# taz.de -- Die Wahrheit: Das Geheimnis des Damenklochors
       
       > Gegen den Aufenthalt auf einer stinknormalen öffentlichen Toilette ist
       > gar nichts zu sagen, fällt doch immer mal wieder eine kleine Geschichte
       > dabei ab.
       
       Neulich erreichte mich ein Schreiben der Firma Hubs. Diese vertreibt
       transportable Toiletten, die bei Hubs allerdings „WC Wohlfühlcenter“
       heißen. Der Inhaber will mir dringend erklären, wie ich seine
       „Wohlfühlcenter“ nutzen und damit „mein Image verbessern“ könnte. Ist mein
       Image schon so schlecht, dass ich es mit Leihtoiletten aufbessern muss,
       fragte ich mich und las weiter: „Stellen Sie sich vor, Ihre Gäste gehen bei
       Ihrem Event gern auf die Toilette? Würde Ihnen das weiterhelfen?“
       
       Nun ja, das kommt auf die Art der Gäste an, was sie dort wollen und wobei
       genau mir das weiterhelfen soll. Hubs jedenfalls will mich in meinem von
       der Firma vorausgesetzten Bedürfnis unterstützen, auf dem WC ein positives
       Gefühl zu erzeugen, und hängt sich richtig aus dem Fenster: „Sie sagen uns,
       was Sie möchten. Wir übernehmen den Rest – Full Service.“
       
       Der farbige Prospekt zeigt Klo-Container vor barocken Gebäuden und
       verspricht, das Produkt sei ein Highlight für jeden Event. Aber möchte man
       eine Veranstaltung organisieren, von der die Leute sagen, die Klos seien
       das Beste daran gewesen?
       
       Auch muss man sich fragen, warum stilisierte Wasserwellen, ein Baum und
       eine Sonne das Logo des mir dargebotenen Spitzenproduktes bilden. Spielt
       der Werbegrafiker mit dem Bedürfnis mancher Leute, sich in der Natur ihrer
       Endprodukte zu entledigen, oder will er mir allgemein eine heile Welt
       suggerieren, heiler durch seine Klos auf Sensorbasis?
       
       Gegen den Aufenthalt auf einer stinknormalen öffentlichen Toilette ist gar
       nichts zu sagen, fällt doch immer mal wieder eine kleine Geschichte dabei
       ab. Kürzlich hörte ich an der Autobahnraststätte ein sich in Lautstärke und
       Intensität steigerndes „Scheiße! Scheiße!! Scheiße!!!“-Fluchen aus der
       Nebenkabine. War ein Handy aus der Hosentasche ins Klo gerutscht, oder
       schimpfte da jemand mit seinen Exkrementen? Wenig später sah ich den Grund
       des Ausbruchs, liegen gelassen auf dem Waschbeckenrand: einen deutlich
       positiven Schwangerschaftstest.
       
       Schöner war es kurz darauf in der Berliner Waldbühne, wo man Neil Young und
       seiner Band Crazy Horse lauschte, die ein grandioses Konzert gaben. Das
       Bier floss, und so begann man nach einiger Zeit auf den Bänken
       herumzurutschen und sehnende Blicke in Richtung der Büsche zu werfen. Dort
       aber standen Wächter, die die Gäste streng zu den überfüllten Toiletten
       dirigierten. In der Damenabteilung war es wie immer. Lange Schlangen,
       schmutzige Böden und hinterher – trotz der Sorge, zu viel zu verpassen –
       Hygieneorgien am Waschbecken. Die Musik hörte man immerhin laut bis ins
       letzte Örtchen.
       
       Als dann die ersten Takte der totgedudelten Young-Hymne ertönten, sangen
       gut vierzig Frauen jenseits der Lebensmitte lauthals mit: „I want to live,
       I want to give, I’ve been a miner for a heart of gold … and I’m getting old
       …“ Die Akustik war beeindruckend. Unser Backgroundchor auf dem Damenklo der
       Waldbühne ist ein schmutziges kleines Geheimnis in der Geschichte der
       Rockmusik, von dem der Meister nie erfahren wird.
       
       16 Jul 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrike Stöhring
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Versicherung
 (DIR) Sucht
       
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