# taz.de -- Statements zur Bundestagswahl: Wenn ich König wäre
       
       > Prominente erklären, welche Themen wirklich wichtig sind: Fleisch,
       > Energiewende, Geheimdienste, Kultur? Oder reicht es, wenn wir alle nackt
       > sind?
       
 (IMG) Bild: Hella von Sinnen gibt die Macht ab, Robert Stadlober ist deprimiert, Constanze Kurz will Technik und Ranga Yogeshwar ist empört (v.l.n.r.)
       
       Wenn ich Einfluss nehmen könnte auf die deutsche Politik, würde ich
       folgende Ziele anstreben: Kultur und Struktur der öffentlichen Bildung
       radikal ändern. Kultur: Vom Defizit-Aufspüren zur Potenzialentfaltung. Von
       der Wettbewerbsmanie zum kooperativen Lernen - das Ganze ein Leben lang.
       Von der Theorie-Abgehobenheit zur Dialektik von Theorie und Praxis, als
       interdisziplinäre und transdisziplinäre Forschung und Lehre. Struktur:
       Qualitativ hohe, vor allem durch gutes und ausreichendes Personal
       abgesicherte Bildungsangebote von der Krippe bis zur Hochschule -
       unbezahlt.
       
       Europa: Endlich begreifen, welchen Anteil auch die deutsche Wirtschaft und
       Politik an der Entstehung der Krise haben. Endlich begreifen, dass wir ohne
       gemeinsam beschlossenes und kreditfinanziertes nachhaltiges Wachstum mit
       offener gemeinsamer Haftung nicht aus der Krise kommen. Endlich aufhören
       mit den kollektiven Unterstellungen gegenüber unseren europäischen
       Nachbarn, dass sie generell weniger zur Verantwortung fähig oder bereit
       wären als wir. Endlich aus der selbstgerechten deutschen Provinzialität
       herausfinden. Wirtschaft und Soziales: Die unerträgliche Schere zwischen
       Arm und Reich müsste sich wieder schließen.
       
       GESINE SCHWAN, Präsidentin der Humbold-Viadrina School of Governance 
       
       ***
       
       Stecken geblieben. Im positionsbereinigten Nichts. Irgendwo zwischen
       alternativlos und Abwrackprämie. Die systemrelevante Banken stützen! NSA,
       das ist Neuland. Schnell noch ein paar Scheine Betreuungsgeld
       hinterhergeschmissen, denen, die es eh schon haben. Und Europa zieht die
       Mauern höher. Frontex stößt junge Leute zurück ins Meer. Bei uns ist voll.
       Wir müssen selber sparen, sagt die Troika. Griechenland retten. Die
       Selbstmordrate steigt und in Spanien gibt es keine Arbeit mehr.
       
       Hoch die Tassen, Herr Brüderle. Und runter mit den Steuern. Der andere
       lässt die Kavallerie aufsatteln, und DJ Dosenpfand spielt uns noch einen.
       In Hellersdorf wird schon gezündelt. Hinterher hats wieder keiner gemerkt.
       Aber bald wird die Agenda ja nachgebessert. Fleiß muss sich wieder lohnen,
       sonst wird halt aufgestockt. Solidarität, das war schon immer unser Ding.
       Denn: Wir sind das Wir. Und ihr habt die Wahl.
       
       ROBERT STADLOBER, Schauspieler und Musiker 
       
       ***
       
       Wenn ich Königin von Deutschland wäre, würde ich das ganze Jahr in meinem
       Palast im Pool plantschen und der taz vertrauensvoll die
       Regierungsgeschäfte überlassen. PS: Wäre diese Anfrage von der Bild
       gekommen, müsste ich mein Regierungsprogramm noch einmal überdenken …
       
       HELLA VON SINNEN, Entertainerin 
       
       ***
       
       Es sollte ein Dekret für ein verpflichtendes Schulfach zur Technikkompetenz
       geben. Für Kinder ab der 1. Klasse und ausschließlich mit freier Software!
       Außerdem müssen alle Mitarbeiter der Geheimdienste in Deutschland beurlaubt
       werden, bis eine Kontrolle der Dienste gewährleistet ist. Wenn ich Königin
       wäre, wäre eine wichtige Sofortmaßnahme: Exportverbot aller Zensur- und
       Repressionstechnologien aus Deutschland!
       
       CONSTANZE KURZ, Sprecherin Chaos Computer Club 
       
       ***
       
       Ich bin überzeugter Demokrat. Deshalb bin ich empört, dass die
       Bundesregierung nicht adäquat auf den Abhörskandal reagiert. Dieser laxe
       Umgang damit ist Indiz dafür, dass die demokratische Grundlage Deutschlands
       infrage gestellt wird. Was ich mir wünsche, ist ein Stück mehr Ehrlichkeit
       in der Politik - doch taktische Überlegungen und eine zu große Abhängigkeit
       von der Industrie verhindern dies leider zu oft.
       
       RANGA YOGESHWAR, Journalist und Moderator 
       
       ***
       
       Es geht um die Energiewende. Sie hat zum Ziel, den Anteil der erneuerbaren
       Energien in den kommenden vier Jahrzehnten auf 80 Prozent zu erhöhen. Die
       Energieeffizienz soll deutlich verbessert und Energiesparen gefördert
       werden, beispielsweise durch energetische Gebäudesanierung. Aber auch die
       Mobilität soll auf Nachhaltigkeit ausgerichtet werden. Ein derart
       umfassender Transformationsprozess der gesamten Energieversorgung eines
       Industrielandes bedeutet massive Veränderungen in nahezu allen Bereichen.
       Die Politik hat die Aufgabe, diesen Prozess zu managen: Sie muss den
       Fahrplan vorgeben, die Ziele und ihre Priorisierung kurz-, mittel- und
       langfristig verbindlich festlegen und die Rahmenbedingungen so anpassen,
       dass der Wandel gelingen kann. Es ist fraglich, ob die jetzige
       Bundesregierung den begonnenen Prozess konsequent weiterführen wird und
       nicht alles im Keim der Interessen ersticken lassen wird. Kaum eine Partei
       sieht die Energiewende - leider - als zentrale Aufgabe einer zukünftigen
       Bundesregierung an.
       
       CLAUDIA KEMFERT, Energieökonomin 
       
       ***
       
       Es geht um die Wurst. Falls es jemand noch nicht gemerkt hat: Dies ist der
       erste Fleischwahlkampf in der Geschichte der Bundesrepublik! Man darf es
       schlechterdings einen Geniestreich der Grünen nennen, mit dem Veggie-Day
       das letzte Thema gefunden zu haben, das noch halbwegs zu polarisieren
       vermag – nicht einmal das Rauchverbot konnte ähnliche mentale Verheerungen
       anrichten. Schon formt sich das stumpf vor sich hin brütende Stimmvieh zur
       Stampede: Sie wollen uns das Fleisch aus dem Fleischsalat zupfen! Das wird
       man ja wohl noch essen dürfen!
       
       In der Aufregung fällt unter den Tisch, dass auch die anderen Parteien die
       Fleischfrage wenigstens personell lösen: So schickt die FDP zwei Würstchen
       in den Wahlkampf, das eine knackig und farblos, das andere zehn Jahre in
       Alkohol eingelegt. Die SPD hingegen lebt im Wahlkampf pesco-vegetarisch,
       serviert Eiersalat, garniert mit einem überreifen Fischbrötchen. Und
       Merkel? Ein fahles Stück Gelbwurst, ein schon angeschnittener Presskopf?
       Weder noch: Merkel ist eine Rügenwalder Mühlenfrikadelle aus der Dose.
       Klumpig, breiig, entfernt an ein organisches Erzeugnis erinnernd und nur
       noch durch jede Menge Konservierungsmittel einigermaßen zusammengehalten.
       Aber mit einem roten Klecks daneben kriegt mans halt doch irgendwie runter.
       Mahlzeit!
       
       LEO FISCHER, Chefredakteur Titanic 
       
       ***
       
       Wenn ich König von Deutschland wäre, wäre ich eine Königin alle sollten
       nackt sein mit bunten Schleifen und jeder, der ein böses Wort sagt müsste
       sich einen Tag lang an die Nase fassen.
       
       ROSA VON PRAUNHEIM, Regisseur
       
       29 Aug 2013
       
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