# taz.de -- Schlimme Zustände in Asylbewerberheim: Zu wenig zu essen
       
       > Mangelnde Ernährung, fehlende Hygiene, zu wenig Gesundheits- und
       > Rechtsberatung: Flüchtlingsinitiativen fordern, die Zast zu schließen.
       
 (IMG) Bild: Hier leben gerade 240 Menschen: die Zentrale Aufnahmestelle für Flüchtlinge.
       
       BREMEN taz | Seit zwei Jahren betreut die Hebamme Stefanie Pötzsch Frauen
       in der Zentralen Aufnahmestelle für AsylbewerberInnen (Zast) in
       Habenhausen. Dort landen alle Flüchtlinge, bevor sie in Heime oder
       Wohnungen umziehen können. Ideal fand Pötzsch die Umstände, unter denen
       Schwangere und Wöchnerinnen in der Zast leben, nie. Aber seitdem diese
       wegen der steigenden Flüchtlingszahlen dauernd überbelegt ist, fürchtet sie
       um die Gesundheit von Müttern und Kindern.
       
       „Die Mitarbeiter sind so damit beschäftigt, die Neuankömmlinge in andere
       Unterkünfte zu vermitteln, dass sie sich um kaum etwas anderes kümmern
       können.“ Früher hätten diese noch dafür sorgen können, dass die Frauen
       alleine in einem Zimmer gelegen hätten. Das sei vorbei. „Es gab gerade ein
       Zimmer mit drei Schwangeren und einer Frau mit einem Neugeborenen – da
       kommt keine zur Ruhe.“
       
       Ein weiteres großes Problem sei das Essen. Drei Scheiben Weißbrot, ein
       Becher Tee, Käse, eine halbe Tomate, ein paar Scheiben Gurken – so
       schildern BewohnerInnen ihr Abendessen. „Das ist für Stillende und
       Schwangere einfach zu unausgewogen.“ Hinzu komme, dass viele zu wenig essen
       würden, sagt Pötzsch. Das liege nicht nur an den Mengen und daran, dass das
       Essen nicht den Nahrungsgewohnheiten der Frauen entspricht, sondern auch
       daran, dass sie nicht zum Essen kommen. „Manche sind einfach zu schwach, um
       nach unten in die Kantine zu gehen“, sagt Pötzsch. Weil der Fahrstuhl
       stecken bleibe, dürfe er nicht benutzt werden. Oder sie müssten einen der
       zahlreichen Behördentermine wahrnehmen – die sich mit den Essenszeiten
       überschneiden.
       
       Dies sei für alle der derzeit 240 BewohnerInnen – ausgelegt ist die Zast
       für 160 Menschen – ein Problem, bestätigt Marc Millies vom Bremer
       Flüchtlingsrat. „Es gibt feste Kantinenzeiten. Wer diese nicht einhalten
       kann, bekommt später nichts und darf sich auch nichts mitbringen lassen“,
       berichtet er. „Eine Familie hat erzählt, dass sie ihre schlafenden
       Kleinkinder um sieben Uhr morgens in die Kantine tragen und bei der
       Essensausgabe hochhalten müssen, um für sie eine Mahlzeit zu erhalten“,
       sagt Anna Schröder von der Flüchtlingsinitiative Bremen. Gemeinsam mit
       Medinetz Bremen, das sich um die Gesundheit von Migranten kümmert, machten
       sie und Millies gestern auf die Zustände in der Zast aufmerksam.
       
       Neben der aus ihrer Sicht mangelhaften Ernährung kritisierten sie die
       ungenügende Reinigung der Anlage, insbesondere der Sanitärräume. „Viele
       leiden unter Verstopfung, weil sie sich nicht auf die Toilette trauen“,
       sagt die Ärztin Vera Bergmeyer von Medinetz. „Es gibt keine Möglichkeit,
       selbst zu reinigen oder gar zu desinfizieren.“ Zu kurz komme auch die
       ärztliche Versorgung vor Ort. „Es gibt nur eine Sprechstunde, vor der die
       Leute Schlange stehen.“
       
       Zu wenig Beratung gebe es auch in Rechtsfragen, kritisiert Anna Schröder
       von der Flüchtlingsinitiative. Jeden Monat würden 110 neue Anträge auf Asyl
       gestellt – die Rechtsberatung sei aber auf zwei Stunden die Woche
       beschränkt. Weil auch den Behörden klar sei, dass das nicht ausreicht,
       bekämen die Neuankömmlinge in der Zast ein Flugblatt ausgehändigt. Auf dem
       sei unter anderem die ehrenamtliche Beratung der Flüchtlingsinitiative
       genannt. „Das muss der Staat leisten!“, fordert Schröder.
       
       Sie und die anderen beiden AktivistInnen finden, dass nicht die
       Überbelegung dafür verantwortlich ist, dass Qualitätsstandards in der von
       der Arbeiterwohlfahrt betriebenen Zast nicht eingehalten werden. „Das ist
       ein strukturelles Problem“, sagt Millies. „So, wie es jetzt läuft, müsste
       man sie schließen.“
       
       Die Sozialsenatorin als Aufsichtsbehörde will zu den Vorwürfen im Detail
       nichts sagen. Das sei Sache der AWO, sagt Pressesprecher Bernd Schneider.
       „Die Sozialsenatorin hat aber flexiblere Kantinenzeiten angeregt.“ Außerdem
       versuche man, die Lage in der Zast zu entspannen, indem Wohnungen für
       Flüchtlinge gesucht würden. Jedes Jahr könnten in solche derzeit 300 bis
       400 Menschen umziehen. Um alle unterzubringen, sei Wohnraum für weitere 600
       Menschen nötig. Diese Plätze hat gerade die Arbeitsgemeinschaft der
       Wohnungswirtschaft zugesagt. Ob in Bremen oder Bremerhaven, sagt sie Anfang
       Oktober.
       
       10 Sep 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eiken Bruhn
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Flüchtlinge
 (DIR) Flüchtlinge
 (DIR) Asylsuchende
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Bildung für Flüchtlinge: Warten statt lernen
       
       Trotz Schulpflicht sitzen viele jugendliche Flüchtlinge nicht im
       Klassenzimmer. Sie stehen sowohl für die Berufs- als auch für die
       Oberschule auf Wartelisten.
       
 (DIR) Unterkunft für Flüchtlinge: Umzug in den Container
       
       In der Vahr ziehen Flüchtlinge aus einer Turnhalle in Wohncontainer. Die
       Anwohner zeigen sich solidarisch, der Flüchtlingsrat kritisiert die
       Massenunterbringung.
       
 (DIR) Gundula Oerter über schlechte Flüchtlingspolitik: „Ein unhaltbarer Zustand“
       
       MitarbeiterInnen der Flüchtlingsinitiative lehnen ab, von Innensenator und
       Sozialsenatorin als Ehrenamtliche gewürdigt zu werden. Gundula Oerter
       erklärt, warum.
       
 (DIR) Betreuung der Flüchtlinge: Ein Land, zwei Standards
       
       Die Versorgung in der Zentralen Aufnahmestelle für Asylbewerber wird
       verbessert. Aktivisten geht das aber noch nicht weit genug.
       
 (DIR) Asylbewerber in Deutschland: Mehr Menschen bekommen Hilfe
       
       Fast jeder Zweite, der Asylbewerberleistungen bezieht, stammt aus Asien –
       vor allem aus Afghanistan. Jeder Dritte kommt aus Europa.