# taz.de -- Ein Kandidat erfindet sich neu: Comeback in der Süntelstraße
       
       > Niedersachsens Ex-Innenminister Uwe Schünemann (CDU) will als Landrat in
       > Hameln- Pyrmont seine Karriere neu starten. Doch für den nötigen
       > Image-Wechsel muss der 49-Jährige erst einmal das Warmduschen lernen.
       
 (IMG) Bild: Vorerst ohne großes Spielzeug: Ex-Innenminister Schünemann mit einem Bomben-Entschärfungsroboter
       
       HAMELN-PYRMONT taz | Ehemalige Innenpolitiker haben ein Problem: Sie gelten
       auf immer und ewig als harter Hund. Als Verantwortliche für die Innere
       Sicherheit, polizeiliches Vorgehen und die „Zurückführung“ nicht
       aufenthaltsberechtigter Flüchtlinge sind sie die Lieblingsfeinde liberal
       und links denkender Kreise. Schon dem Hamburger Innensenator Christoph
       Ahlhaus (CDU) gelang vor gut zwei Jahren der Imagewechsel zum
       weichgespülten Landesvater nicht – er floppte als
       CDU-Bürgermeisterkandidat.
       
       Nun folgt auch Uwe Schünemann sein erzkonservatives Image, das er sich als
       niedersächsischer Innenminister sorgsam aufgebaut hat, im Wahlkampf auf
       Schritt und Tritt. Seit der CDU-Wahlniederlage Privatier wider Willen,
       versucht der 49-Jährige ein politisches Comeback als Landrat des Kreises
       Hameln-Pyrmont. „Wer, wenn nicht er?“, lautet der forsche Slogan der
       Kampagne, die ihm am 22. September den Wahlsieg bescheren soll. Jeder, nur
       nicht der, heißt die nicht weniger forsche Antwort seiner Gegner.
       
       Die sammeln sich überparteilich in einem „Bündnis Faires Hameln-Pyrmont“,
       das sich eigens zu dem Zweck gegründet hat, gegen den Kandidaten Schünemann
       mobil zu machen. „Als wir von seiner Kandidatur erfuhren, war das für viele
       von uns ein Schock“, erinnert sich Reimer Schermuly-Oppitz, einer der
       Bündnis-Aktivisten. Das Bündnis hat Anfang der Woche einen offenen Brief an
       Schünemann geschickt, der in der Aussage gipfelt: „So wie wir Sie bisher
       kennen, können und werden wir Sie nicht wählen!“ 51 Menschen – darunter
       kein einziges CDU-Mitglied – haben das Schriftstück unterzeichnet.
       
       Die Initiative will keinen Landrat, der ihr vor allem als unbarmherzig und
       als Taktgeber einer „häufig als unmenschlich und brutal erlebten
       Abschiebepraxis“ in Erinnerung geblieben ist. Schünemann habe Familien
       „ohne Notwendigkeit auf brutale Weise zerrissen, Menschen in Gefahr
       gebracht, verletzt, verdrängt“ und „gut integrierte Flüchtlingsfamilien
       durch plötzliche Abschiebung einzelner Familienmitglieder getrennt“.
       
       Stets hatte der Innenminister Schünemann seinen Taten auch Worte folgen
       lassen, die dem Image vom stockkonservativen CDU-Hoffnungsträger noch mehr
       Kontur verleihen sollten. „Lieber ein harter Hund als ein Warmduscher“, hat
       er über sich gesagt. Solche Sätze bleiben haften. Nun wird der Kandidat
       seinen Wadenbeißer-Ruf nicht mehr los, der eher hinderlich ist, wenn man
       wie er die „Marke Weserbergland“ kreieren und als Landrat über 114
       Gemeinden und 116 Ortsfeuerwehren – da hat er genau nachgezählt – herrschen
       möchte.
       
       Selbst das wäre für Schünemann, der in Unionskreisen schon als zukünftiger
       Bundesinnenminister gehandelt wurde, ein ziemlicher Karriereknick. Die
       Bundestagswahl am 22. September hätte ihn vielleicht schon nach Berlin
       spülen können, wäre da nicht das niedersächsische Wahldesaster dazwischen
       gekommen. Statt vis à vis des Berliner Tiergartens will Schünemann nun
       zukünftig in der Süntelstraße 9 residieren – im Landratsamt Hameln-Pyrmont.
       
       Im Wahlkampf versuchen Schünemann und sein Wahlkampf-Team nun die weiche,
       menschliche, familiäre Seite des Kandidaten herauszustellen. Er steigt aufs
       Rad, posiert für Homestorys mit seiner Frau Ines und seinen beiden Kindern,
       er inszeniert sich als Hobby-Koch und hat neben der Wirtschaft, die er
       beleben will, vor allem die Themen Bildung und Familie in den Vordergrund
       seines Wahlkampfes gerückt. Das Thema Innere Sicherheit kommt so gut wie
       nicht vor.
       
       „Er gibt sich ein neues Image, das aber unglaubwürdig ist, da er sich
       weigert einzugestehen, dass er als Innenminister oft übers Ziel
       hinausgeschossen ist“, sagt Reimer Schermuly-Oppitz von dem
       Anti-Schünemann-Bündnis. „Das wollen wir ihm nicht durchgehen lassen.“
       Schünemann hat auf den offenen Brief bislang nicht reagiert und wollte sich
       dazu auch gegenüber der taz nicht äußern. Vielleicht übt er ja grad das
       Warmduschen.
       
       21 Aug 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marco Carini
       
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