# taz.de -- Bürgerkrieg in Syrien: „Kurden werden erneut vergessen“
       
       > Die Kämpfe zwischen Islamisten und Kurden eskalieren. Teile der Stadt
       > Qamischli werden von unterschiedlichen Gruppen kontrolliert.
       
 (IMG) Bild: Eine kurdische Milizionärin unweit der syrischen Stadt Qamischli
       
       QAMISCHLI taz | Der Angriff kam unerwartet und brachte eine tödliche
       Fracht: Am Montag, dem 26. August, sprengten sich vier Islamisten der
       Al-Nusra-Front Nusra südlich von Al-Malikiyah an einem kurdischen Chekpoint
       in die Luft, nachdem die Milizionäre verdacht geschöpft hatten: 16 Personen
       wurden verletzt, die drei kurdischen Wachen getötet.
       
       Dieser Angriff ist ein weiterer Indikator für die rasante Eskalation des
       Kampfes zwischen Islamisten und Kurden vor einem möglichen militärischen
       Angriff des Westens.
       
       „Die Islamisten nehmen keine Rücksicht mehr,“ meint eine Kurdin aus Europa
       und Medienaktivisten in Syrien. „Bis jetzt halten wir Kurden uns noch, doch
       ich weiß nicht, wie lange noch. Es ist eine Hölle geworden.“ Allein im
       letzten Monat starben 49 kurdische Kämpfer in der Region um Al-Malikiyah.
       Die Zahl der getöteten Islamisten wird auf weit über 100 geschätzt.
       
       Die Beerdigung der drei Opfer vom vergangenen Montag gleicht einem
       trotzigen Kampfaufruf. In einer langen Wagenkolonne werden die Särge zu
       einem neu eröffneten „Märtyrerfriedhof“ gebracht. Hunderte von Zivilisten,
       zumeist Angehörige von gefallenen Kämpfern, lauschten den Ansprachen. Die
       Witwe eines der Toten steht mit seinem Maschinengewehr auf der Bühne und
       ruft den Anwesenden zu: „Keinen Schritt zurückzuweichen.“ Es gehe um die
       Existenz der Kurden in Syrien.
       
       ## „Ein neues Halabdscha“
       
       Der Vergleich zu Saddam Husseins Giftgasangriff auf die Kurden in
       Halabdscha wird dieser Tage in Gesprächen oft erwähnt, besonders [1][nach
       dem mutmaßlichen Chemiewaffeneinsatz] in Damaskus. „Dies ist ein neues
       Halabdscha. Und die Welt schaut zu und hilft nur den Islamisten. Wir Kurden
       werden erneut vergessen,“ meint eine Mutter, die ihre Tochter bei Kämpfen
       verloren hat.
       
       Mittlerweile machen Frauen in der kurdischen Miliz YPG gut zwanzig Prozent
       aus - sie hätten unter den Islamisten am meisten zu verlieren. Die YPG ist
       die bewafnete Einheit der „Partei der demokratischen Union“ (PYD), die der
       türkisch-kurdischen PKK nahesteht.
       
       Doch das Sterben geht weiter, die Reihen der YPG lichten sich. Am
       vergangenen Mittwoch starben bei Kämpfen in Saffa westlich von Qamischli
       zwei weitere Kämpfer. Das de-facto Embargo der kurdischen Region in Syrien
       erschwert die Situation: Waffen und Lebensmittel kommen nur spärlich und
       auf riskanten Schmuggelpfaden in das Land.
       
       ## Frauen sollen Dörfer und Städte verteidigen
       
       Mittlerweile werden auch ältere Frauen und Mädchen ab dem 17. Lebensjahr im
       Gebrauch der Waffe trainiert. Da alle Kämpfer der YPG an den Frontlinien
       stehen, sollen die Frauen die Selbstverteidigung ihrer Dörfer und Städte
       übernehmen. „Sollte es zu einer westlichen Intervention, besonders mit
       Hilfe der Türkei, kommen, wird die Lage wohl noch weiter eskalieren,“
       erzählt einer der Kämpfer aus der Ölstadt Romelan. „Besonders in
       Al-Qamischli wird es ein Blutbad geben.“
       
       Diese Einschätzung könnte zutreffen. Die Stadt gleicht einem Schachbrett,
       aufgeteilt in Bereiche, welche die Kurden kontrollieren und denen, welche
       das Regime beherrscht. Dazu kommen Islamisten im Süden und oppositionelle
       arabische Clans im Westen, die einen alten Hass gegenüber den Kurden hegen.
       
       Sollte es zu westlichen Luftangriffen kommen, wird jede Partei versuchen
       diese - besonders für die Kurden - wichtige Großstadt unter ihre Kontrolle
       zu bringen, egal zu welchem Preis.
       
       3 Sep 2013
       
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