# taz.de -- Krippenplatz und Co: Mehr Betreuung denn je
       
       > Der Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab einem Jahr ist erfüllt, sagt
       > die grüne Sozialsenatorin Anja Stahmann. Die Kirche übt jedoch Kritik an
       > den Qualitätsstandards.
       
 (IMG) Bild: Gut betreut ist Kindes Freud.
       
       Der Erleichterungsseufzer, der am 1. August durchs Sozialressort ging, muss
       groß gewesen sein: Die Rechtsabteilung hat nichts zu tun, nicht mal
       Beschwerdebriefe stapeln sich auf den Schreibtischen. Im vergangenen Jahr,
       erinnert sich Monika Frank, die Referatsleiterin für Kindertagesbetreuung,
       habe sie etliche Aktenordner mit den Schreiben empörter Eltern anlegen
       müssen. Nun aber gelte: Der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für
       alle Kinder ab einem Jahr ist erfüllt.
       
       „Wir können sehr zufrieden sein“, sagt die grüne Sozialsenatorin Anja
       Stahmann. Auf einer Pressekonferenz gab sie gestern die Erfolgsbilanz
       bekannt: 22.200 stadtbremische Kinder starteten in das neue Kita-Jahr,
       unter ihnen 6.000 unter Dreijährige – 700 mehr als im Vorjahr. Schon jetzt
       werde mit Hochdruck daran gearbeitet, auch zum 1. August 2014 und darüber
       hinaus den Rechtsanspruch zu erfüllen. Denn erst kürzlich meldete das
       Statistische Landesamt steigende Geburtenraten.
       
       Für heute hat auch die Bremer evangelische Kirche eine Einladung zu einer
       Kita-Pressekonferenz verschickt: In ihr wird ebenfalls das Thema „Einlösung
       des Rechtsanspruchs ab August 2013“ angekündigt – allerdings als offene
       Frage formuliert. „Wir halten die gesetzlichen Vorgaben für quantitativ
       erfüllt, nicht aber in qualitativer Hinsicht“, erläutert der Leiter der
       evangelischen Kindertageseinrichtungen, Carsten Schlepper, auf Nachfrage.
       
       Schlepper kritisiert die personelle Ausstattung sowohl in den zahlreichen
       sozialpädagogischen Spielkreisen als auch in den größeren
       Tagespflegeeinrichtungen. In beiden sei der Fachkräfte-Schlüssel, der für
       die U3-Gruppen der städtischen und kirchliche Kitas gilt, nicht
       gewährleistet. Trotzdem würden diese Plätze bei der Umsetzung des
       Rechtsanspruchs voll eingerechnet. Aber auch in der Umdefinierung von Kann
       zu Sollkindern in den Kitas sieht Schlepper Probleme: Um Krippenplätze frei
       zu bekommen, sollen Kinder, die in der zweiten Jahreshälfte drei Jahre alt
       werden, immer häufiger von einer Krippen zu einer Kindergartengruppe
       „versetzt“ werden.
       
       „Diesen Druck spüren wir zunehmend“, sagt Schlepper. Problematisch sei es,
       wenn solche Entscheidungen nicht mehr individuell von der Einrichtung vor
       Ort, sondern pauschalisiert getroffen würden. Im Herbst soll diese
       Soll-Bestimmung sogar im Ortsgesetz verankert werden.
       
       Eine weitere Entwicklung zeigt, dass hinter der zunehmenden Nachfrage nach
       Krippenplätzen nicht nur der Wunsch nach selbstbestimmter Berufstätigkeit
       steht beziehungsweise die Erkenntnis, dass soziales Lernen in Gruppen schon
       den Jüngsten gut tut – sondern auch schlichter ökonomischer Druck. Der ist
       daran ablesbar, dass fast gar keine Halbtagsplätze mehr nachgefragt werden.
       Stattdessen benötigen die Eltern eine sieben oder achtstündige Betreuung
       für ihre Kinder. „Das hat sich in den vergangenen zehn Jahren komplett
       verschoben“, sagt Wolfgang Bahlmann, der Geschäftsführer von Kita Bremen.
       Hintergrund ist also nicht nur der Anspruch, dass sich beide Elternteile
       beruflich verwirklichen können – sondern auch der Umstand, dass im
       Gegensatz zu früher zwei weitgehend volle Gehälter erforderlich sind, um
       die Familie zu finanzieren.
       
       Derzeit werden in Bremen 45 Prozent aller Kinder unter drei und 68 Prozent
       aller Ein und Zweijährigen in Einrichtungen oder bei Tageseltern betreut.
       Bremen investiert in die Kinderbetreuung 147 Millionen Euro, was einer
       Steigerung von 70 Prozent im Vergleich zu 2007, dem Beginn des
       Kita-Ausbaus, entspricht.
       
       5 Aug 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Henning Bleyl
       
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