# taz.de -- Berichterstattung des Obama-Besuchs: Bloß nicht abreißen lassen
       
       > Phoenix hat den Besuch von US-Präsident Obama in Berlin live begleitet.
       > Eine Langstreckendistanz mit Zwischensprints und schweren Anstiegen.
       
 (IMG) Bild: Phoenix war vom ersten Türöffnen an live mit dabei.
       
       BERLIN taz | Die Übertragung eines Staatsbesuches von US-Präsident Barack
       Obama in Berlin auf [1][Phoenix] ähnelt auf erstaunliche Weise der
       Berichterstattung über eine Tour-de-France-Etappe. Dramaturgie und Länge
       sind fast gleich.
       
       Am Morgen kommt die Übertragung nur langsam aus den Puschen – leichtes
       Einrollen zu Beginn. Der Moderator stellt seine Experten und das
       Streckenprofil vor, das der amerikanische Präsident in den nächsten Stunden
       absolvieren wird. Es gibt immer wieder Einspieler und längere
       Dokumentationen. Gregor Gysi ist für die Kritik verantwortlich – erst vom
       Band, später auch live. Es wird die erste entscheidende Frage geklärt: „Was
       hat Obama gedacht, als er bei seiner Begrüßung Westerwelle am Ende der
       Treppe sah“?
       
       Es folgt eine Schalte zum „Obama-Teamhotel“ am Potsdamer Platz. Der
       Reporter vor Ort wird gefragt, wer, wann, wo, wie aufgestanden ist und
       warum es Blutkonserven in der Präsidentenlimousine „The Beast“ geben
       könnte. Bei der Tour wüsste man sofort, was mit diesen Beuteln anzufangen
       ist. Damit der Zuschauer trotz dieser ersten Belanglosigkeiten nicht aus
       der Spur kommt, braucht es einen narrativen Überbau.
       
       Phoenix entscheidet sich 50 Jahre nach dem prägenden Kennedy-Besuch für den
       Komplex der deutsch-amerikanischen Freundschaft. Und so vergehen keine fünf
       Minuten ohne Kennedys „Ish bin ein Beerleener“. Ununterbrochen fliegen die
       Rosinenbomber. Die mit ordentlich Pathos beladene Geschichte der ehemaligen
       Grenzstadt läuft in der Endlosschleife.
       
       Wieder und wieder wird erzählt, warum diese Etappe von so großer Bedeutung
       ist. Obama ist, so der Tenor, der legitime Nachfolger Kennedys. Deswegen
       ist diese Berichterstattung ein Muss. Das Ziel selbst, das gleichzeitig
       Etappenhöhepunkt ist, steht schon lange fest: Obamas Rede auf dem Pariser
       Platz. Es ist der Col du Tourmalet, der Überberg der Frankreich-Rundfahrt,
       der diesjährigen Ansprachen – die Chance, mögliche weltpolitische
       Umwälzungen und rhetorische Höchstleistungen mitzuerleben.
       
       ## Wer führt das Feld an?
       
       Zwischensprints, wie es sie auch auf Tour gibt, braucht die
       Berichterstattung auch: Obamas Besuche beim Bundespräsidenten und im
       Kanzleramt sowie die Stippvisiten seiner Familie am Checkpoint Charlie und
       anderswo eignen sich hervorragend. Sie verleihen der Übertragung Struktur.
       
       Auch für Spannung sorgen sie, denn es ist nicht immer klar, ob die
       Live-Bilder, die von vor Ort kommen, auch brauchbar sind. So verschwinden
       Michelle Obama und ihre Töchter bei ihrem Besuch am Holocaust-Mahnmal im
       nicht einzusehenden Schatten. Der Phoenix-Kommentar folgt unmittelbar: „Das
       haben sie ja schlau gemacht“. Sind einige Übertragungsstunden ins Land
       gezogen, bedarf es wie im Radsport Rückblenden, die Geschehenes
       nacherzählen und die neu hinzugekommenen Zuschauer auf den aktuellsten
       Stand bringen. Wer führt das Feld an? Wer musste abreißen lassen? Wem ist
       auf halber Strecke die Puste ausgegangen und wer hat sich gänzlich
       blamiert?
       
       Bundespräsident Gauck schien während Obamas Besuch als erster zu
       schwächeln. Während der Hymnen schloss er lange die Augen. Zum Glück war er
       nicht erschöpft, sondern gerührt. Fehlalarm. Gestürzt ist die Kapitänin des
       deutschen Teams, Frau Merkel, als sie sagte, dass das Internet für alle
       [2][//www.taz.de/Reaktionen-auf-Internet-Bemerkung/!118398/:„Neuland“] sei.
       Und wenn alle Vorberichte und Wiederholungen zigfach gesendet sind, dann
       folgt die Krönung der Etappe. Dann kommt der letzte Akt, die große Rede,
       der letzte schwere Anstieg.
       
       Es ist die Belohnung für all diejenigen, die tapfer durchgehalten, die die
       gesamte Vorgeschichte minutiös verfolgt haben. Für die, die jetzt wissen,
       dass der Tisch mit dem Gästebuch normalerweise im Eingangsbereich des
       Schloss´ Bellevues steht. Erst um 15 Uhr bei ARD und ZDF einschalten, das
       kann doch jeder. Dann beginnt Obama seine Rede – mit leichter Verspätung
       wie die Kommentatoren bemerken. Immer wieder haben sie die Zeit genommen.
       Wie viel Abstand hat Obama auf sich selbst? Wie verzweifelt ist der
       Zermonienmeister? Reicht es für das Gelbe Trikot?
       
       Der US-Präsident ist charismatisch und charmant wie eh und je. Mit seiner
       Rhetorik lässt er alle stehen. Dabei erinnert er an Lance Armstrong. Der
       hat auch immer den Leuten genau das erzählt, was sie hören wollten: „Nein
       ,ich habe nicht gedopt!“ Dann folgt die Nachbesprechung: Experten,
       Einspieler, Schalten. Das Gesagte wird analysiert und auf die Bedeutung für
       das Morgen abgeklopft. Die Berichterstattung plätschert dahin, es ist
       nichts mehr zu erwarten. Die Luft ist raus.
       
       20 Jun 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.phoenix.de/content/phoenix/start
 (DIR) [2] http://https
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Fleige
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Barack Obama
 (DIR) TV
 (DIR) Fernsehen
 (DIR) Barack Obama
 (DIR) Barack Obama
 (DIR) Barack Obama
 (DIR) Barack Obama
 (DIR) Schwerpunkt Angela Merkel
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Antwort auf Obamas Rede: Seien Sie mutiger, Herr Präsident
       
       Mit Spannung erwartet, hat Barack Obama am Mittwoch in Berlin eine hübsche
       Rede gehalten. Wir hätten gerne etwas mehr gehört. Eine Replik.
       
 (DIR) Kommentar Barack Obama: Auf Partnersuche in Berlin
       
       Der US-Präsident sprach vieles an. Zumeist lieferte er jedoch nur Phrasen
       und leere Hülsen. Einzig das Signal zum Abbau der US-Atomwaffen verdient
       Respekt.
       
 (DIR) US-Präsident Obama spricht in Berlin: „Etwas informeller sein“
       
       In Berlin geben sich Bundeskanzlerin Merkel und US-Präsident Obama betont
       informell. Obamas Rede zündet nicht.
       
 (DIR) Obama in Berlin: Zwei genervte Teenager
       
       Warum sich Sasha und Malia Obama sichtlich gelangweilt haben bei ihrem
       Programm in der deutschen Hauptstadt. Ein paar Tipps von Mutter zu Mutter.
       
 (DIR) Reaktionen auf Internet-Bemerkung: Merkel und ihr Neuschland
       
       Für Angela Merkel ist das Internet „Neuland“. Onlinenutzer und politische
       Gegner reagieren umgehend. Doch nicht jeder Seitenhieb funktioniert.