Phänomen,
       das nicht auf Südafrika begrenzt ist. „Wir hoffen ja auf den Durchbruch,
       den Break even“, sagt Stadtrat Pascoe aus Kapstadt. „Aber wir wären schon
       froh, wenn jemand 5 Prozent der Betriebskosten übernähme.“ Die erhofften 5
       Prozent dürften massiv übertrieben sein.
       
       13 Jun 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Krauss
       
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