# taz.de -- Teilhabe: Ein Handicap ist kein Handicap
       
       > Der Sportverein Pfefferwerk ist offen für alle - ob mit Beeinträchtigung
       > oder ohne. Trotzdem steht die Inklusion im Breitensport noch ziemlich am
       > Anfang.
       
 (IMG) Bild: Traum jedes Nachwuchskickers: Die Meisterschaft
       
       Can tritt gegen den Ball. Der geht dicht neben dem Pfosten ins Tor. Bruno
       versucht es ebenfalls. Knapp vorbei. „Pfosten! Yeah!“ – der 11-jährige
       Lasse reißt die Arme hoch und freut sich überschwänglich, obwohl sein Ball
       abgeprallt ist. Montagnachmittag, auf dem Kunstrasenplatz der Bornholmer
       Grundschule in Prenzlauer Berg trainieren vier Kindermannschaften der
       Sektion Fußball des Sportvereins Pfefferwerk e. V., der ein „Sportverein
       für alle“ sein möchte. Dass man sich hier schon mal über einen
       Pfostentreffer freut wie über ein Tor, könnte eine Konsequenz dieses
       Prinzips sein. Denn auch wenn das Schusstraining nicht viel anders als
       abläuft als anderswo, unterscheidet sich Pfefferwerk von diesen merklich.
       
       „Bei uns spielen Wettkampfleistungen keine so große Rolle. Wir pflegen eine
       relaxte Herangehensweise“, sagt Oliver Klar, Sportintegrationsberater von
       Pfefferwerk. Er steht den verschiedenen Abteilungen und Interessenten von
       außen als Ansprechpartner in Sachen Inklusion zur Verfügung. Weil viele der
       Pfefferwerk-Sportgruppen nicht am Ligabetrieb teilnehmen, spielt
       Leistungsdruck hier keine so große Rolle. Zudem unterliegen die Gruppen
       ohne Ligabeteiligung nicht den Altersrichtlinien der Verbände. Das alles
       gibt den Übungsleitern Flexibilität, um den Bedürfnissen von Menschen mit
       Beeinträchtigung Rechnung zu tragen. Den Posten des Integrationsberaters
       gibt es bereits seit 2009. Mit alledem will der Verein zur Umsetzung der
       UN-Behindertenrechtskonvention beitragen. Sie besagt, dass Menschen mit
       Handicap die gleichen Möglichkeiten haben müssen, am gesellschaftlichen
       Leben teilzuhaben, wie alle anderen. Also auch am Breitensport.
       
       Pfefferwerk hat Erfolg mit seiner Philosophie. Er ist der größte Kinder-
       und Jugendsportverein in Pankow. Fast 4.000 Menschen sind in 200 Gruppen
       aktiv. Aber auf dem Erfolg basiert auch das größte Problem des Vereins: der
       Mangel an Sportstätten. Das Manko betrifft zwar den gesamten Berliner
       Freizeitsport, aber Pfefferwerk ist durch seine Ausrichtung speziell
       benachteiligt. Denn „Ligasportgruppen“ haben bei der Platzvergabe Vorrang.
       „Das gilt, obwohl unsere Gruppen einen sozialen Anspruch haben“, sagt
       Oliver Klar. Die Sportstätten sind für ihn eine wesentliche Barriere auf
       dem Weg zum inklusiven Breitensport.
       
       ## Zu viele auf einem Feld
       
       Auch auf dem Sportplatz hinter der Bornholmer Grundschule wird das
       deutlich. Vier Kindergruppen unterschiedlicher Altersklassen drängeln sich
       auf einem Fußballfeld. Immer wieder müssen die Übungsleiter die Kleinen
       ermahnen, wieder hinter die imaginäre Begrenzungslinie zurückzukehren.
       
       Die Gruppe der Älteren, zu der auch Can, Bruno und Lasse gehören, macht
       eine Pause. Can sitzt etwas schüchtern am Rand. Bei ihm wurde eine geistige
       Beeinträchtigung diagnostiziert. Man sieht ihm nicht an, dass er einige
       Jahre älter ist als seine Mitspieler. „Anfangs traute er sich kaum
       mitzumachen“, sagt Übungsleiter Fabian Rohde „Jetzt ist er Teil des Teams.“
       Neben Can sind drei weitere Kinder mit körperlicher Beeinträchtigung dabei.
       Rohde berücksichtigt das im Training. Zum Beispiel kombiniert er Dribbeln
       mit einer Torschussübung: So können Kinder mit Handicap eine für sie
       schwierige Aufgabe mit einer anderen kombinieren, die sie besser
       bewältigen, vielleicht sogar besser als ihre Mitspieler. „Inklusion ist ein
       langfristiger Prozess“, sagt Rohde, „Wenn Kinder sie kontinuierlich leben,
       haben sie auch als Erwachsene einen selbstverständlichen Umgang mit dem
       Thema.“
       
       Hin und wieder nimmt das Team an Turnieren teil. Der Berliner
       Fußball-Verband (BFV) startete vergangenes Jahr eine Inklusions-Initiative
       und organisierte ein Turnier, an dem auch Pfefferwerk teilnahm. „Wir haben
       uns zunächst spontan entschlossen, in neu gemischten Mannschaften
       gegeneinander zu spielen. Später sind aber auch die eigentlichen
       Vereinsteams gegeneinander angetreten“, erzählt Rohde. Die Initiative ist
       nur eine unter vielen, die zuletzt im Kontext der Inklusion im Sportbereich
       gestartet wurden. Der Wirkungsgrad ist allerdings noch begrenzt. Nur vier
       Vereine nahmen am Inklusionsturnier im Winter teil. Und selbst innerhalb
       von Pfefferwerk sind nicht alle Abteilungen gleichermaßen offen gegenüber
       der Inklusionsidee. In einigen Sektionen gibt es Vorbehalte bei den
       Übungsleitern, insbesondere Ängste vor Überforderung.
       
       Nicht so in der Sektion Wheel Soccer. Wie beim „richtigen“ Fußball muss
       auch hier ein Ball ins Tor befördert werden. Nur handelt es sich um einen
       großen Gymnastikball, und alle Teilnehmer, ob mit Handicap oder ohne,
       sitzen in Rollstühlen. Riccardo Giannini ist einer der Übungsleiter. „Das
       Schöne bei diesem Spiel ist, dass auch Menschen mit einer starken
       körperlichen Beeinträchtigung mitmachen können“, sagt er. Währenddessen
       toben einige Fünf- bis Siebenjährige ausgelassen durch die Sporthalle am
       S-Bahnhof Landsberger Allee. Giannini betreut zusätzlich eine Gruppe dieser
       Altersklasse. Unter ihnen sind solche, bei denen das Asperger-Syndrom
       diagnostiziert wurde, anderen wurde ein sozial auffälliges Verhalten
       bescheinigt. Aber Diagnosen haben hier keine besondere Relevanz. Zu sehen
       ist: eine Gruppe herumtobender Kinder.
       
       Am 17. und 18. August treten beim 2. Wheel Soccer Cup in der
       Max-Schmeling-Halle Teams aus ganz Deutschland gegeneinander an,
       www.pfeffersport.de/wheelsoccer2011.html
       
       13 Aug 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Florian Wagener
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
 (DIR) Inklusion
       
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