# taz.de -- US-Sender reißt das Maul weit auf: Die Legende vom Mega-Hai
       
       > In den USA ist der Hai los! Das B-Movie „Sharknado“ erlangt Kultstatus.
       > Discovery Channel belebt den Megadolon wieder – zum Ärger der Zuschauer.
       
 (IMG) Bild: Huch, ein Megadolon? Nein, nur ein ganz normaler Cetorhinus Maximus.
       
       Hai-Alarm im Müggelsee? Ach was, an den Badestellen des Berliner
       Großtümpels hat der [1][ADAC] höchstens eine Mehrbelastung durch Keime
       festgestellt. In den Vereinigten Staaten dagegen ist der Knorpelfisch
       wirklich das Tier des Sommers. Seine markanten Rückenflossen scheinen auf
       allen TV-Kanälen aus dem Wasser zu ragen, vor allem aber im Sparten-Sender
       Discovery Channel.
       
       Das ist freilich nichts Neues. Discovery Channel baut schon seit 26 Jahren
       jeden Sommer auf die Mixtur aus Neugier und Abscheu, die die ZuschauerInnen
       mit hoher Verlässlichkeit erfasst, wenn sie den angeblich ärgsten Feind des
       Menschen – zumindest wenn dieser sich in wärmeren Gefilden schwimmend aufs
       Meer hinauswagt – auf dem Bildschirm erblicken. Eine Augustwoche lang dreht
       sich auf dem Sender alles um das Raubtier.
       
       Die Shark Week ist Discovery Channels traditioneller Publikumsrenner – der
       jährliche Programmhöhepunkt. Was aber, wenn vom Zwergdorn- bis zum Walhai
       alle Unterarten schon porträtiert worden sind? Wenn jede Doku über eine
       spektakuläre Unterwasserbegegnung zwischen Forscher und Fisch schon
       sechsmal wiederholt wurde? Wenn Schulkinder die Osmoseregulation des Tiers
       im Schlaf nachbeten können und Spielbergs Horrorstreifen „Weißer Hai“ bei
       ihnen überhaupt keinerlei Phantomschmerz in den äußeren Extremitäten
       hervorruft?
       
       ## Zehnfache Beißkraft des Weißen Hais
       
       Dann wird eben Megalodon aus der Tiefe geholt. Zum Start der diesjährigen
       Shark Week sendete Discovery Channel am Sonntag ein zwei Stunden langes
       Feature über den Riesen-Raubfisch mit einzelnen Zähnen so groß wie die Hand
       eines Erwachsenen und mit der zehnfachen Beißkraft des Weißen Hais. Das
       zog: Die Sendung erzielte mit 4,8 Millionen ZuschauerInnen die bis dahin
       höchste Einschaltquote während aller jemals ausgestrahlten Hai-Wochen des
       Kanals.
       
       Der Film trägt den reißerischen Titel „Megalodon. The Monster That Lives“.
       Blöd nur, dass der Kadaver des letzten Megalodon-Exemplars vermutlich schon
       vor [2][2 Millionen Jahren] auf den Grund des Ozeans sank. Und eigentlich
       sind es ausschließlich die Funde von besagten, überdimensionalen Zähnen,
       die die einstige Existenz des Megalodons dokumentieren.
       
       Dennoch hatten viele der ZuschauerInnen den Eindruck, Discovery Channel
       würde hier mit professionell gedrehtem Material und geschickter Montage das
       Ungeheuer als realen Zeitgenossen verkaufen – das beispielsweise armen,
       ahnungslosen Walen gigantische Bisswunden beibringt und ihnen damit ein
       qualvolles Ende bereitet.
       
       Tatsächlich waren die mitgelieferten Hinweise auf den fiktionalen Charakter
       von „Megadolon. The Monster That Lives“ äußerst wachsweich formuliert. So
       hieß es unter anderem, die in ihm genannten Institutionen und Behörden
       würden in keinerlei Verbindung zum Film stehen und dessen Inhalt auch nicht
       bestätigen. Andererseits gäbe es immer wieder Berichte von Sichtungen des
       Megalodon, auch wenn bestimmte Ereignisse und Charaktere in dem Feature
       dramatisiert seien. Den Megalodon habe existiert, und die Legende von dem
       riesigen Hai würde sich bis heute halten.
       
       Der Sturm der Entrüstung drückte sich auf der
       [3][//www.facebook.com/DiscoveryChannel:Facebook-Seite] des
       Discovery-Channel in zahlreichen Einträgen aus. Ein Zuschauer fragte, warum
       der Sender verlautbare, er sei dem Dokumentarischen verpflichtet, wenn er
       die Shark Week mit einem hundertprozentigen Fake starte. Ein weiterer
       befand, dass er auf diesem Kanal doch bitte keine Schwierigkeit mit der
       Unterscheidung zwischen Realität und Fiktion haben wolle. Ein dritter gar
       zweifelt nun an allem, was Discovery Channel jemals gesendet habe.
       
       Nicht zum ersten Mal kollidiert der selbst formulierte Bildungs- und
       Aufklärungsanspruch von Discovery Channel mit einem Hang zum überzogenen
       Entertainment. Viele ZuscherInnen wiesen darauf hin, dass sich der Sender
       ja schon einmal, mit einer Doku über angebliche Nachweise der [4][Existenz
       von Meerjungfrauen], selbst bis auf die Schwanzflosse blamiert habe.
       
       Der US-Schauspieler Wil Wheaton fordert in seinem [5][Blog] Discovery
       Channel gar dazu auf, sich für die Sendung zu entschuldigen. Er hält diese
       für eine „bullshit documentary“. Discovery, so Wheaton, hätte die Chance
       gehabt, den Megalodon in seinem historischen Kontext zu porträtieren oder
       zu fragen, was wäre, wenn eine solche Riesen-Kreatur tatsächlich heute noch
       auf Beutezug gehen würde. Stattdessen schiele der Sender in zynischer Weise
       auf die Quote und verbreite Märchen, die besser auf den SyFy Channel passen
       würden.
       
       ## Fliegende Raubfische
       
       Apropos Syfy! Dieser Sparten-Kanal für Horror- und Science-Filme hat großen
       Anteil an der diesjährigen Hai-Konjunktur, denn am 11. Juli strahlte er
       erstmals „Sharknado“ aus – ein vom Sender in Auftrag gegebenes B-Movie des
       Regisseurs Anthony C. Ferrante, in dem die Raubfische buchstäblich durch
       die Luft fliegen.
       
       In dem Streifen trifft ein Hurrikan auf Los Angeles und wirbelt Unmengen
       von Salzwasser und Haie in die Metropole. Der Plot an sich ist schon
       hanebüchen. Insbesondere eine [6][Szene] aber hat das Zeug für den Titel
       der trashigsten Filmsequenz aller Zeiten: Eine Protagonistin fällt aus dem
       Hubschrauber mitten in das Maul eines fliegenden Hais und wird erst durch
       den wagemutigen Motorsäge-Einsatz des Haupthelden wieder befreit.
       
       Schnell ist der Film zum Kult avanciert, seine Fangemeinde kommentiert
       einzelne Szenen und Filmdialoge mit Hingabe in den
       [7][//twitter.com/SharkNadoFilm:sozialen Netzwerken]. Angekündigt wurde
       auch, dass „Sharknado 2“ 2014 in die US-Kinos kommen soll. Darin wird New
       York City Schauplatz des Hai-Niederschlags sein.
       
       Inzwischen haben selbst einige Hollywood-Stars ihr Interesse daran
       bekundet, in der Fortsetzung vom Raubfisch verschlungen werden zu wollen.
       Dem Online-Portal [8][etonline.com] verriet „Sharknado“-Hauptdarsteller Ian
       Ziering, dass Matt Damon gerne mit von der Partie wäre. In Deutschland ist
       „Sharknado“ ab September als DVD erhältlich.
       
       Die US-Modedesignerin Aby Rulloda hat nach Ausstrahlung des Streifens
       blitzschnell wie der Hai die Witterung aufgenommen und passend dazu einen
       Frauen-Badeanzug entworfen: Nach Mankini und Burkini wird die Welt nun mit
       dem [9][Sharkini] beglückt: ein graufarbiger Einteiler mit großen
       Aussparungen an Bauch und Rücken, deren Ränder mit Haifischzähnen aus
       weißem Leder besetzt sind.
       
       100 Dollar verlangt Rulloda für das Teil und musste gleich mal den
       vorübergehenden Ausverkauf vermelden – so groß ist der Run auf das für den
       Einsatz in Salzwasserwellen eher ungeeignet erscheinende Stück Textil.
       
       ## Arme Robbe Snuffy
       
       Unterdessen ist die Shark Week auf Discovery-Channel in vollem Gange, und
       begeisterte Fans posten Filmchen mit als [10][Hai verkleideten Haustieren]
       im Netz.
       
       Auf der [11][Webseite] des TV-Senders gibt es eine Auswahl des Programms zu
       sehen. Und obwohl Discovery Channel mit der Botschaft auftritt, den Schutz
       der Haie vor der unerbittlichen Jagd durch den Menschen zu propagieren –
       Werbung für seine Shark Week hat Discovery mit einem reißerischen Clip
       gemacht, der den Hai nicht gerade als Sympathieträger vorstellt und ebenso
       zweifelhaft ist wie die Megalodon-Saga.
       
       Darin wird gezeigt, wie die von Menschen aufgepäppelte [12][Robbe Snuffy]
       von einem Pier zu Wasser gelassen wird. Mit einem beeindruckenden Sprung
       holt sich jedoch ein Hai die Robbe als Mittagessen, bevor diese in ihr
       natürliches Habitat zurückkehren kann - zum Entsetzen des anwesenden
       Publikums. Keine Angst – alles nur animiert. Aber doch irgendwie
       kontraproduktiv zum vermeintlichen Anliegen.
       
       Der Produzent der Shark Week, Michael Sorensen, kann übrigens nicht
       erkennen, was an der Ausstrahlung von „Megalodon. The Monster That Lives“
       verwerflich sein sollte. „Zum Auftakt der Hai-Woche wollten wir die
       Möglichkeit der Existenz des Megalodon erkunden“, [13][gibt er kund]. Und
       weiter: „Ob der Megalodon heute noch lebe, sei schließlich eine der
       heftigst diskutierten Fragen rund um den Hai. Das ist die ultimative
       Hai-Fantasie. Und angesichts von 95 Prozent unerforschter Ozeanfläche – Wer
       weiß schon Genaues?“ Discovery Channel jedenfalls nicht.
       
       8 Aug 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.adac.de/infotestrat/tests/urlaub-reise/wasserqualitaet/2013/default.aspx
 (DIR) [2] http://de.wikipedia.org/wiki/Megalodon
 (DIR) [3] http://https
 (DIR) [4] http://russgeorge.net/2013/05/31/discovery-channel-pimping-mermaid-anti-science/
 (DIR) [5] http://wilwheaton.net/
 (DIR) [6] http://www.youtube.com/watch?v=tAbPbS1ivMo
 (DIR) [7] http://https
 (DIR) [8] http://www.etonline.com/tv/136844_Matt_Damon_to_Cameo_in_Sharknado_2/index.html
 (DIR) [9] http://www.storenvy.com/products/1854119-sharkini-shark-bite-onesie-back-order-only
 (DIR) [10] http://imgur.com/gallery/mXXSs
 (DIR) [11] http://dsc.discovery.com/tv-shows/shark-week
 (DIR) [12] http://dsc.discovery.com/tv-shows/shark-week/videos/its-a-bad-week-to-be-a-seal.htm
 (DIR) [13] http://www.ibtimes.com/megalodon-real-or-fake-discovery-channel-defends-shark-week-documentary-1374549
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Oliver Pohlisch
       
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