# taz.de -- Energie: Wind für den Hausgebrauch
       
       > Be smart, think small: Auch in Sachen Windkraft beginnt endlich ein
       > Umdenken hin zu kleineren Dimensionen. In Bremerhaven gibt es dazu nun
       > ein Pilotprojekt
       
 (IMG) Bild: Können sogar richtig schick sein: Hauswindräder
       
       In Bremerhaven-Wulsdorf wird Windgeschichte geschrieben. Nicht wegen der
       großen Flächen für die Offshore-Industrie, die die
       Wirtschaftsfördergesellschaft BIS derzeit dort herrichtet – ungeachtet der
       Warnungen des Umweltbundesamtes, das sich gerade für einen Förderstopp für
       Hochsee-Windräder starkmacht. Nein: In Wulsdorf ist es deswegen spannend,
       weil dort nun der professionellen Nutzung von Kleinwindkraftanlagen der
       Boden bereitet wird.
       
       Im Gegensatz zu den immer höher aus dem Boden schießenden Windspargeln mit
       riesigen Rotoren geht es hier um Anlagen mit einer Leistung von bis zu fünf
       Kilowatt, die auf Dächern oder sogar Balkons installiert werden können. Auf
       dem Dachfirst der Thunstraße 58 hat nun ein zweijähriges Forschungsprojekt
       begonnen, das die potenzielle Wirtschaftlichkeit solcher Anlagen
       berechenbar machen soll.
       
       Denn: Kleinwindkraftanlagen sind zwar deutlich im Aufwind, haben den
       Hobby-Status aber noch nicht wirklich hinter sich gelassen. „Da ist noch
       sehr viel Idealismus dabei“, sagt eine Branchen-Kennerin. Die bislang
       bundesweit einmalige Messreihe in Wulsdorf soll nun die Rahmenbedingungen
       klären, unter denen Kleinwindkraftanlagen ökonomisch Sinn machen. Henry
       Seifert vom Institut für Windenergie der Hochschule Bremerhaven verweist
       vor allem auf die Strömungs-Turbulenzen in dicht bebauten Gebieten, die
       deutlich windmindernd wirken. Die Städtische Wohnungsgesellschaft als
       Auftraggeberin wiederum will auch die Faktoren Schallentwicklung und
       Schattenwurf beforschen lassen.
       
       Die in Wulsdorf geplante Pilotanlage besteht aus drei jeweils etwa drei
       Meter hohen, aufrecht stehenden Turbinenpaaren, die auf dem First eines
       fünfstöckigen Wohnhauses montiert werden sollen. In Sachen Lärmemission
       gelten allerdings Anlagen mit senkrecht stehender Achse als geräuschärmer –
       zudem sind sie unabhängig von der Windrichtung. Das derzeit immer häufiger
       zu beobachtende WG 100-Windrad mit seinem typischen, zweieinhalb Meter in
       die Höhe ragendem Helixsegel emittiert bei einer Windstärke von acht Metern
       pro Sekunde – eine „frische Brise“ – ganze 22 Dezibel, direkt am Generator.
       Das liegt knapp über dem Ticken einer Armbanduhr.
       
       Der bei solchen Windverhältnissen erzielten Leistung von 1,3 Kilowatt
       stehen, je nach Dachverhältnissen, Investitionen von zehn bis 12.000 Euro
       gegenüber. Unter norddeutschen Windverhältnissen kann damit der
       durchschnittliche Jahresstromverbrauch eines Vierpersonen-Haushaltes
       gedeckt werden.
       
       Dennoch ist es keine Frage: Photovoltaik ist deutlich lukrativer. Wegen des
       technischen Entwicklungsvorsprungs, wegen der ungleich umfangreicheren
       Erfahrungswerte, aber auch, weil die Einspeisung von nicht selbst
       verbrauchter Energie ins öffentliche Stromnetz bei Photovoltaik mit 20 Cent
       pro Kilowattstunde vergütet wird, bei Wind hingegen nur mit acht Cent.
       
       Insgesamt gilt: „Wir stehen mit den Mini-Windkraftwerken ungefähr da, wo
       wir mit der Photovoltaik vor 15 Jahren standen“, sagt ein
       Turbinenproduzent. Zu den Entwicklungsdefiziten zählt auch die
       Speicherfrage: Viele Hersteller bieten zu ihren Anlagen schlicht
       LKW-Batterien an, mangels kapazitätsstärkerer Alternativen.
       
       Zahlen über bereits installierte Mini-Windkraftwerke in Bremen liegen im
       Umweltressort nicht vor. Im Gegensatz zu Bundesländern wie Bayern ist die
       Errichtung in Bremen genehmigungspflichtig, im Rahmen des Baurechts aber
       ohne spezielle Auflagen möglich. Das Wulsdofer Pilotprojekt wird vom Land
       mit 60.000 Euro gefördert.
       
       13 Jun 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Henning Bleyl
       
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