# taz.de -- Neue Tagessätze für die Psychiatrie: Tagessätze je nach Diagnose
       
       > Verbände und Gewerkschaften protestieren gegen ein geplantes neues
       > Entgeltsystem in der Psychiatrie. Die Krankenkassen sehen nur Vorteile.
       
 (IMG) Bild: Tür öffnen – was das wieder kostet! Klinik für Forensische Psychiatrie Dortmund.
       
       BERLIN taz | 16 Tage. So lange darf ein an Schizophrenie Erkrankter nach
       dem Entwurf eines neuen Entgeltsystem künftig in der Psychiatrie bleiben,
       während die Klinik den höchsten Tagessatz kassiert. Dauert der Aufenthalt
       länger, wird beim Tagessatz gekürzt. Das zumindest sieht das
       Pauschalierende Entgeltsystem in Psychiatrie und Psychosomatik (PEPP) vor,
       gegen das Patienten, Psychiater- und Wohlfahrtsverbände und die
       Gewerkschaft Ver.di protestieren.
       
       Das neue Entgeltsystem werde „hoch individuellen Verläufen“ bei psychischen
       Erkrankungen nicht gerecht, sagte Rolf Rosenbrock, Vorsitzender des
       Paritätischen Gesamtverbands, am Mittwoch in Berlin. Das neue System soll
       langfristig die derzeit geltenden Tagespflegesätze ablösen, die sich von
       Klinik zu Klinik stark unterscheiden.
       
       Bisher machen aber erst einige Kliniken bei der freiwilligen Testphase seit
       Januar 2013 mit. In dieser Phase werden von den beteiligten Kliniken zwar
       Kosten und Leistungen von Behandlungen erhoben, aber es wird noch nach dem
       alten System abgerechnet.
       
       Mit den degressiven Tagessätzen in PEPP würden einerseits schwerer
       erkrankte Patienten möglicherweise zu früh entlassen, andererseits aber
       gebe es einen Anreiz, leichter Erkrankte so lange dazubehalten, bis die
       maximale Dauer für die höchste Vergütungsstufe ausgereizt sei, sagte
       Rosenbrock.
       
       ## 25 Tage durchschnittliche Verweildauer
       
       Mit dem neuen System werden allerdings je nach Diagnose unterschiedliche
       Tagessätze gezahlt, was Befürworter loben. „Heute werden die
       psychiatrischen und psychosomatischen Einrichtungen nach Pflegesätzen
       bezahlt, die unabhängig von der Erkrankung des Patienten stets gleich
       sind“, sagte Florian Lanz, Sprecher des GKV-Spitzenverbands der
       gesetzlichen Krankenkassen, der taz. Mit dem neuen Vergütungssystem würden
       aus den bisherigen tagesgleichen Pflegesätzen für Kliniken
       „leistungsgerechte“ Tagessätze für „Krankheitsgruppen“. Durch PEPP werde
       sich die Vergütung mehr am „individuellen medizinischen Behandlungsbedarf“
       orientieren.
       
       Allerdings bezweifeln Kritiker genau dies. Dagmar Paternoga von Attac
       Deutschland, die Mitarbeiterin einer psychiatrischen Klinik ist,
       bemängelte, dass im PEPP-Katalog Leistungen etwa der Sozialarbeiter oder
       der Ergotherapeuten nicht erfasst werden. Diese würden als
       „Hintergrundrauschen“ gelten, rügte Paternoga. „Wir hoffen, dass das neue
       Entgeltsystem in Koalitionsverhandlungen nach der Wahl ausgesetzt wird.“
       
       Laut der Krankenhausstatistik lag die durchschnittliche Verweildauer in
       psychiatrischen Fachabteilungen der Kliniken im Jahr 2011 bei 25 Tagen pro
       Patient, im Jahr 2000 waren es noch 29 Tage gewesen. Jährlich gibt es fast
       1 Million stationäre Aufnahmen, Tendenz steigend.
       
       Ingrid Munk vom Psychiater-Arbeitskreis ACKPA forderte statt des neuen
       Entgeltsystems eine „zweite Stufe der Psychiatriereform“. Zukunftsmodelle
       psychiatrischer Versorgung seien flexibel, stationär-ambulant übergreifend
       und böten sogenanntes Home Treatment als Behandlung zu Hause an.
       
       8 Aug 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Barbara Dribbusch
       
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