# taz.de -- Ramadan in Gröpelingen: Muslime ermutigen Migranten
       
       > In der Gröpelinger Fatih Moschee empfangen Bremer Muslime zum ersten Mal
       > jugendliche Flüchtlinge, um gemeinsam mit ihnen das Fastenbrechen zu
       > feiern.
       
 (IMG) Bild: Ramadan heißt, erst nach Sonnenuntergang zu essen.
       
       Jedes Jahr an Ramadan versammeln sich gläubige Muslime vor der Fatih
       Moschee in Gröpelingen, um gemeinsam das allabendliche Fastenbrechen
       (Iftar) zu begehen. In diesem Jahr sind ein paar ganz besondere Gäste mit
       dabei, nämlich jugendliche Flüchtlinge aus der Zentralen Aufnahmestelle
       (Zast) in Habenhausen.
       
       Seit dem 9. Juli ist Ramadan: 30 Tage lang fasten seither Muslime auf der
       ganzen Welt. Erst nach Sonnenuntergang essen sie. Iftar heißt das,
       Fastenbrechen. Das findet auch in der Gröpelinger Moschee statt – für
       Bedürftige, aber auch für alle anderen Gemeindemitglieder, die gerne in
       Gesellschaft die feierliche Mahlzeit zu sich nehmen. Nach Sonnenaufgang
       nehmen die Menschen während des Ramadan dann nichts mehr zu sich, nicht
       einmal ein Glas Wasser wird in diesem Zeitraum getrunken. Der Appetit und
       der Ansturm aufs Essen sind dafür jetzt umso größer.
       
       Bei den jungen Essens-Gästen handelt es sich um minderjährige Flüchtlinge,
       die unbegleitet nach Bremen gekommen sind und in der Zast untergekommen
       sind. „Hier sind momentan 47 Jungen, und ungefähr jeden zweiten Tag kommen
       neue dazu“, erzählt eine Mitarbeiterin der Jugend- und Familienhilfe
       „Effect“, die sich seit Februar um die Jugendlichen kümmert. „Weibliche
       Flüchtlinge sind seltener und haben mit Institutionen wie dem St.
       Theresienhaus andere Anlaufstellen – und für sie ist es recht leicht,
       Pflegefamilien zu finden“, sagt sie. Von den Jungen hingegen würden nur
       wenige weiter vermittelt.
       
       Neun „Effect“-MitarbeiterInnen mit Sprachkenntnissen in Französisch,
       Spanisch und Englisch über Türkisch und Arabisch bis zu afrikanischen
       Sprachen bemühen sich, Ansprechpartner zu sein für die Jugendlichen aus
       Mali, Guinea, Gambia, Marokko, Libyen, dem Iran oder Afghanistan. Seit
       einem Jahr kommen vermehrt Flüchtlinge, die Unterkunftssituation aber werde
       nicht angepasst, sagt die Effect-Mitarbeiterin. Die Zast sei momentan
       vollkommen überlastet: Sollten ursprünglich Jugendliche und Erwachsene in
       unterschiedlichen Gebäuden untergebracht werden, wohnen nun alle zusammen
       unter einem Dach.
       
       Für maximal 200 Personen ist das Heim konzipiert, aktuell wohnen dort 260.
       Sogar auf den Fluren liegen Matratzen: „Eine untragbare Situation“, findet
       die Mitarbeiterin. Die Einladung zum Fastenbrechen ist eine willkommene
       Abwechslung: Rund zwanzig Jugendliche sind heute nach Gröpelingen gekommen.
       
       Die Zusammenarbeit entstand auf Wunsch der Flüchtlinge: Sie wollten in
       Tradition des Ramadan fasten – die relativ einseitige Kost im Heim machte
       das jedoch fast unmöglich. Wer fastet, braucht zumindest nachts nahrhaftes
       Essen, das genug Energie für den nächsten Tag liefert. Deshalb suchten die
       Betreuer den Kontakt zu anderen Muslimen in Bremen.
       
       Mit Ismail Baser fanden sie einen Ansprechpartner: er ist Vorsitzender der
       Schura, der islamischen Religionsgemeinschaft Bremens. Er habe nicht von
       den prekären Verhältnissen im Flüchtlingsheim gewusst und wollte sofort
       helfen, als er davon erfuhr, erzählt er. Jetzt bekochen Mitglieder der
       Fatih-Moschee während des Ramadan die Flüchtlings-Heimbewohner, sowohl die
       Jugendlichen als auch die Erwachsenen, und weil der Weg von Habenhausen
       nach Gröpelingen zu weit ist, wird das Essen normalerweise direkt zur Zast
       geliefert. Aber einmal in der Woche nehmen die Jungen die Fahrt zur Moschee
       auf sich.
       
       Was aber, wenn am 7. August der Ramadan endet und dieser Termin wegfällt?
       Man wolle den Kontakt auf jeden Fall halten, sagt Baser: „Wir denken über
       verschiedene Aktionen nach, zum Beispiel wollen wir Kleidung spenden und im
       nächsten Jahr wieder zum Iftar einladen.“ Ein weiteres Anliegen Basers ist
       die Sensibilisierung der muslimischen Gemeinde für das Flüchtlingsproblem,
       vor allem das der Jugendlichen ohne Angehörige. Dafür wolle er mit
       „Pflegekinder in Bremen“ (PIB) zusammenarbeiten und durch Kampagnen auf das
       Problem hinweisen: „Besonders die migrantischen Kreise müssen mit
       einbezogen werden und darauf aufmerksam gemacht werden, dass die
       Möglichkeit besteht, ein Pflegekind aufzunehmen.“
       
       Der Übergang im provisorischen Matratzenlager, bevor man sie offiziell in
       Deutschland ankommen lasse, sei schon kaum aushaltbar, erzählen die
       Jugendlichen beim Fastenbrechen. Am meisten störe sie das ewige Verharren
       in einer Grauzone. Was sie sich wünschen, sind konkrete Aussichten und ein
       richtiges Zuhause. Solange die Flüchtlinge in der Zast sind, erhalten sie
       keine offiziellen Papiere, haben somit weder ein Recht auf Schulbildung
       noch auf Arbeit. Ein Junge aus Mali ist mit 15 einer der jüngsten in der
       Gruppe und sagt: „Ich will zur Schule gehen, aber ich darf nicht.“
       
       Um dieses Ziel zu erreichen, müsste sich zunächst an seiner Wohnsituation
       etwas ändern. Entsprechende Maßnahmen vom Sozialsenator bleiben abzuwarten.
       Die künftigen politischen Entscheidungen beeinflussen auch den Ramadan
       2014: Sollte es bis dahin neue Wohneinheiten und festangestellte
       SozialpädagogInnen für die Flüchtlinge geben, würde die Zusammenarbeit mit
       den Betreuern von Effect wohl aufhören.
       
       24 Jul 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Wiebke Brenner
       
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