# taz.de -- Bewegung: Tanz Bremen kommt ins Stolpern
       
       > Bildungsprojekte warten auf Zuschüsse, das Festival muss seine Gäste
       > ausladen: Weil die Wirtschaftsförderung kein Geld gibt, kann es erst 2015
       > wieder stattfinden
       
 (IMG) Bild: Auch wenn die Tänzer der belgischen "Ballets C de la B" 2010 bei Tanz Bremen eher sparsam ausgestattet wirkten, ganz ohne Geld wird es kein Festival mehr geben.
       
       Sabine Gehm ist nicht zu beneiden: Die Leiterin von „Tanz Bremen“ muss ihr
       Festival absagen. Anfang kommenden Jahres hätten rund 30 Produktionen aus
       dem In- und Ausland gezeigt werden sollen, doch nun ist die Finanzierung
       des seit 1988 stattfindenden Festivals zusammengebrochen. Hintergrund ist,
       dass die Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) als bisheriger Hauptfinanzierer
       dieses Jahr andere Prioritäten setzt.
       
       Dafür soll es nun 2015 stattfinden – was allerdings eine völlig neue
       Planung erfordert. Der Vorgang zeigt schlaglichthaft die Problematik
       wirtschaftlicher Kulturförderung. Sie muss ökonomisch entscheiden. Und da
       kann ein hoch renommiertes, mit maximal 8.000 Menschen aber nicht
       massenhaft besuchtes Tanzfestival durchaus den Kürzeren ziehen. Im
       konkreten Fall bevorzugte der Vergabe-Ausschuss der WFB unter anderem die
       nächstjährige Sonderausstellung der Kunsthalle über Picassos
       Sylvette-Porträts.
       
       Kulturstaatsrätin Carmen Emigholz (SPD) ist im dreiköpfigen
       Vergabe-Ausschuss durchaus vertreten – ihr eigenes Ressort trägt allerdings
       nur 30.000 Euro zur Finanzierung des Festivals bei, gerade mal ein Zehntel
       von dessen Gesamtetat. Insgesamt vergab die WFB dieses Jahr 627.000 Euro,
       was eine leichte Kürzung um 6,3 Prozent ausmacht. Dass der „erkennbar
       begrenzte Mittelrahmen für 2014“ Grund für die Absage an Tanz Bremen sei,
       wie es in der offiziellen Pressemitteilung heißt, kann also höchstens
       teilweise zutreffen. Stattdessen geht es um Prioritätsentscheidungen – die
       in ihrer Begründung ebenso legitim wie in ihren Folgen fatal sind, wenn sie
       einen Totalausfall nach sich ziehen.
       
       Das Festival wurde schon oft gebeutelt: Schon die erzwungene Streckung auf
       einen zweijährigen Rhythmus hat das Festival seiner Abhängigkeit von der
       Wirtschaftsförderung zu verdanken. Weil die Bremer Marketing Gesellschaft
       (BMG) als Förderer absprang, musste das Festival 2002 seinen Output
       halbieren und zur Biennale werden. Fünf Jahre später war es das
       Kulturressort, damals unter Führung von Bremens künftiger
       Bundestagsabgeordneten Elisabeth Motschmann (CDU), das dem Festival einen
       tückischen Knüppel zwischen die Beine warf: Es hatte den Trägerverein von
       „Tanz Bremen“ versehentlich als nicht vorsteuerabzugsberechtigt deklariert.
       Das Finanzamt verlangte entsprechende Nachzahlungen, die fast zur Insolvenz
       des Festivals führten. 2008 verkündete die neue Kulturstaatsrätin Carmen
       Emigholz (SPD) im voll besetzten Schauspielhaus, das Fortbestehen des
       Festivals sei gesichert – womit sicher keine Triennale-Form gemeint war.
       
       2015, nach zweijähriger Pause, wird „Tanz Bremen“ gleichzeitig mit den
       Oldenburger Tanztagen stattfinden. Für die Szene ist das ein weiterer
       Frust: Denn gerade mit der Aussicht, dass Bremen und Oldenburg ihre
       jeweiligen Festivals abwechselnd abhalten würden, war der Öffentlichkeit
       das nur noch zweijährliche Stattfinden von Tanz Bremen „versüßt“ worden.
       
       Nicht nur im Festival-Bereich, auch an der Tanz-„Basis“ ist einiges ins
       Rutschen geraten. Der aktuelle Entwurf des Kulturhaushalts sieht vor, den
       institutionellen Tanz-Titel von derzeit noch 60.000 Euro zu streichen – als
       Beitrag des Ressorts zur Sparumlage, die die ab 2020 verpflichtende
       „Schuldenbremse“ erfordert. „Für uns ist das ein schwerer Schlag“, sagt
       Helge Letonja von Steptext – einer in der Schwankhalle angesiedelten
       Compagnie, zu deren künstlerischen Produktionen sehr viele Inklusions- und
       Jugendprojekte zählen. Künftig sei man gezwungen, freie Projektmittel zu
       beantragen, über deren Vergabe in der Regel im Februar des laufenden Jahres
       entschieden werde. Letonja: „So kann man nicht planen – für uns ist das
       sehr Besorgnis erregend.“
       
       Für das „Tanzwerk“ im Lagerhaus ist diese Sorge bereits Realität. Seine im
       Oktober beginnenden „Whirlschool“-Projekte sind aktuell noch nicht mal zur
       Hälfte finanziert. 12 Schulen beteiligen sich dieses Jahr an der seit
       Langem sehr erfolgreichen Kooperation, die Kinder mit zeitgenössischem Tanz
       konfrontiert. Doch die Bearbeitung der entsprechenden Anträge beim
       Bildungsressort verlaufe „unsäglich zäh“, sagt Rolf Hammes, künstlerischer
       Leiter des Tanzwerks.
       
       Das Besondere an Tanz Bremen war stets die Verknüpfung internationalen
       Inputs mit der regionalen Szene, die Education-Projekte inbegriffen. Auch
       dafür ist ein verlässlicher Rhythmus erforderlich.
       
       26 Sep 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Henning Bleyl
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Inklusion
       
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