# taz.de -- Irre Londoner Olympia-Bilanz: Unschlagbar im Schönfärben
       
       > Die britische Regierung rechnet der Bevölkerung einen
       > Milliardenüberschuss durch Olympia 2012 vor. Das Zahlenwerk ist alles
       > andere als seriös.
       
 (IMG) Bild: Jede Menge Extra-Verkäufe. Die Regierung sagt, dass Olympia-Artikel ein wahrer Renner waren
       
       LONDON taz | Vielleicht lag es an den lauten Rufen der Demonstranten in Rio
       gegen Fifa und IOC, mit denen sie gegen die irrwitzigen die Kosten einer
       Fußball-WM und Olympischer Spiele protestiert haben, dass die Londoner
       Olympia-Freunde so dick aufgetragen haben. Am Freitag, beinahe ein Jahr
       nach den Olympischen und Paralympischen Spielen in London, veröffentlichte
       das britische Handels- und Investment-Amt ([1][UKTI]) in einen
       [2][Hochglanzbericht] kaum vorstellbare Zahlen: Die Spiele haben für einen
       zusätzlichen Umsatz vom 9,9 Milliarden Pfund (11,5 Milliarde Euro) gesorgt.
       
       Das passt großartig zu den letzten Rechnungen, in denen die Gesamtkosten
       für die Sportshow mit 8,77 Milliarden Pfund (10,19 Milliarden Euro)
       beziffert wurden. Und das hieße, dass Großbritannien, was die Ausrichtung
       der Spiele betrifft, in der Gewinnzone liegt.
       
       Stolz zählte man die Erfolge auf. 1,5 Milliarden Pfund auf der Habenseite
       stammen etwa aus Aufträgen, die britische Firmen für den Sportstättenbau
       der nächsten Olympischen Spiele in Sotschi und Rio de Janeiro erhalten
       haben. Eine immerhin nachprüfbare Zahl. Eher spekulativ ist die Rechnung,
       wonach 1,9 Milliarden Pfund für „Extra-Investitionen“ aufgewendet worden
       seien. Auch der „Extra-Verkaufsumsatz“ während der Spiele, 5,9 Milliarden
       Pfund, hält einer Überprüfung nur schwer stand.
       
       BBC-Wirtschaftsredakteurin Stephanie Flanders hat festgestellt, dass in dem
       Dossier Daten des ungefähren Umsatzes fehlen, der gemacht worden wäre, wenn
       die Spiele gar nicht stattgefunden hätten. Die britische Regierung hat bei
       ihrer Kalkulation stattdessen jegliche Ankündigung eines neuen
       Businessdeals während der Spiele in ihre Zahlen miteingerechnet.
       
       Da reichte es schon, wenn ein Repräsentant einer Firma einmal bei einem der
       zahlreichen Businessempfänge im Rahmen der Olympischen Spiele anwesend war,
       und schon wurden die von dessen Firma angekündigten Investitionen in
       Großbritannien als „durch die Spiele entstanden“ mitgezählt.
       
       Der angesehene britische Wirtschaftsanalytiker Jonathan Portes, Direktor
       des [3][National Institute of Economic and Social Research], reagierte auf
       den Bericht mit den Worten: „Solche Zahlen allein auf Olympia
       zurückzuführen, ist zumindest ein bisschen aus der Luft gegriffen.“ Auf BBC
       dazu befragt, musste UKTI-Minister Vince Cable zugeben, dass man eher von
       einem „Katalysatoreffekt sprechen kann, der die normalen Vorgänge
       beschleunigt hat“. Außerdem gestand er, dass man bei diesem Bericht „nicht
       denselben Standard benutzte, wie beispielsweise bei Rechnungen des
       Staatsetats.“
       
       Andrew Simms von der Denkfabrik New Economics Institute behauptete auf Sky
       News, dass laut Plan die Spiele allen Bürgern zum Vorteil hätten gereichen
       und eine neue Generation zum Sport hätte inspirieren sollen. „Dafür bedarft
       es noch viel Arbeit in den Basisorganisationen und Gemeinden“, so Simms,
       Worte die auch die Kolumnistin des Guardian, Zoe Williams, [4][aufnahm]:
       „Die nächste Generation wird nicht von London 2012 profitieren, da die
       Regierung den Schulsport nicht mehr unterstützt und den Verkauf von
       öffentlichen Sportplätzen fortgesetzt hat.“
       
       Ihr Fazit, die britische Regierung tue mit der Abrechnung der Olympiade so
       wie zwei frisch Verheiratete, die bei der Abrechnung ihrer Hochzeitskosten
       nur den Gesamtwert der Geschenke zählen.
       
       21 Jul 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.ukti.gov.uk/de_de/home.html?guid=none
 (DIR) [2] http://www.ukti.gov.uk/de_de/export/sectors/globalsportsprojects/olympics2012.html?null
 (DIR) [3] http://niesr.ac.uk/
 (DIR) [4] http://www.guardian.co.uk/commentisfree/2013/jul/19/london-2012-olympic-legacy-10bn
       
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