# taz.de -- Asyl: Wohnen neben der Startbahn
       
       > Der Abschiebeknast auf dem unfertigen neuen Flughafen in Schönefeld wird
       > übergangsweise als Flüchtlingsheim genutzt – 28 Menschen wohnen nun dort.
       
 (IMG) Bild: Der Flughafen ist noch zu, der Flughafenknast ist schon offen
       
       Verwaltungsgebäude, Tower, große Hallen für die Abfertigung von Frachtgut:
       Das Areal hinter dem Flughafen Schönefeld ist riesig. So riesig, dass sogar
       ein eigener Bus fährt. Was hier wohl niemand erwartet, ist ein Sandkasten
       mit Buddelformen darin, die ein Kind vergessen hat – direkt neben dem Fuß
       des Towers. Der Sandkasten gehört zum Gewahrsam für das
       Flughafenasylverfahren: Zweck des Gebäudes ist eigentlich, Asylsuchende,
       die aus sicheren Drittstaaten einreisen, direkt am Flughafen festzusetzen.
       Seit zwei Wochen wird der Gewahrsam jedoch als Unterkunft für Flüchtlinge
       umgenutzt. Der 2,60 Meter hohe Zaun um das Gebäude steht zwar noch, aber
       alle Türen stehen offen. 28 Menschen aus der russischen Kaukasusregion
       haben hier nun ein vorübergehendes Zuhause gefunden.
       
       Milena M.* ist eine von ihnen. Die schwangere Frau aus Dagestan teilt sich
       mit Mann und drei Kindern zwei frisch renovierte Räume. „Seit zwei Monaten
       lebe ich in Deutschland“, sagt sie. „Zuerst waren wir sechs Wochen in
       Eisenhüttenstadt, nun sind wir hier.“ Auf die Frage, wo es ihr besser
       gefällt, braucht sie nicht lange zu überlegen. „Hier natürlich“, lautet die
       Antwort. „Hier ist alles sauber. Wir teilen Toilette, Dusche und Küche mit
       weniger Leuten. Die Kinder haben viel Platz zum Spielen.“
       
       Dabei ist der Ort durchaus nicht anheimelnd: Gut hundert Meter von hier
       beginnt die Startbahn, außer den Flüchtlingen wohnt niemand auf dem
       riesigen Areal. „Der Weg zum Einkauf dauert zu Fuß eine halbe Stunde“, sagt
       Milenas Mann. Legt die Familie den Weg gemeinsam mit den beiden jüngeren
       Kindern zurück, sei das Stress. „Aber alles ist besser als
       Eisenhüttenstadt.“
       
       Das Gebäude in Schönefeld dient derzeit als Außenstelle der Zentralen
       Erstaufnahmestelle Eisenhüttenstadt, die völlig überbelegt ist. Neben
       diesem Gebäude sei auch in einem ehemaligen Lehrlingswohnheim in
       Eisenhüttenstadt eine Außenstelle eingerichtet worden, in der jetzt 47
       Menschen wohnen, sagte Brandenburgs Innenstaatssekretär Rudolf Zeeb (SPD)
       am Mittwoch bei einem Besuch in Schönefeld. „Ich bin froh, dass wir nicht
       wie andere Bundesländer Zeltstädte errichten mussten.“ Wie lange das
       Gebäude in Schönefeld genutzt werden wird, weiß im Moment niemand – solange
       der BER nicht in Betrieb ist, besteht in Schönefeld zumindest kein Bedarf
       für die Räume des Flughafenasylverfahrens.
       
       Als Flächenland hat Brandenburg ein zweistufiges Verfahren: In den ersten
       drei Monaten ist die Landesregierung für die Unterbringung und Versorgung
       der Flüchtlinge zuständig. Danach sind es die Landkreise. Weil viele
       Landkreise nicht mit einer Verdoppelung der Flüchtlingszahlen gegenüber dem
       Vorjahr gerechnet haben, holen sie ihre Flüchtlinge nicht mehr rechtzeitig
       in Eisenhüttenstadt ab.
       
       Nun zieht die Landesregierung die Zügel an: Sie wies die säumigen Kreise
       an, dies bis zum 15. Oktober zu tun. Der Brandenburger Flüchtlingsrat
       mahnte währenddessen an, neben der Unterbringung der Flüchtlinge die
       Integration nicht aus Auge nicht zu verlieren.
       
       Mit Integration hat der Raum auf dem Flughafen allerdings so gut wie nichts
       zu tun. Milenas M.s älteste Tochter Aseja etwa ist acht und würde gern zur
       Schule gehen. Eine Möglichkeit hat sie dazu aber nicht: Schule etwa ist für
       die rund zehn Kinder nicht vorgesehen, „weil es zu wenige sind“, so Zeeb.
       Eine Sprecherin des Bildungsministeriums sagte: „Schulpflicht haben wir
       erst, wenn die Kinder in die Landkreise verteilt werden.“
       
       * Name geändert
       
       9 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marina Mai
       
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