# taz.de -- Kolumne Die eine Frage: Sylvie oder Sabia?
       
       > Eine moralästhetische Frage zur Vermessung der Gegenwart und die
       > schwierigste Wahl des Jahres: Van der Vaart oder Boulahrouz?
       
 (IMG) Bild: Sylvie van der Vaart und Sabie Boulahrouz bei der Premiere zum Film „Heute bin ich Blond“.
       
       Frustrierende Wochen liegen hinter mir, in denen ich vergeblich versuchte,
       mit Menschen über eine wirklich schwierige Wahl zu reden. Nix zu machen.
       „Mir völlig wurscht, beide nicht mein Typ“, sagte mein Freund Minki. „Du
       hast die verdammte Bürgerpflicht zu wählen“, erwiderte ich streng. „Dann
       gehe ich eben ins Gefängnis“, brummte er. „Mit den beiden kannst du mich
       echt jagen.“
       
       Andere sagten, sie hätten genug davon, das „kleinere Übel“ zu wählen und
       außerdem keine Ahnung, wer das kleinere Übel sei. Leute. Ich habe doch nur
       eine Frage: Sylvie oder Sabia?
       
       Das hat auch überhaupt nichts damit zu tun, dass Männer bei zwei Frauen im
       Raum immer überlegen, mit welcher sie ins Bett gehen würden – zumindest im
       Notfall. Es ist vielmehr eine moralästhetische Frage zur Vermessung der
       Gegenwart. Wie Böll oder Grass. Netzer oder Overath. Adorno oder Precht.
       Flackernder Blick nach links und rechts, Zittern in der Stimme: „Ich weiß
       ja nicht mal, wer Sabia ist.“ Ja, klar.
       
       Also bitte, einer muss es sagen: Sylvie van der Vaart (blondhaarig) ist die
       in Trennung lebende Frau des Hamburger Fußballprofis Rafael van der Vaart
       (braunhaarig). Sabia Boulahrouz (schwarzhaarig) ist die neue Frau von
       Rafael. Und seither die Exfreundin von Sylvie. Außerdem die in Trennung
       lebende Frau des ehemaligen HSV-Profis Khalid Boulahrouz. Alles ganz
       normal. Doch laut uns Medien kommen nun „immer mehr Details ans Licht.“ In
       Medien. Das finden wir Medien bedenklich.
       
       Das wichtigste Detail aber kommt exklusiv hier ans Licht:
       [1][//twitter.com/sylvievdervaart/status/285850216270278656/photo/1:Es gibt
       ein grandioses Bild], das die drei in der Silvesternacht zeigt und also vor
       dem partnerschaftlichen Revirement (siehe Google). Alle drei teuer
       angezogen, topfrisiert, strahlend und eng umschlungen, Sabia allerdings
       näher an seiner Schulter, Sylvie näher Richtung Kamera. Es ist ein
       ikonografisches Werk unserer Zeit: eine nette Inszenierung – und alles
       Illusion.
       
       Oder doch nicht? Bei allen berechtigten Zweifeln ist es ergreifend, wie sie
       sich zusammen, teils sinnlich, teils geistig, dem Beschauer darbieten und
       den Sturm der Leiden und Leidenschaft durch Anmut und Schönheit mildern.
       Auf den zweiten Blick fällt – trotz der fehlenden Söhne – die verblüffende
       Ähnlichkeit mit der Laokoon-Gruppe auf.
       
       Die Kopfhaltung des niederländischen Fußballers ist sogar identisch mit der
       des trojanischen Priesters. Es geht eine unheilvolle Spannung von dieser
       Dreierkonstellation aus. Eine erschütternd prickelnde Unmoral. Und wie
       Lessing es damals und dort nicht konnte, so kann auch heute und hier noch
       niemand sagen, wer die überlebende Schlange sein wird. An seinen Augen
       sieht man indes, dass der Fußball-Priester spürt, dass er verloren ist.
       Aber bedauert er es?
       
       Zurück zur Frage: Unter emanzipatorischen Gender-Aspekten muss man
       einräumen, dass Sylvie neben Aufzucht von Fußballer und Kind eine
       erhebliche berufliche Karriere gemacht hat (TV-Moderatorin und Model) und
       damit die alten Klischees von der Spielerfrau überwindet. Sabia dagegen hat
       ihre berufliche Karriere als Go-go-Tänzerin aufgegeben, um sich ganz dem
       Job als Spielerfrau zu widmen.
       
       Also Sylvie? „Hmmmm, schwierige Wahl“, mailt mir gerade noch eine Freundin.
       „Ich finde beide extrem blöd – aber Sabia scheint ja wirklich dem Fass den
       Boden auszuschlagen.“ Tja. Der Mensch ist nun mal, wie er ist. Meine Wahl:
       ganz klar Sabia.
       
       7 Sep 2013
       
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