# taz.de -- Ukrainisch-russischer Bruderzwist: Krieg gegen Bonbons, Obst und Wein
       
       > Russland blockiert Einfuhren aus der Ukraine. Für Experten ist das ein
       > Versuch Moskaus, ein Abkommen zwischen der EU und Kiew zu torpedieren.
       
 (IMG) Bild: Verkauf ukrainischer Bonbons in Kiew. In Russland kann man diese Süßigkeiten derzeit nicht erwerben.
       
       LEMBERG taz | Für alle ukrainischen Exporteure gilt in Russland seit der
       vergangenen Woche die höchste Risikostufe. Das gab jetzt der ukrainische
       Arbeitgeberverband bekannt. Totale Kontrollen des russischen Zolls sowie
       ein äußerst bürokratisches Prozedere sind die Folge.
       
       Ukrainische Ausfuhren in das Nachbarland sind fast vollständig zum Erliegen
       gekommen. Medien berichteten von Hunderten von Lkws und tausenden Waggons,
       die auf die Abfertigung warteten. Obst- und Gemüselieferanten mussten ihre
       Ware wegwerfen.
       
       Bereits vor Wochen hatten sich Meldungen von ukrainischen Unternehmen über
       immer größere Probleme mit den russischen Behörden gehäuft. So fand der
       russische Verbraucherschutz plötzlich verbotene Substanzen in ukrainischen
       Süßigkeiten, ukrainischen Rohrlieferanten wurden die Importquoten für das
       zweite Halbjahr nicht verlängert.
       
       Der Weinhersteller Inkerman berichtete, dass der russische Zoll seine Weine
       nicht mehr über die Grenze lasse, und die größte ukrainische Brauerei
       kündigte einen Lieferstopp ihres Biers nach Russland an.
       
       Handelskonflikte sind ständiger Begleiter der ukrainisch-russischen
       Hassliebe. Doch diesmal scheint die Attacke besonders massiv zu sein. Der
       „Handelskrieg“ dürfte die schwächelnde ukrainische Wirtschaft hart treffen.
       Für viele ukrainische Unternehmen sind die Exporte nach Russland
       überlebenswichtig. 2012 lieferte die Ukraine Waren im Wert von 17,6
       Milliarden US-Dollar nach Russland, mehr als in alle EU-Länder zusammen.
       
       Mit einem Anteil von etwa 25 Prozent ist Russland der mit Abstand
       wichtigste Handelspartner des Landes. Der ukrainische Arbeitgeberverband
       schätzt die möglichen Verluste auf 2 bis 2,5 Milliarden US-Dollar bei einem
       geschätzten ursprünglichen Gesamtvolumen der Exporte nach Russland von 8,5
       Milliarden Dollar in der zweiten Jahreshälfte.
       
       Die meisten Experten sind sich einig, dass Moskau versucht, den Druck zu
       erhöhen, um die Ukraine in die Zollunion hineinzuzwingen – ein
       postsowjetisches Integrationsprojekt unter russischer Führung, dem bereits
       Weißrussland und Kasachstan angehören. Der Vorsitzende des GUS-Ausschusses
       in der russischen Duma, Leonid Sluzkij, sagte dem Radiosender Echo Moskwy,
       die neuen Probleme zwischen Moskau und Kiew ließen sich einfacher lösen,
       wenn die Ukraine Mitglied der Zollunion wäre.
       
       ## Fragwürdige Argumentation
       
       Diese Argumentation finden ukrainische Experten fragwürdig. Die harten
       Maßnahmen würden nur die Ukraine treffen. Alles sähe doch eher nach einem
       politischen Problem aus, sagte der Experte des Kiewer Instituts für
       öffentliche Politik Igor Schewelew dem Sender Radio Liberty. Er glaubt,
       dass Russland mit wirtschaftlichem Druck versuche, eine mögliche
       Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und der Ukraine
       bei dem Gipfel der Osteuropäischen Partnerschaft im kommenden November in
       Vilnius zu torpedieren.
       
       Die ukrainische Wochenzeitung Zerkalo Nedeli geht noch weiter. In ihrer
       jüngsten Ausgabe veröffentlichte sie einen Maßnahmenkatalog, den Moskau
       verabschiedet haben soll, um die Ukraine in den eurasischen
       Integrationsraum einzubinden. Wirtschaftliche Maßnahmen gehören ebenso dazu
       wie eine Ausweitung des Einflusses auf die ukrainische Politik durch eine
       Einbindung von Medien, der orthodoxen Kirche und russischer Organisationen.
       
       Offiziell hält sich Kiews bisher bedeckt. Obwohl viele Experten raten, die
       Probleme im WTO-Kreis zu diskutieren, gibt es im Moment keine Anzeichen
       dafür, dass die Regierung diesen Schritt plant. Offenbar will Kiew
       versuchen, bei Verhandlungen hinter verschlossenen Türen einen Kompromiss
       zu erzielen. Wie der aussehen könnte, ist unklar.
       
       18 Aug 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Juri Durkot
       
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