# taz.de -- Zweiter Sieg für Werder Bremen: Grün-weiße Hamster
       
       > Werder Bremen legt mit zwei Siegen einen perfekten Saisonstart hin. Der
       > 1:0-Erfolg über den FC Augsburg am Samstag zeigt aber: Der Weg zurück zu
       > alter Stärke wird ein langer.
       
 (IMG) Bild: Gelungene Heimpremiere: Werders Sportchef Thomas Eichin gratuliert Zlatko Junuzovic nach Spielende.
       
       BREMEN taz | Die Fans von Werder Bremen müssen in letzter Zeit viel
       geradebiegen. Erst puschten sie eine demoralisierte Mannschaft zum
       Klassenerhalt, dann bliesen sie blamierten Pokalverlierern den Marsch und
       nun sorgten sie für die würdige Übergabe der Trainer-Amtsgeschäfte.
       Ex-Trainer Thomas Schaaf war nach Vollzug der Trennung im Mai
       stillschweigend gegangen.
       
       Am Samstag nun tauchte er in jener Pose wieder auf, die das Zeug zur Ikone
       hat: der Triumphator, der im Meisterjahr 2004 die Werder-Fahne aus dem Dach
       des Airbus-Cockpits schwenkt.
       
       “You’ll never walk alone“ und ein Transparent mit: „Danke, Thomas“ rundeten
       die Abschieds-Choreografie ab. Pünktlich zum Einlauf der Mannschaften aber
       wechselten die Fans das Transparent. „Auf geht’s, Robin“, stand da nun und
       der Umbruch bei Werder hatte seinen großen symbolischen Akt erhalten.
       
       In vielen kleinen Schritten wollen Robin Dutt und Sportchef Thomas Eichin
       diesen Umbruch nun vollziehen. Es gibt neue Alltagsrituale wie die
       Streichung des Hotelaufenthalts vor Heimspielen, aber vor allem eine neue
       Philosophie. Die kann man volkstümlich als Hamster-Taktik, oder
       soziologisch als „lernende Organisation“ bezeichnen.
       
       Jedenfalls war nach dem knochentrockenen 1:0-Sieg gegen den FC Augsburg
       viel von Entwicklung und Prozessen die Rede. „Das Team kann nicht perfekt
       sein, das Team muss noch nicht perfekt sein“, sagte Robin Dutt. „Man
       entwickelt keinen neuen Stil mit 3:4- oder 4:5-Niederlagen, in denen man
       alle Statistiken gewonnen und schönen Fußball gespielt hat, sondern man
       entwickelt das über 1:0-Siege, Schritt für Schritt.“
       
       Von Umbruch ist bei Werder schon die Rede, seit der in fetten Jahren
       aufgebaute Kader zu teuer geworden war. In der Personalpolitik ist der
       Bruch schon vor zwei Jahren eingeleitet worden, aber in den Köpfen aller
       Beteiligten nicht richtig angekommen. Auch bei den Fans nicht, die noch vor
       einem halben Jahr auf eine schnelle Rückkehr zur Elite träumten. Erst der
       Absturz in der Rückrunde rückte die Maßstäbe zurecht.
       
       Heute kann Robin Dutt davon ausgehen, dass „die Fans den Weg mitgehen“,
       wenn er schlichten Fußball präsentiert, um nach und nach mit gewachsenem
       Selbstvertrauen auch wieder Feinheiten einzubauen. Gegen den FC Augsburg
       servierten die Abwehrspieler eine Unmenge langer Bälle auf den Kopf von
       Nils Petersen, die von dort gleich wieder beim Gegner landeten, weil die
       Bremer kaum nachrückten, sondern den Defensivverbund stabil hielten.
       
       Das Bremer Mittelfeld, das bei Dutt mit zwei defensiven Kräften
       ausgestattet ist, fand nur selten in eine kompakte Ordnung, um selbst
       zielgerichtete Angriffe aufzubauen, arbeitete aber so effektiv nach hinten,
       dass die Augsburger zwar über 20 Torschüsse, aber kaum eine richtige Chance
       verbuchen konnten. So reichte eine explosive Einzelaktion des erstarkten
       Bremers Mehmet Ekici für den zweiten Sieg im zweiten Saisonspiel.
       
       In Werders stärkster Phase ab der 70. Minute blitzte dann auch teilweise
       wieder variables Kombinationsspiel auf. Dass daran die eingewechselten
       Youngster Felix Kroos und Özkan Yilderim maßgeblich beteiligt waren, könnte
       ein hoffnungsfroher Wink für die Zukunft sein, in der Dutt verstärkt dem
       eigenen Nachwuchs vertrauen will.
       
       Von den beiden Neuzugängen fiel besonders Luca Caldirola auf, der erstmals
       als linker Verteidiger eingesetzt wurde und nach dessen Leistung Dutt und
       Eichin noch mal überlegen wollen, ob auf dieser Position eine Verstärkung
       nötig ist.
       
       Am erfreulichsten ist aber die neu entfachte Spielfreude von Ekici: „Die
       Entwicklung von Mehmet läuft parallel zur Entwicklung des ganzen Teams“,
       sagt Dutt. „Er hat viele harte Schritte hinter sich, er macht viele kleine
       Schritte nach vorn und es gibt immer viele Punkte, die ihn noch besser
       machen können.“
       
       Das Publikum zeigte am Samstag, dass es bereit ist, die Mannschaft auf
       diesem Weg zu begleiten. Die Frage wird sein, wie tragfähig dieses Bündnis
       ist, wenn solche Spiele dreimal hintereinander 0:1 verloren gehen. Im
       Moment scheint es den feinfühligen Bremer Fans jedenfalls zu genügen,
       selbst Champions-League-Qualitäten zu haben.
       
       18 Aug 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Lorenzen
       
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